(Moskau) Gestern begann in den Regionen Primorye, Kamtschatka und Magadan im Fernen Osten Rußlands die 2. Allgemeinen Volkszählung der Russischen Föderation. Bis 24. Oktober soll die gesamte Bevölkerung Rußlands erfaßt und die Daten im März 2011 veröffentlicht werden. Die Bevölkerungserhebung stößt auf die Kritik der Russisch-Orthodoxen Kirche und der Opposition.
Die Opposition kritisiert die hohen Kosten der Zählung. Für längere Zeit schien das Unternehmen an der finanziellen Frage zu scheitern. Schließlich fand die russische Regierung jedoch die nötigen Mittel. Sie rechtfertigt die Erhebung als „notwendig für die Entwicklung geeigneter sozialer Programme“.
Die orthodoxe Kirche hingegen beklagt, daß nicht auch nach der Religions- und Konfessionszugehörigkeit der Bürger gefragt wird. „Sie fürchten die starke Verbreitung der Religion in unserer Gesellschaft“, erklärte Vladimir Vigilyansky, Sprecher des Moskauer Patriarchen Kirill. Die Renaissance der Religion, die Rußland nach 70 Jahren realem Atheismus während der kommunistischen Diktatur erlebt, sei „nicht allen genehm“, so Vigilyansky.
2002 zählte Rußland eine Bevölkerung von 145,2 Millionen Menschen. Das russische Bundesstatistikamt geht derzeit von 142 Millionen Bewohnern aus. Der demographische Rückgang beschäftigt sowohl die politische als auch die kirchliche Führung des osteuropäischen Landes. Fachleute rechnen damit, daß die russische Bevölkerung bis 2050 auf 100 Millionen schrumpfen werde, von denen ein Großteil Moslems sein könnten. Die Gründe dafür sind bekannt: Die ethnisch russische Bevölkerung weist eine sehr geringe Geburtenrate auf, Alkoholismus fordert zahlreiche Opfer vor allem unter der männlichen Bevölkerung und die weitverbreitete Abtreibungspraxis, mit der Millionen ungeborener Kinder bereits im Mutterleib getötet werden. Im Jahr 2004 überstiegen die Abtreibung mit 1,6 Millionen getöteten Kindern die Geburten von 1,5 Millionen.
(Asianews/Giuseppe Nardi, Bild: Asianews)