Bericht des französischen Parlaments über den Heiligen Stuhl


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(Paris) Im Sep­tem­ber 2009 rei­ste eine Dele­ga­ti­on des Aus­schus­ses für aus­wär­ti­ge Ange­le­gen­hei­ten des fran­zö­si­schen Par­la­ments nach Rom, um die Bezie­hun­gen zwi­schen Frank­reich und dem Hei­li­gen Stuhl zu stu­die­ren. Der 30 Sei­ten umfas­sen­de Bericht wur­de nun der fran­zö­si­schen Natio­nal­ver­samm­lung vor­ge­legt. Das inter­es­san­te Doku­ment ist voll­in­halt­lich abruf­bar. Nach­fol­gend eini­ge Aus­zü­ge daraus.

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Der zwei­te Teil des Berichts befaßt sich mit dem Hei­li­ge Stuhl „seit dem Amts­an­tritt Bene­dikts XVI.“ „Alle Gesprächs­part­ner der Dele­ga­ti­on, allen vor­an die Kar­di­nä­le Domi­ni­que Mam­ber­ti und Roger Etche­ga­ray beton­ten, daß Bene­dikt XVI. seit sei­ner Wahl zum 265. Papst der katho­li­schen Kir­che im April 2005 in der Glau­bens­leh­re der­sel­ben Linie sei­nes Vor­gän­gers Johan­nes Pauls II. gefolgt ist. Vie­le Ereig­nis­se wür­den bewei­sen, daß der Stil des neu­en Pap­stes die Zustim­mung der Gläu­bi­gen fin­det, so auch der Erfolg der Pasto­ral­rei­se nach Frank­reich im Sep­tem­ber 2008, bei der die Anspra­chen gut auf­ge­nom­men wur­de, obwohl es zuvor Sor­ge vor eines stren­ge­ren Kurs in der fran­zö­si­schen Kir­che gab.

Im Bericht heißt es wei­ter, daß der Papst zwar „eini­ge Neu­be­set­zun­gen“ vor­ge­nom­men habe, „doch die Mann­schaft, die Johan­nes Paul II. umgab sei älter gewor­den und wahr­schein­lich nicht mehr immer im Ein­klang mit der Rea­li­tät“. Es habe weder Ver­än­de­run­gen in der Orga­ni­sa­ti­on der römi­schen Kurie gege­ben noch sei irgend­ei­ne Reform der Orga­nis­men vor­ge­schla­gen wor­den. Zudem sei­en die in der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on vor­ge­se­he­nen Instru­men­te zur Koor­di­na­ti­on zwi­schen den ein­zel­nen vati­ka­ni­schen Ein­rich­tun­gen nicht akti­viert worden.

Im Bericht wer­den auch „Riva­li­tä­ten“ inner­halb der römi­schen Kurie ange­spro­chen, von denen sich die Dele­ga­ti­on „selbst über­zeu­gen konn­te“. Der „Ein­fluß ita­lie­ni­scher Prä­la­ten“ in der Kurie sei „wei­ter­hin sehr stark“ und die „häu­fi­gen inter­fe­ren­zen mit der Innen­po­li­tik Ita­li­en kön­nen die uni­ver­sa­le Bot­schaft der Kir­che beein­träch­ti­gen“. Als Bei­spiel dafür nennt der Bericht den Rück­tritt des Chef­re­dak­teurs der Tages­zei­tung der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz Avve­ni­re im Som­mer 2009, nach­dem er das Ver­hal­ten des ita­lie­ni­schen Mini­ster­prä­si­den­ten Sil­vio Ber­lus­co­ni kri­ti­siert hatte.

Ein eige­nes Kapi­tel ist den „Kom­mu­ni­ka­ti­ons­schwie­rig­kei­ten des Hei­li­gen Stuhls“ gewid­met. „In den letz­ten bei­den Jah­ren waren eini­ge Erklä­run­gen und Ent­schei­dun­gen des Hei­li­gen Stuhls Objekt leb­haf­ter Debat­ten, vor allem, aber nicht nur in Frank­reich.“ Nach Anga­ben der Gesprächs­part­ner der Dele­ga­ti­on, „wur­de der Hei­li­ge Vater durch die Medi­en­re­ak­tio­nen ver­letzt, beson­ders wegen der Art, mit der sei­ne Wor­te inter­pre­tiert wur­den und Pole­mi­ken spei­sten, zum Bei­spiel wäh­rend sei­ner Rei­se nach Afri­ka, als sei­ne Rede über den Gebrauch von Kon­do­men, wie es scheint, aus dem Zusam­men­hang geris­sen wur­den. Der per­sön­li­che Angriff hat die wah­ren Zie­le der Rei­se ver­dun­kelt und die Haupt­aspek­ten der besuch­ten Kir­chen in die zwei­te Rei­he verdrängt.“

Jen­seits der Kri­tik an Medi­en­über­trei­bun­gen sieht die Dele­ga­ti­on aber auch ein „Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­fi­zit“ des Hei­li­gen Stuhls. Der Hei­li­ge Stuhl ver­fü­ge über kei­nen wirk­li­chen Pres­se­dienst und es gebe kei­nen offi­zi­el­len Pres­se­spre­cher mehr wie unter dem Pon­ti­fi­kat von Johan­nes Paul II. Zudem wür­den Pres­se­agen­tu­ren moder­ne­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel ein­set­zen, sodaß sie Erklä­run­gen des Hei­li­gen Stuhls bereits ver­öf­fent­li­chen kön­nen, noch bevor sie offi­zi­ell ver­laut­bart wor­den sind.

Der Lei­ter des Pres­se­saals P. Feder­i­co Lom­bar­di und der Chef­re­dak­teur des Osser­va­to­re Roma­no, Gio­van­ni Maria Vian bestä­tig­ten der Dele­ga­ti­on, daß sie kei­nen regel­mä­ßi­gen Kon­takt mit dem Hei­li­gen Vater hät­ten und daß weder der eine noch der ande­re die Auf­ga­be eines Pres­se­spre­chers hät­ten. Vian erklär­te zudem, daß sei­ne Tages­zei­tung nicht eine offi­zi­el­le Stim­me des Vati­kans sei.

Antoine Marie Izo­ard, Lei­ter der Pres­se­agen­tur I Media, unter­strich gegen­über der Dele­ga­ti­on, daß die Kir­che „nicht die glei­che Spra­che“ der Medi­en spre­che und daß die Haupt­ur­sa­che der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­schwie­rig­kei­ten des Hei­li­gen Stuhls in der man­gel­haf­ten inter­nen Hand­ha­bung der Dos­siers liege.

Fre­de­ric Mounier, Vati­kan-Kor­re­spon­dent der fran­zö­si­schen Tages­zei­tung La Croix, wird im Par­la­ments­be­richt damit zitiert, daß er die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­schwie­rig­kei­ten des Hei­li­gen Stuhls vor allem in der „man­geln­den Pro­fes­sio­na­li­tät“ der Vati­kan-Kor­re­spon­den­ten sieht, die „heu­te nicht mehr aus­rei­chend in kirch­li­chen Belan­gen aus­ge­bil­det“ seien.

Der Bericht schließt dar­aus, daß sich der Vati­kan „häu­fig in einer defen­si­ven Posi­ti­on“ befin­de, „um im nach­hin­ein Erklä­run­gen oder Ent­schei­dung zu recht­fer­ti­gen oder unge­schick­te Erklä­run­gen abzu­ge­ben, die zusätz­li­che Pole­mi­ken spei­sen, anstatt sie zu ersticken“.

Als Bei­spie­le einer schlecht vor­be­rei­te­ten oder unge­eig­ne­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on nennt der Bericht die „Afri­ka-Rei­se“ des Pap­stes, die „Auf­he­bung der Exkom­mu­ni­ka­ti­on des Bischofs Richard Wil­liam­son“ oder die „Exkom­mu­ni­ka­ti­on einer neun­jäh­ri­gen bra­si­lia­ni­schen Mut­ter, die abge­trie­ben hat­te, durch den Erz­bi­schof von Recife“.

Ein wei­te­rer Teil des Berichts befaßt sich mit den diplo­ma­ti­schen Ziel­set­zun­gen des Hei­li­gen Stuhls. Dabei hät­ten die vati­ka­ni­schen Gesprächs­part­ner der Dele­ga­ti­on die Pro­ble­me des Nahen Ostens betont und dabei beson­ders die Schwie­rig­kei­ten der christ­li­chen Gemein­schaf­ten der Regi­on. Der Dia­log mit den Mos­lems „sei wei­ter­hin schwie­rig wegen der unter­schied­li­che reli­giö­sen Auf­fas­sun­gen“. Den Hei­li­gen Stuhl „besor­ge“ vor allem die „isla­mi­sche Expan­si­on“ in zahl­rei­chen Regio­nen, die die „fra­gi­le Situa­ti­on“ der Kir­che beein­träch­ti­ge, so etwa in Nordafrika.

Die Bezie­hun­gen des Hei­li­gen Stuhls zu Chi­na wür­den über zahl­rei­che Gesprächs­ka­nä­le fort­ge­setzt. Die Haupt­schwie­rig­keit, die für dem Papst einen „nicht ver­han­del­ba­ren“ Punkt dar­stel­le, sei­en die Bischofs­er­nen­nun­gen. Die Redu­zie­rung der Unter­schei­dung zwi­schen offi­zi­el­ler Kir­che und Unter­grund­kir­che soll den direk­ten Kon­takt der Gemein­schaf­ten mit dem Hei­li­gen Stuhl stärken.

(GN)

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