(München) Eine ereignisreiche Woche haben Deutschlands Katholiken hinter sich vor allem in Bayern. Papst Benedikt XVI. nahm nach längerem Zögern doch den Rücktritt des Augsburger Bischofs Walter Mixa an. Um sein Zögern zu beenden (schließlich ging es lediglich um einige medial aufgeplusterte Watschen), half man kirchenintern noch ein wenig nach, indem man noch schnell einen sexuellen Mißbrauch nachschob.
Unschwer vorhersehbar verschwand der angebliche Mißbrauch nach der Rücktrittsannahme ebenso rasch wieder in seiner dunklen Versenkung, aus der er eben erst hervorgezaubert worden war. Das sich durch den Rücktritt Mixas für die katholische Kirche in der Öffentlichkeit ergebende Bild ist schlichtweg erbärmlich.
Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx gehörte zu den eifrigen Pilgern, sprich (falschen) Krisenmanagern, die zunächst nach Augsburg reisten, um Mixa den Rücktritt nahezulegen und anschließend nach Rom, um dem Papst dessen Annahme zu „empfehlen“.
Nun ist Erzbischof Marx gewissermaßen Gastgeber, wenn auch keineswegs Hausherr des Ökumenischen Kirchentages.
Am Hochfest Christi Himmelfahrt mißbrauchte die gewesene EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann ihr Gastrecht in der Münchner Kathedrale, um gegen die katholische Kirche zu polemisieren. Dabei machte sie einmal mehr deutlich, wie weit die Position des protestantischen Establishments von jener der katholischen Kirche entfernt ist und es auch an ernsthafter Bereitschaft zur Annäherung fehlt. Von echter Ökumene abseits salbungsvoller doch inhaltsleerer Worte gibt es also kaum eine Spur.
Auf eine Klarstellung zum provokanten Auftritt Käßmanns, auf eine Darlegung der katholischen Lehre durch den Erzbischof von München, die mit guten Argumenten aus dem Glauben und der Vernunft untermauert werden kann, wartet man vergebens.
Stattdessen begnügt man sich sowohl geistlich als auch intellektuell mit leichter Kost, der zudem etwas Unehrliches anhaftet. In München haben am Freitag abend im Rahmen einer orthodoxen Vesper „rund 20.000 Christen verschiedenster Konfessionen gesegnetes Brot geteilt“. Zu den Gästen gehörte auch der Münchner Erzbischof. Die Aktion selbst denkbar schlicht und an sich harmlos, verbirgt allerdings unschwer erkennbar die Absicht, eine „eucharistische Einheit“ durch Nachahmung und an der katholischen Kirche vorbei herzustellen, eben gewissermaßen als sakrales Spiel. Der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Kirchentagspräsident Alois Glück wertete die Feier als einen „großen Schritt“ zur wachsenden Einheit zwischen den Kirchen. Solch inhaltsleere Floskeln darf man erstaunt zur Kenntnis nehmen. Meint Alois Glück tatsächlich, daß sich Protestanten und Katholiken im Deutschland des Jahres 2010 am Münchner Odeonsplatz versammeln und sich zudem noch ein religiöses Mäntelchen umhängen müssen, um miteinander „Äpfel“ essen zu können?
Es ging also wohl doch um mehr. „Mit der orthodoxen Vesper hat der Ökumenische Kirchentag eine realistische Möglichkeit gefunden, die Gemeinschaft der Gläubigen zu feiern, ohne konfessionelle Traditionen zu verletzen“, berichtet die deutsche Redaktion von Radio Vatikan auf erstaunlich sorglose Weise. Immerhin handelte es sich nach Eigendefinition um den (bisherigen) „spirituellen Höhepunkt des Kirchentags“. Solche geistliche und intellektuelle Bescheidenheit, die primär auf „Zeichen“ und „Gefühle“ setzt, in der sich die Christen offenbar selbst feiern, scheint schwerlich fähig, den eigenen Standpunkt, den katholischen Standpunkt der Welt darzulegen und argumentativ überzeugend zu vertreten, geschweige denn eine intellektuelle Herausforderung zu sein. Eine solche ist aber der Glaube zu allen Zeiten.
(Giuseppe Nardi)