Der „Effekt Léonard“ in Belgien – Die Bedeutung von Bischofsernennungen für die Zukunft


(Brüs­sel) Jene, die Bel­gi­en zu ken­nen glau­ben, sind immer neu erstaunt dar­über, wie aus einem Land, das so sehr von der katho­li­schen Kir­che geprägt wur­de und das sei­ne Exi­stenz als sou­ve­rä­ner Staat gera­de dem Wil­len katho­lisch zu blei­ben, ver­dankt – im Gegen­satz zu den cal­vi­ni­stisch gewor­de­nen Nord­pro­vin­zen -, daß eben die­ses einst habs­bur­gi­sche Bel­gi­en heu­te einer der anti­kle­ri­kal­sten Staa­ten Euro­pas ist.

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Der poli­ti­sche Libe­ra­lis­mus in Bel­gi­en ist ursprüng­lich als Oppo­si­ti­ons­be­we­gung zur star­ken katho­li­schen Kir­che ent­stan­den. Auch der bel­gi­sche Sozia­lis­mus ist ohne eine star­ke Dosis Zynis­mus gegen­über der Kir­che nicht denk­bar. Sym­pto­ma­tisch dafür ist, daß Msgr. André-Muti­en Léo­nard, der Bischof von Namür, bereits vor sei­ner Ernen­nung zum neu­en Erz­bi­schof von Mali­nes-Brüs­sel und damit Pri­mas von Bel­gi­en ins Kreuz­feu­er der media­len Angrif­fe gera­ten ist. Noch sym­pto­ma­ti­scher für die Situa­ti­on ist jedoch, daß Kar­di­nal Dan­neels, der für 30 Jah­re Erz­bi­schof von Brüs­sel war, von den Medi­en wäh­rend sei­ner gan­zen Amts­zeit weni­ger ange­grif­fen wur­de als Msgr. Léo­nard in den letz­ten Wochen.

Was wirft man Msgr. Léo­nard vor? Kon­kret eigent­lich gar nichts. Über sei­ne Per­son ist es jedoch die Kir­che, die ange­grif­fen wer­den soll. Sie ist der eigent­li­che Adres­sat der Attacken. Msgr. Léo­nard wird im Grun­de vor­ge­hal­ten, ein treu­er Hir­te der katho­li­schen Kir­che und ein wirk­li­cher Ver­tre­ter Roms in Begien zu sein und sich nicht dafür entschuldigt.

Die Anti­kle­ri­ka­len, die Skep­ti­ker und die Frei­den­ker des Lan­des, aber auch die Mehr­heit der Katho­li­ken hat­ten sich dar­an gewöhnt, daß sich die Füh­rung der Kir­che in Bel­gi­en, zumin­dest in der zwei­ten Hälf­te des Pon­ti­fi­kats von Johan­nes Paul II., immer deut­li­cher von Rom ent­fern­te und dies oft ganz offen. Die römi­schen Instruk­tio­nen und Doku­men­te wur­den ver­schwie­gen oder kri­ti­siert. Dem Wil­len des Pap­stes wider­setz­te man sich. Es wur­de nie ein Erz­bi­schof gese­hen, der wie in Spa­ni­en gegen Abtrei­bung auf die Stra­ße ging. Für den Lebens­schutz äußer­te man sich ledig­lich mit­tels weni­ger Pres­se­mit­tei­lun­gen und in sehr kon­zi­li­an­tem Ton. Nie dach­te man an ein Kraft­pro­be zwi­schen Kir­che und Staat zu bio­ethi­schen Fra­gen, obwohl Bel­gi­en eines der Län­der ist, in dem in die­sen The­men der Ver­fall am wei­te­sten fort­ge­schrit­ten ist. Nun dürf­te sich die­se Situa­ti­on wahr­schein­lich ändern.

Das alles erklärt aber erst zum Teil den Wider­stand gegen die Ernen­nung von Msgr. Léo­nard. Hät­te Rom wenig­stens einen stren­gen, har­ten und unfä­hi­gen Mann ernannt! Alles hät­te sich gegen ihn gerich­tet und ihn unmög­lich gemacht. Die Fein­de der Kir­che in Bel­gi­en sind aber gera­de des­halb so ver­är­gert, daß eini­ge Mini­ster sogar sei­nen Ver­zicht auf den Erz­bi­schofs­stuhl ver­lang­ten, weil für jeden, der Msgr. Léo­nard begeg­net, sich alle Vor­wür­fe und Ver­leum­dun­gen als halt­los erwei­sen. Seit sei­ner Ernen­nung ist Msgr. Léo­nard kei­ner Fra­ge aus­ge­wi­chen und hat kei­ne Gele­gen­heit aus­ge­las­sen öffent­lich Stel­lung zu neh­men. Und er tut dies mit gro­ßem Erfolg. Je mehr Popu­la­ri­tät er erreicht, desto stär­ker wer­den die Angrif­fe. Klar in der Leh­re der Kir­che ohne wenn und aber zeigt er sich jedoch mensch­lich umgäng­lich und mitfühlend.

Jene, die ihn bös­wil­lig als neu­en Tor­que­ma­da dar­stell­ten, haben sich geirrt. Die Bel­gi­er, die sich in den jüng­sten Umfra­gen mehr­heit­lich gegen Abtrei­bung aus­spra­chen, haben einen neu­en Vater und Hir­ten gefun­den. Die Kir­che des Lan­des kann daher neue Hoff­nung schöp­fen. Die Auf­ga­be bleibt schwie­rig, da fast bei Null begon­nen wer­den muß. Die Fein­de sind zahl­reich und laut­stark, dar­un­ter auch manch inter­ner Geg­ner, der in den letz­ten Jahr­zehn­ten ernannt wor­den ist. Die treu­en Gläu­bi­gen sind aber immer noch zahl­rei­cher und unter­stüt­zen ihren neu­en Erz­bi­schof. Inner­halb kur­zer Zeit wur­den für eine Unter­stüt­zungs­pe­ti­ti­on mehr als 10.000 Unter­schrif­ten gesam­melt. Zudem erfah­ren die Bischö­fe, die Rom treu blei­ben beson­de­re Gnaden.

(Cor­ri­spon­den­za Romana/​GN, Bild: Diö­ze­se Namür)

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