(Karlsruhe) Das Bundesverfassungsgericht hält Proteste vor Frauenarztpraxen prinzipiell für erlaubt. Die Erste Kammer des Ersten Senats hob eine gegenteilige Entscheidungen auf und verwies den Fall zurück an das Landgericht München. Der Beschwerdeführer macht in der Nähe von Arztpraxen durch Plakate und Flugblätter auf seine ablehnende Haltung zur Abtreibungsfrage aufmerksam und spricht auf der Straße Frauen an, die er für Patientinnen hält. Das Landgericht München I verurteilte ihn zur Unterlassung. Er dürfe nicht öffentlich darauf hinweisen, daß der Arzt Abtreibungen vornehme, und er könne Frauen nur einen Kilometer von der Praxis entfernt ansprechen. Der Mann greife in das Persönlichkeitsrecht des Arztes ein. Das Oberlandesgericht München wies die Berufung gegen dieses Urteil zurück.
Karlsruhe wertete die untersagten Äußerungen dagegen als wahre Tatsachenbehauptungen, die den Arzt nicht in seiner Privatsphäre träfen. Das Thema Schwangerschaftsabbrüche sei „ein Gegenstand von wesentlichem öffentlichem Interesse“. Wichtig sei allerdings, daß sich Patientinnen durch die Aktionen einem Spießrutenlauf ausgesetzt sehen könnten. Es sei nicht ausgeschlossen, daraus ein verfassungsrechtlich tragfähiges Verbot von Protestformen zu stützen. Dies dürfe aber nicht so umfassend sein, wie es das Landgericht festgelegt habe (1 BvR 1745/06).
(JB)