(Brixen) Vom 8. bis 10. Oktober veranstaltet die Brixner Initiative Musik und Kirche in der Tiroler Bischofsstadt Brixen ein Symposion zum Thema: „Die Messe – Quelle des Lebens, Höhepunkt des Glaubens? Oder anders gefragt: Hat die Messe überhaupt noch eine Zukunft?“ Die „provokanten Fragen“ würden sich stellen, so die Veranstalter, „angesichts der rapide zunehmenden Kirchenaustritte“.
Die doppelte Fragestellung im Titel deutet bereits eine innere Unsicherheit der Veranstalter an. Die Auswahl der Referenten läßt teilweise verwundern: Erwin-Ringel-Schüler und Psychotherapeut Arnold Mettnitzer, der sein Priestertum zugunsten der Psychotherapie aufgab, der Dauer-Kirchenkritisierer und Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner, der ägyptische Jesuit und Mystiker Henri Boulad, der als „Teilhard de Chardin-Fan“ präsentiert wird und der 2007 eine Art Super-Konzil aller Christen vorschlug, Abt Michael Proházka vom Prämonstratenserstift Geras in Niederösterreich, sowie der Extrem-Blasphemiker und Wiener Aktionskünstler Hermann Nitsch.
An Hermann Nitschs „Werken“ klebt bekanntlich Blut, viel Blut. Der österreichische Blut-Aktionist wurde durch seine Orgien-Mysterien-Spiele bekannt, in denen er in aktionistischer Raserei reichlich (Schweine und Stier) Blut über sakrale Gegenstände schüttete. Bevorzugte Objekte seiner Besudelung sind Meßgewänder. Im Zusammenhang mit Saufgelagen äffte er in einem orgiastischen Blutrausch die Kreuzigung Christi nach. Das brachte dem brutalen Extrem-Blasphemiker drei Gefängnisstrafen und eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren ein.
Im Zentrum des Symposions soll die Eucharistie „als eines der tiefsinnigsten Mysterien, die Religionen je hervorgebracht haben“ stehen. Daß die Heilige Liturgie und das Allerheiligste Sakrament des Altares aus der Sicht der katholischen Kirche wirklich im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen werden, darf bezweifelt werden.
„Der Künstler hält der Menschheit einen Spiegel vor“, tönte der Kurator einer Ausstellung von Hermann Nitsch-Werken in der Brixner Stadtgalerie bereits im Vorjahr hochtrabend. Nitsch, die „Galionsfigur der liberalen Nachkriegskunst“ offenbart vielmehr eine dunkle Seite des Menschen, die seiner Würde fremd ist und dessen Entfesselung sich stets unheilvoll manifestierte.
Auf Schloß Prinzendorf in Niederösterreich veranstaltete Hermann Nitsch sein mehrtägiges Orgien- und Mysterien-Theater als „Gesamtkunstwerk“ mit rituellen Schlachtungen von Tieren, symbolischen Kreuzigungen, gregorianischen Chorälen und Saufgelagen unter großzügigem Einsatz von Fleisch, Eingeweiden, liturgischen Utensilien und vor allem Blut, Blut und nochmals Blut. Nitsch vollzog durch seine Nachäffung eine geradezu diabolische Verhöhnung der die Menschheit befreienden Erlösungstat Christi am Kreuz von Golgatha.
Der 1988 gegründete Verein Brixner Initiative Musik und Kirche versucht laut Eigendarstellung, „die ursprüngliche Beziehung von Religion und Musik bewußt zu machen und den künstlerischen Auftrag der liturgischen und außerliturgischen geistlichen Musik zu unterstreichen. In Konzerten, Liturgien und Vorträgen wird die Musik in ihrer symbolhaften und spirituellen Aussagekraft, das kultische Erleben hervorgehoben und somit eine Vertiefung des Musikverständnisses angestrebt. Höhepunkt der ganzjährigen Tätigkeit ist ein Symposion im Herbst zu einem speziellen Thema. Es geht darin weniger um eine kirchenmusikalische Fachtagung, sondern mehr um den Menschen in seiner Beziehung mit der Welt und mit Gott, in seinen Lebensäußerungen in Musik und Religion, um seine Hoffnungen, Ängste und Sehnsüchte, die sich im Medium Musik widerspiegeln.“
Mit dem „Internationalen Brixner Symposium 2010“ scheint sich der Verein auf gefährliche Abwege begeben zu haben.
(Konrad Oberleitner, Bild: DabArt)