(Vatikan) Alexander VI. war der „skandalöseste Papst der Kirchengeschichte“. Dieser Meinung ist Kurienkardinal Paul Poupard (80), ehemaliger Präsident des Päpstlichen Kulturrats und des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog in einem Interview, das er der französischen Journalistin Caroline Pigozzi für deren Buch „Les robes rouges“, ein Gesprächsbuch mit Kardinälen der katholischen Kirche, gab. Alexander VI., war 1431 als Roderic de Borja i Borja in der Region Valencia geboren worden.
Kardinal Poupard spricht in dem Buch über interne Kämpfe am „römischen Hof“ am Übergang vom Mittelalter zur Renaissance. Pigozzis Nachfrage lenkt das Interesse auf die berüchtigte Familie Borgia, wie sie in Italien genannt wurde.
„Man sagt, daß Alexander VI., Papst von 1492 bis 1503, ein Mann von untadeligem Glauben, aber auch ein absolut unmoralisches Individuum gewesen sei“, so Kardinal Poupard. „Er war ein großer Renaissancefürst. Seine Wahl am 11. August 1492, die nach einigen mit Gold erkauft worden sein soll, machte aus ihm den skandalösesten Papst der Kirchengeschichte.“ Seine Kinder „wurden auf nicht minder triste Weise bekannt“, so der französische Kardinal. Seinen Sohn Cesare Borgia, „gerissen und grausam“, nahm sich Niccolò Macchiavelli zum Vorbild für seine Schrift „Der Fürst“. Die Tochter Lucrezia, von außergewöhnlicher Schönheit, wurde von zahlreichen Künstlern ihrer Zeit auf Gemälden verewigt.
Kardinal Poupard erinnert jedoch auch daran, daß diese „so unglückselige“ Familie der Kirche und der Welt auch den heiligen Franz von Borja (1510–1572) schenkte. Der Urenkel Alexanders VI., Francesc de Borja, war zunächst Vize-König von Katalonien. Nach dem Tod seiner Frau trat er dem neugegründeten Jesuitenorden bei, dessen dritter Ordensgeneral er von 1565–1572 war. Während seiner Amtszeit richtete sich das Augenmerk des Ordens vor allem auf die „Neue Welt“ in Lateinamerika.
(Petrus/Giuseppe Nardi, Bild: Petrus)