(Lahore) Nach 14 Jahren Haft ordnete der Oberste Gerichtshof Pakistans gestern die Freilassung von Zaibul Nisa an. Die heute 60jährige Frau war 1996 unter Blasphemieanklage inhaftiert worden. 14 Jahre lang wurde sie ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis von Lahore festgehalten. Ihr war vorgeworfen worden, den Koran verunehrt zu haben. Beweise wurden nie vorgelegt.
Der Fall wurde wegen des in Pakistan geltenden Anti-Blasphemiegesetzes zum Schutz des Islam möglich, denen vor allem die nicht-islamischen Minderheiten, darunter besonders auch die Christen zum Opfer fallen.
Der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Khawaja Mohammad Sharif, gab bekannt, die Enthaftung der Frau angeordnet zu haben und bestätigte, daß gegen sie „keine Beweise gefunden werden konnten“. Er äußerte sein „Bedauern“ für die lange und ungerechte Haft.
Zaibul Nisa war in der Stadt Rawat, nahe der pakistanischen Hauptstadt Islamabad verhaftet worden. Ein Nachbar behauptete, gesehen zu haben, wie sie den Koran entehrt habe. Aftab Ahmad Bajwa, ihr heutiger Rechtsanwalt, erklärte, daß damals „niemand, nicht einmal ihre Familienangehörigen, den Haftbefehl beanstandeten. Sie wurde ins Gefängnis gesteckt und von allen vergessen.“
Die Polizei verhaftete sie 1996 auf der Grundlage des berüchtigten Blasphemiegesetzes. Es findet sich als Artikel 295, Komma B und C im pakistanischen Strafgesetzbuch und sieht lebenslange Haft vor für alle, die den Koran beleidigen. Wer den Propheten Mohammed beleidigt, wird mit dem Tode bestraft. Meist werden interessengeleitete und falsche Anklagen erhoben, häufig gegen die christliche Minderheit oder auch aus Rache oder zur Bereicherung. Jeder Fall, der bekannt wird, ruft wütende Massen auf die Straße, die an den angeblichen Tätern Selbstjustiz üben möchten. Das könnte ein Grund dafür gewesen sein, weshalb die Familie von Zaibul Nisa schwieg.
Erst vergangene Woche wurden zwei Brüder ermordet, beide Christen, einer protestantischer Pastor, als sie das Gerichtsgebäude verließen. Auch sie waren wegen der Blasphemie beschuldigt worden und wurden an jenem Tag aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Die Christen Pakistans fordern die ersatzlose Streichung des berüchtigten Blasphemiegesetzes seit dessen Einführung im Jahr 1985.
(Asianews/GN, Bild: Asianews)