Maronitischer Patriarch des Libanon warnt vor neuem Krieg – Christen fürchten weitere Schwächung


(Bei­rut) Im Liba­non wächst die Span­nung. Die Bischö­fe des Lan­des berei­ten sich auf die Rei­se nach Rom vor, um an der Syn­ode für den Nahen Osten teil­zu­neh­men, doch im Land wächst die Angst vor einem Krieg zwi­schen Sun­ni­ten und Schii­ten. Der maro­ni­ti­sche Patri­arch des Liba­non rief die inter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­schaft auf, die „wach­sen­den Span­nun­gen“ ernst zu neh­men. Der Kon­flikt zwi­schen der Mehr­heit und der schii­ti­schen His­bol­lah kön­ne in einen neu­en Bür­ger­krieg mün­den, so das geist­li­che Ober­haupt der Christen.

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Der Liba­non hat­te Anfang des 20. Jahr­hun­derts noch eine christ­li­che Bevöl­ke­rungs­mehr­heit. Nach Jahr­zehn­ten des Kriegs und Bür­ger­kriegs sind sie zu einer Min­der­heit gewor­den. Waren die Chri­sten vor weni­gen Jahr­zehn­ten noch ein ent­schei­den­der poli­ti­scher Fak­tor im Land, müs­sen sie immer mehr erdul­den, was die ver­schie­de­nen isla­mi­schen Grup­pen des Lan­des (Sun­ni­ten, Dru­sen und neu­er­dings vor allem Schii­ten) entscheiden.

Die Mah­nung der mit Rom unier­ten maro­ni­ti­schen Kir­che fand Ein­gang in das Schluß­do­ku­ment der unter dem Vor­sitz von Kar­di­nal Nas­ral­lah Sfeir tagen­den Bischö­fe des Liba­non. „Die ver­sam­mel­ten Bischö­fe erör­ter­ten die Lage im Liba­non. Sie sind außer­or­dent­lich besorgt über die wach­sen­den Span­nun­gen zwi­schen den ver­schie­de­nen Frak­tio­nen des Lan­des, die dro­hen, sich in einen Krieg zu verwandeln.“

Die Grä­ben zwi­schen Sun­ni­ten und Schii­ten ver­tie­fen sich rund um den Son­der­ge­richts­hof für den Liba­non (TSL) des Inter­na­tio­na­len Gerichts­hofs in Den Haag. Der Gerichts­hof soll unter ande­rem die 2005 erfolg­te Ermor­dung des frü­he­ren Pre­mier­mi­ni­sters Rafic al-Hari­ri aufklären.

Wäh­rend der desi­gnier­te sun­ni­ti­sche Pre­mier­mi­ni­ster Saad Hari­ri, Sohn des Ermor­de­ten, die Bedeu­tung des Gerichts­hofs betont, „um das Blut des Mär­ty­rers Hari­ri nicht zu ver­ges­sen“, wirft die schii­ti­sche His­bol­lah dem Son­der­ge­richts­hof vor, „im Sold Isra­els“ zu ste­hen. Die His­bol­lah (Par­tei Got­tes) fürch­tet, vom Gerichts­hof ange­klagt zu wer­den, in den Mord­fall Hari­ri ver­strickt zu sein. Der­glei­chen wur­de vom Inter­na­tio­na­len Gerichts­hof in Den Haag nie geäu­ßert. Allein die Mög­lich­keit läßt jedoch für das labi­le poli­ti­sche System des Liba­non das Schlimm­ste befürch­ten. Der maro­ni­ti­sche Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te Slei­man Fran­gieh, ein per­sön­li­cher Freund des syri­schen Staats­prä­si­den­ten Baschar al-Assad, warn­te vor eini­gen Tagen, daß eine Ankla­ge gegen die His­bol­lah den Krieg zwi­schen Sun­ni­ten und Schii­ten im Liba­non bedeu­ten werde.

Der syri­sche Außen­mi­ni­ster Walid Moual­lem erklär­te in einem Inter­view mit dem Wall Street Jour­nal: „Wir sind über­zeugt, daß eine Ver­ur­tei­lung der His­bol­lah durch den Son­der­ge­richts­hof Ursa­che für Pro­ble­me im Liba­non sein wird.“

Wäh­rend im kriegs­ge­plag­ten Land erneut Krieg in der Luft liegt, berei­ten sich die Bischö­fe des Lan­des vor, im Vati­kan an der Syn­ode für den Nahen Osten teil­zu­neh­men, die vom 10. bis 24. Okto­ber statt­fin­den wird.

Aus diplo­ma­ti­schen Krei­sen ist zu erfah­ren, daß der Son­der­ge­richts­hof „inner­halb Jah­res­en­de“ die Ankla­ge­schrift hin­ter­le­gen wer­de. Poli­ti­sche Beob­ach­ter zei­gen sich besorgt, ob der Frie­den noch solan­ge hal­ten wer­de. Der Aus­bruch von Gewalt wür­de das Ende der poli­ti­schen Garan­tien durch Syri­en und Sau­di-Ara­bi­en bedeu­ten, die seit dem letz­ten Krieg eine Koexi­stenz der ver­schie­de­nen reli­giö­sen und eth­ni­schen Grup­pen im Liba­non sicher­stell­ten. Die Chri­sten des Liba­non fürch­ten in einem Krieg, zwi­schen die Fron­ten zu gera­ten und die eigent­li­chen Leid­tra­gen­den zu werden.

(Asianews/​GN, Bild: Asianews)

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