Liebe Brüder und Schwestern!
Heute möchte ich wie schon in den vergangenen beiden Wochen über den heiligen Bonaventura sprechen und weitere Aspekte seines Denkens vertiefen. Der Franziskaner Bonaventura hat gemeinsam mit seinem Zeitgenossen, dem Dominikaner Thomas von Aquin, wesentlich zur Blüte der Theologie im Mittelalter beigetragen. Hier auf dem Petersplatz stehen ihre Statuen am vorderen Ende der Kolonnaden einander gegenüber. In ihrer Theologie ergänzen sie sich durch verschiedene Akzente. Bei Thomas von Aquin können wir von einem Primat des Erkennens sprechen. Es geht ihm vor allem um die Erkenntnis Gottes, die natürlich auch praktische Konsequenzen in einem guten Leben hat. Die höchste Erfüllung ist schließlich die Schau Gottes. Bonaventura nähert sich Gott eher aus der Perspektive der Liebe, die für ihn jede wahre Theologie prägen muß. Wer hingegen mit Stolz an die Frage nach Gott herangeht und sein eigenes Nachdenken über die Heilige Schrift stellt, tut dem Wort Gottes Gewalt an. Bonaventura richtet sich nicht gegen die geordnete rationale Reflexion, aber in treuer Nachahmung seines Ordensgründers Franziskus war er sein ganzes Leben von tiefer Liebe zu Christus erfüllt, den er darum immer besser kennenlernen wollte. Inspiriert von der Lehre des griechischen Kirchenschriftstellers Pseudo-Dionysius, betete er darum, wie die Seraphine gleichsam Feuer und Flamme für Gott zu sein, und strebte nach der Liebe, die letztlich alles Erkennen übersteigt und uns mit Gott vereint.
Ganz herzlich begrüße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache und heiße besonders die Studierenden und Dozenten des Kirchenrechts aus Wien sowie die Schulgemeinschaft der Marienhausschule in Meppen willkommen. Die Fastenzeit ist für uns alle ein innerer Weg zum Ostergeheimnis. Gerade in der Dunkelheit des Kreuzestodes können wir, so lehrt uns der heilige Bonaventura, die übergroße Liebe Gottes erkennen. Und je tiefer wir erkennen, daß Christus für uns gestorben ist, desto mehr wird in uns die Liebe zu ihm entbrennen. Dazu erbitte ich euch allen Gottes reichen Segen!