(London/Rom) Die britischen Medien nehmen aufmerksam Notiz von jeder neuen Nachricht, die den Wechsel einer anglikanischen Gruppe auf irgendeinem Weltteil ankündigt. Die päpstliche Konstitution Anglicanorum coetibus macht auf den britischen Inseln nach wie vor viel von sich reden. Die anglikanische Gemeinschaft durchlebt nicht gerade eine Blütezeit. Neben den Konversionen zum katholischen Glauben und der Rückkehr in die volle Einheit mit Rom, wird die anglikanischen Gemeinschaft durch einen scheinbar unaufhaltsamen Erosionsprozeß unter den Gläubigen gebeutelt, mit weit größeren Ausmaßen als unter Katholiken und Orthodoxen. Der „liberale“ Weg, der in die Krise und zum Teil zum Bruch mit dem traditionsverbundenen Teil der Anglikaner führte, war eigentlich von der anglikanischen Führung ursprünglich als „Handbremse“ gegen den Auflösungsprozeß gedacht gewesen. Die Resultate des gewählten Weges scheinen bisher kontraproduktiv gewesen zu sein.
Knapp sechs Monate vor der Reise Papst Benedikts XVI. in das Vereinigte Königreich ist die anglikanische Gemeinschaft irgendwie gezwungen, über sich selbst nachzudenken. Benedikt XVI. unterzeichnete die Konstitution Anglicanorum coetibus nicht in Opposition zur anglikanischen Welt, sondern aus dem sicheren Gespür heraus, auf einen Wunsch und eine Bitte anglikanischer Gemeinschaften zu antworten, die von diesen an Rom herangetragen wurden, um wieder in die Einheit der katholischen Kirche zurückkehren zu können, die vor fast 500 Jahren durch einen einseitigen Akt des damaligen englischen Königs zerrissen worden war.
Auf dem jüngst vom Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen organisierten ökumenischen Symposium wurde deutlich, daß es die Absicht Roms scheint, zumindest in Europa Synergien zwischen den verschiedenen christlichen Kirchen und Denominationen zu schaffen. Tendenziell geschieht dies in besonders dynamischer Form in jenen Gruppen und Gemeinschaften, die sich bereits seit einiger Zeit oder erst wieder neu auf Rom hin ausrichten. Es gilt in einem ausgedehnteren Kreis jedoch auch für deren Herkunftsgemeinschaften. Der anglikanische Bischof Tom Wright sagte in diesem Zusammenhang auf Radio Vatican: Der „modernistische Traum“, den beträchtliche Teil der Christenheit vor 40 Jahren hegten, habe sich nicht verwirklicht. „Heute leben wir in einer anderen Welt und ich denke, daß uns allen bewußt ist, daß eine größere Eintracht wirklich eine gute Sache wäre.“
Währenddessen hat bereits die zweite Rückkehrwelle anglikanischer Gruppen in die katholische Kirche begonnen. Nach der australischen Gemeinschaft von Forward in Faith kehrte nun die Anglican Church in America (ACA) geschlossen in die Einheit mit Rom zurück, wie deren Vorsitzende Louis Falk und George Langberg bekanntgaben. Es handelt sich um rund hundert anglikanische Gemeinden in den Vereinigten Staaten von Amerika. Auch für sie gilt, was bereits für die anderen zurückgekehrten Gruppen galt. Sie treten in die Personalordinariate ein und behalten besondere liturgische Formen bei.
(Palazzo Apostolico/GN)