- Bernard Fellay, Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. nach der Priesterweihe am 27. Juni 2009 in Zaitzkofen.
Bild: Dieter Volkerts
Wenige Tage vor Beginn der Verhandlungen zwischen der Glaubenskongregation und der Priesterbruderschaft St. Pius X. veröffentlichte die chilenische Tageszeitung El Mercurio ein Interview mit dem Generaloberen der Bruderschaft, Bischof Bernard Fellay. Nachfolgend die vollständig deutsche Übersetzung des am 18. Oktober erschienene Interview.
Welches Erbe hat Ihre Gemeinschaft von der Katholischen Kirche erhalten?
Fellay: Wir haben all das erhalten, was katholisch ist. Aus diesem Grund wollen wir der Kirche unserer Taufe treu bleiben.
Was verbindet Sie am meisten mit der Katholischen Kirche?
Wir haben alles, was notwendig ist, um Angehörige der Katholischen Kirche zu sein. Zuallererst den Glauben, den wir von der Kirche erhalten haben und den wir bis zum Tod bewahren wollen, weil es ohne Glauben unmöglich ist, Gott wohlgefällig zu sein. Zweitens die Gnade, das Gebet und die Liturgie die uns von der Kirche zukommen, wie es der Heilige Vater sehr gut im Motu proprio ausgedrückte, indem er erklärte, daß der alte Messritus nie abgeschafft worden ist. Und schließlich, auch wenn es widersprüchlich scheinen mag, der Papst selbst und die kirchliche Hierarchie. Das Haupt der Kirche, der Stellvertreter Christi, ist die Autorität, die wir anerkennen.
Das bedeutet, daß zwischen den Traditionalisten und der Kirche alles gut läuft?
Nein. Es gibt Probleme, aber diese Probleme bedeuten nicht, daß wir jene Beziehung der Unterordnung unter die päpstliche Autorität verloren hätten.
Kann man sagen, daß sie von Kirche getrennt gelebt haben?
Niemals. Es gibt Kämpfe, wie eine gewisse Ablehnung durch einen Teil der Kirche. Das bedeutet aber nicht Trennung. Die Kirche hat im Zusammenhang mit uns nie ein Schisma erklärt. Eine gewisse Zeit sprach man von der Exkommunikation der Bischöfe, aber nie von einem Schisma.
Ist eine solche Spaltung notwendig?
Das ist nicht unser Problem. Wir, eine Gruppe, sind wie das Symptom eines Problems im Inneren der Kirche. Es gibt eine reale, wenn auch nicht erklärte Spaltung zwischen jenen, die wir „Progressive“ und „Konservative“ nennen. Wir sind eine Art Fieberthermometer dieser Situation, das zeigt, daß es in der Kirche ein ernsthaftes Problem gibt. Der jetzige Papst, Benedikt XVI., selbst hat die Meinung verurteilt, daß das Zweite Vatikanische Konzil und die darauf folgende Reform einen Bruch mit der Vergangenheit bedeuten würden und die Kirche sich verändern hätte müssen.
Viel wurde darüber spekuliert, ob die Bruderschaft St. Pius X zu einer Personalprälatur erhoben wird. Was ist daran sicher?
Daran ist viel sicher. Ich meine, daß der Vatikan sich auf eine solche kanonische Lösung zubewegt.
Bischof Williamson schloß vor einigen Monaten in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen die Möglichkeit aus, daß sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieg ermordet wurden und schätzte die Zahl auf höchstens „zwischen 200.000 und 300.000 Toten in den Konzentrationslagern, aber keiner in Gaskammern“. Was sagen Sie zu all dem?
Um es ganz kurz zu machen: Ich denke, daß es sich dabei um einen genau geplanten Angriff handelte, nicht gegen die Bruderschaft, sondern direkt gegen die Person des Papstes, um seine Geste zu verdunkeln. Papst Benedikt XVI. ist viel offener als manche Bischöfe der Katholischen Kirche.
(Übersetzung: Giuseppe Nardi)