Vatikan, die älteste Diplomatie der Welt – Heiliger Stuhl unterhält diplomatische Beziehungen zu 176 Staaten


Inner­halb eines hal­ben Jahr­hun­derts ver­dop­pel­te sich die Zahl der Staa­ten, die mit dem Hei­li­gen Stuhl diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen unter­hal­ten. 1978 am Beginn des Pon­ti­fi­kats von Johan­nes Paul II. waren es 84 Staa­ten, bei sei­nem Tod 2005 174. Seit der Wahl Bene­dikts XVI. sind es 178 Staa­ten gewor­den. Es feh­len nur weni­ge Län­der. Der Tief­punkt war nach der Erobe­rung des Kir­chen­staa­tes durch ita­lie­ni­sche Trup­pen erreicht und hielt bis zum Ersten Welt­krieg an.

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Der Papst erklär­te Anfang des Jah­res beim Emp­fang der Bot­schaf­ter, daß die Kir­che von Rom „die Türen offen hält für alle und mit allen wünscht sie Bezie­hun­gen, die zum Fort­schritt der Men­schen­fa­mi­lie bei­tra­gen“. Unter sei­nem Pon­ti­fi­kat wur­den 2006 diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen zum neu­en Staat Mon­te­ne­gro auf­ge­nom­men, 2007 folg­ten die Ver­ei­nig­ten Ara­bi­schen Emi­ra­te, 2008 Bots­wa­na und am 9. Dezem­ber 2009 schließ­lich die Rus­si­sche Föde­ra­ti­on. Ein lang­ge­heg­ter Wunsch des Hei­li­gen Stuhls. Mit Ruß­land bestan­den aller­dings bereits beson­de­re Bezie­hun­gen, wie es sie auch mit der Palä­sti­nen­si­schen Befrei­ungs­or­ga­ni­sa­ti­on PLO gibt. Mit 16 Staa­ten unter­hält der Hei­li­ge Stuh­le noch kei­ne Bezie­hun­gen. Der Groß­teil sind isla­mi­sche Län­der. Hin­zu kommt noch der Koso­vo wegen sei­nes unge­klär­ten völ­ker­recht­li­chen Status.

In neun Staa­ten der Welt besteht kei­ne offi­zi­el­le Ver­tre­tung des Hei­li­gen Stuhls: Afgha­ni­stan, Bhu­tan, Nord­ko­rea, Male­di­ven, Oman, Sau­di-Ara­bi­en, Tuva­lu, Viet­nam und Volks­re­pu­blik China.

Die kom­mu­ni­stisch regier­te Volks­re­pu­blik Chi­na ist das größ­te Land ohne diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen zum Vati­kan. Sol­che bestehen hin­ge­gen zu Tai­wan, dem ande­ren Teil Chi­nas. Aus Rück­sicht­nah­me auf die Volks­re­pu­blik resi­diert seit 1979 kein Nun­ti­us mehr in Tai­peh, son­dern ledig­lich ein „Beauf­trag­ter“ in Erwar­tung, die Nun­tia­tur irgend­wann nach Peking ver­le­gen zu können.

In den ande­ren sie­ben Staa­ten, die noch wei­ße Flecken auf der diplo­ma­ti­schen Land­kar­te des Hei­li­gen Stuhls sind, sind eige­ne Apo­sto­li­sche Dele­gier­te prä­sent, wenn auch nicht bei den Regie­run­gen so doch bei den ört­li­chen katho­li­schen Gemein­schaf­ten. Es han­delt sich um Bru­nei, Laos, Komo­ren, Malay­sia, Mau­re­ta­ni­en, Myan­mar und Somalia.

Aller­dings bestehen mit eini­gen die­ser Län­der zumin­dest Kon­tak­te. Bei der Amts­ein­füh­rung Bene­dikts XVI. waren auch Ver­tre­ter von Afgha­ni­stan, Malay­sia, Oman, Sau­di-Ara­bi­en und Viet­nam anwe­send. Beim Requi­em für Johan­nes Paul II. auch Bru­nei und Somalia.

Rund 80 beim Hei­li­gen Stuhl akkre­di­tier­te Bot­schaf­ter resi­die­ren in Rom. Die ande­ren resi­die­ren in ande­ren euro­päi­schen Haupt­städ­ten. Auf­grund histo­ri­scher Erfah­run­gen und zur Sicher­stel­lung der eige­nen Unab­hän­gig­keit akzep­tiert der Hei­li­ge Stuhl kei­ne Bot­schaf­ter, die gleich­zei­tig auch in Ita­li­en akkre­di­tiert sind. Seit Beginn des Pon­ti­fi­kats von Bene­dikt XVI. haben sich auch die Bot­schaf­ter Austra­li­ens, Kame­runs, Ost-Timors und der Sey­chel­len in Rom nie­der­ge­las­sen, was als Zei­chen zuneh­men­der diplo­ma­ti­scher Bedeu­tung des Hei­li­gen Stuhls gewer­tet wer­den kann.

Welt­weit sind 101 Apo­sto­li­sche Nun­tia­tu­ren aktiv, von denen eini­ge meh­re­re Län­der abdecken. Der Anteil der Ita­lie­ner am diplo­ma­ti­schen Corps des Vati­kans nimmt wei­ter ab. Anfang der 60er Jah­re stell­ten die Ita­lie­ner noch 85 Pro­zent, bei der Wahl Johan­nes Pauls II. noch mehr als 70 Pro­zent. Heu­te kommt die Mehr­heit der hohen Vati­kan­di­plo­ma­ten aus der gan­zen Welt. Unter den von Bene­dikt XVI. zu Bischö­fen geweih­ten Nun­ti­en waren zwei Drit­tel Nicht-Ita­lie­ner. Bene­dikt XVI. ent­sand­te 2007 einen resi­die­ren­den Nun­ti­us nach Bur­ki­na Faso und 2008 nach Liberia.

Gesprä­che über die Auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen gibt es mit dem Oman, wäh­rend sich Sau­di-Ara­bi­en völ­lig unzu­gäng­lich zeigt. In dem ara­bi­schen Land ist jede christ­li­che Reli­gi­ons­aus­übung nach wie vor ver­bo­ten, obwohl der sau­di­sche König im Novem­ber 2007 vom Papst in Audi­enz emp­fan­gen wur­de. Glei­ches gilt für die Male­di­ven, die Prie­stern grund­sätz­lich die Ein­rei­se für seel­sorg­li­che Auf­ga­ben verweigern.

Der Hei­li­ge Stuhl unter­hält diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen auch zur Euro­päi­schen Uni­on und zu zahl­rei­chen inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen der Ver­ein­ten Natio­nen und regio­na­ler Zusam­men­schlüs­se. Schließ­lich ver­fügt der Vati­kan noch über einen zwei­ten offi­ziö­sen diplo­ma­ti­schen Kanal in der Gemein­schaft von Sant’Egidio, die bereits mehr­fach in ver­schie­de­nen Kri­sen­ge­bie­ten tätig wur­de, wo die offi­zi­el­le Diplo­ma­tie nicht han­deln kann. So 1999 bei der Frei­las­sung Ibra­him Rugo­vas, des koso­va­ri­schen Staats­prä­si­den­ten aus ser­bi­scher Internierung.

(Avvenire/​GN; Bild: Papst Bene­dikt XIV. mit dem spa­ni­schen Botschafter)

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