(Rom) Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone hat vor italienischen Ärzten die Erziehung der Gesellschaft zu einer Kultur des Lebens als dringliche Aufgabe bezeichnet. In einer Predigt vor dem Nationalen Rat der Katholischen Mediziner-Vereinigungen Italiens sagte der Kardinal, daß die Medizin, die eigentlich für die Erhaltung und Pflege des menschlichen Lebens bestimmt sei, erlaube sich in einigen Bereichen zunehmend, gegen die Person gerichtet zu handeln.
„Bezeugt wird einerseits das Auslöschen werdenden menschlichen Lebens oder das Leben derer, die nahe an ihrem Ende sind. Andererseits ist es für das Gewissen zunehmend schwierig, Gutes von Bösem zu unterscheiden, was den ganz grundlegenden Wert des menschlichen Lebens betrifft“, erklärte er.
Kardinal Bertone erinnerte seine Zuhörer daran, daß „der Nutzen im Handeln des katholischen Arztes auf der Hand liege, nicht nur für den Zweck der physischen Gesundheit, sondern auch, in bestimmter Hinsicht, für die moralische und spirituelle Gesundheit des Patienten. Dies sei wahr, denn Körper und Geist seien im Menschen so vereint, daß einer den anderen beeinflußt. „Und ihre Hauptaufgabe ist es, über das Leben zu wachen und es in seiner ganzheitlichen Verwirklichung zu fördern.“
Der Kardinalstaatssekretär kritisierte, sich dabei auf die Enzyklika Caritas in Veritate beziehend, das menschliche Leben rein materiell und mechanisch zu betrachten, Liebe auf eine leere Schale reduziere, ohne Wahrheit, die willkürlich gefüllt werden könne. Das könne negative Auswirkungen auf die ganzheitliche menschliche Entwicklung haben. Um in der Kultur der Liebe zu erziehen, sei es notwendig, in jedem Menschen den Widerschein der Schönheit und Liebe Gottes zu betrachten.
Ohne Gott betrachte der Mensch sich nicht mehr als geheimnisvoll anders im Vergleich zu den unterschiedlichen irdischen Geschöpfen und wird als eines von vielen Lebewesen betrachtet, als einen Organismus, der bestenfalls, ein sehr hohes Niveau an Perfektion erreicht hat. In Anspielung auf die Enzyklika Evangelium Vitae von Papst Johannes Paul II. verwies Kardinal Bertone darauf, die Distanz zwischen Gott und dem Menschen dazu führe, den Wert des menschlichen Lebens aus dem Auge zu verlieren und stattdessen sich anzumaßen, es selbst schaffen zu wollen, den Schöpfer dabei ignorierend.
Der Kardinalstaatssekretär prangerte dabei Abtreibung und Hungertod an: „Es gibt Leben, dessen Verlust keine Nachricht wert ist und keinen schockiert.“ Es gebe unantastbare Kämpfe, das Leben derer zu retten, die zum Tode verurteilt seien und das Lebensrecht derer zu verteidigen, die schwere Verbrechen begangen hätten, während der Tod Unschuldiger als legal und gerecht betrachtet werde, durch Gesetze, die von Parlamentsmehrheiten angenommene wurden. „Emotionen, Ideologien und politische Gründe“, fügte er hinzu, „ersetzen in der Praxis das richtig erleuchtete Gewissen.“
(Zenit