(Rom) Der Osservatore Romano veröffentlichte in seiner heutigen Ausgabe einen Verriß von Umberto Ecos neuem Roman „Cimitero di Praga“ (Der Friedhof von Prag), erschienen im italienischen Verlag Bompiani.
Ecos sechster Roman erzählt die Geschichte eines Fälschers mit obskuren Absichten, der, wie der Autor schreibt, sich anschickt, „die zynischste und unsympathischste Figur der gesamten Literaturgeschichte“ zu werden. Unter den zahlreichen von ihm gefälschten Dokumenten befinden sich auch die berühmt-berüchtigten „Protokolle der Weisen von Zion“, die von der Polizei des Zaren eingesetzt wurden, um einen radikalen Antisemitismus zu begründen.
Die im Osservatore Romano veröffentlichte Rezension stammt von der Historikerin Lucetta Scaraffia: „Ecos Roman ist langweilig, wirr und schwierig zu lesen. Sogar für jemanden wie mich, die wahrscheinlich die historischen Bezüge versteht. Es fehlen eine überzeugende Handlung, spannende Gestalten, ein geschicktes Geflecht, von dem man sich nicht mehr losreißen kann“, so Scaraffia.
„Geradezu krankhaft, hat sich Eco nichts verweigert … Die Katholiken sind als monströse Karikaturen dargestellt und es fehlen auch nicht Anspielungen auf die Päpste, die sich aus Dummheit und Borniertheit gegen alles wehren, was irgendwie einen Fortschritt bedeuten könnte … Das Ergebnis ist ein schwerfälliges Buch, in dem die dürftige Handlung nicht imstande ist, die Last zu vieler Komplotte und Verschwörungen zu tragen. … Die einzige Absicht [Ecos] ist es, mit seinem grenzenlos scheinenden historisch-literarischem Wissen prunken und seine intellektuelle Fähigkeit in der Zusammenfügung von historischen Fragmenten mit erfundenen Episoden unter Beweis stellen zu wollen.
Der Osservatore Romano druckte auch die Rezension der Jüdin Anna Foa, Dozentin für Geschichte an der römischen Universität La Sapienza ab, die in den „Pagine Ebraiche“ (Jüdische Seiten) veröffentlicht wurde. „Eco möchte beweisen, daß die „Protokolle der Weisen von Zion“ eine Fälschung sind. Doch die Wahrheit kommt nicht zum Vorschein, statt dessen beherrscht Verwirrung die Szene … Der Konstruktion Ecos mit dem Ziel, eine Fälschung zu zerlegen, gelingt es nicht – aufgrund einer seltsamen Heterogenese – ihr Ziel zu erreichen“, so Foa.
Vor der Tagezeitung des Vatikans hatte sich bereits der Oberrabbiner von Rom, Riccardo Di Segni, geäußert und den Grund für soviel Zorn erklärt: Das Problem ist, laut Di Segni, „die Hauptfigur, mag sie auch noch so primitiv und scheußlich dargestellt sein, erscheint am Ende sympathisch.“
Anders ausgedrückt: Wer das Buch liest, kann sich am Ende mit dem Fälscher identifizieren und damit mit jenen, die gegen die Juden arbeiten.
Umberto Eco, 1932 im norditalienischen Piemont geboren, 1975 erhielt Eco an der Universität Bologna den ersten Lehrstuhl für Semiotik. Seine bisher erschienen Romane sind: Der Name der Rose (1980), Das Foucaultsche Pendel (1988), Die Insel des vorigen Tages (1994), Baudolino (2000) und Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana (2004).
(Palazzo Apostolico/Giuseppe Nardi, Bild: flickr/remuz (Jack The Ripper)