(Vatikan) Die Internetseite Pontifex.Roma von Bruno Volpe veröffentlichte ein Gespräch mit Dario Kardinal Castrillòn Hoyos, bis zum 8. Juli 2009 Vorsitzender der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei. In der Stellungnahme faßt der Kardinal bereits Bekanntes zusammen und äußert Dinge mit einer Selbstverständlichkeit, die noch vor wenigen Jahren in dieser Form kaum denkbar gewesen wären und heftigen Widerstand ausgelöst hätten.
Der Kardinal erklärte, daß „häufig das Verständnis für die Sünde stark nachgelassen“ habe. Die Menschen würden nicht mehr den Unterschied zwischen läßlichen Sünden und Todsünden kennen oder „wollen ihn nicht mehr kennen“. Dadurch schwinde das Schuldgefühl ebenso wie der Respekt vor dem Gesetz Gottes, den Zehn Geboten.In den meisten Fällen liege die Verantwortung dafür bei den Laien, aber es sei „traurig und schmerzend, daß manchmal die Verantwortung auch bei den Priestern zu suchen ist, die eine geringe Opferbereitschaft zeigen oder sündhaftes Verhalten mit großer Nachsicht betrachten und damit glauben machen, daß dieses natürlich oder normal sei“.
Zur Liturgie erklärte der Kardinal, daß die Heilige Messe „auch ein Fest“ sei, „aber nicht im heidnischen Sinn“. An „erster Stelle, weit vor allem anderen“ stehe das „Opfer Christi.“ Sobald man verstanden habe, daß die Heilige Messe „Opfer und Geheimnis“ ist, könne man auch von einem Fest sprechen. „Sich auf den Festcharakter beschränken“, sei „fast eine protestantische, oberflächliche Vorstellung“.
Für den Kardinal sei es „wahr“, daß das Verständnis für das Heilige geschwunden sei. „Im Sinne von Respekt, Anbetung, Stille und Verehrung.“ Deshalb müsse die Heilige Messe „so schnell als möglich“ das Verständnis der Heiligkeit wiedergewinnen.
Bezüglich eines geeigneten Ortes für den Tabernakel empfiehlt der Kardinal das richtige Maß zu suchen. Die „richtige Positionierung des Tabernakels, gerade auch um die Anbetung zu fördern“, müsse „zentral“ sein, „also der Hauptaltar“. Die Frage stelle sich allerdings in den großen Kathedralen und den bekannten Kirchen in kunstreichen Städten anders, die von vielen Menschen aus touristischen Gründen besucht würden, darunter auch von vielen Nicht-Katholiken. In diesen Fällen sei es sinnvoll, das Allerheiligste in eine geeignete Seitenkapelle zu bringen „unter der Bedingung, daß die Kapelle passend und würdig“ sei.
Zu den liturgischen Verfehlungen während der Heilige Messe meinte der Kardinal, er könnte leider „eine lange Liste aufzählen“, doch wolle er weder polemisieren noch Vergleiche anstellen. „Ich beschränke mich darauf, festzuhalten, daß niemand Herr über die Heilige Liturgie der Kirche ist, auch nicht der Priester. Es gibt zwei Dinge, die dem Verständnis des Heiligen schaden: die theologisch in der Luft hängenden Erfindungen mancher Priester und die willkürlichen Veränderungen der Hochgebete und liturgischen Texte. Bedauerlicherweise ähneln heute einige Priester aus Geltungsdrang mehr zweitklassigen Fernsehentertainern“, so Kardinal Castrillòn Hoyos.
In der Frage die Heilige Messe Richtung Osten zu zelebrieren, denke er wie der Papst. „Der Priester ist Mittler zwischen Gläubigen und Christus, nicht Hauptdarsteller. Er handelt in der Person Christi und an Ihn wendet er sich demütig und die Arme ausbreitend. Wenn er sich also an Christus wendet, dann ist die logische und natürlich und auch theologisch korrekte Position jene Richtung Osten. Nicht aus einem geographischen Grund, sondern weil der Osten die Sonne repräsentiert und damit Christus. Das gilt für einige Teile der Liturgie wie etwa die Gebete. Für die Lesungen und die entsprechenden Ausführungen dazu besteht hingegen keine Notwendigkeit der Ostung und können daher mit dem Gesicht zu den Gläubigen gerichtet erfolgen“, so Kardinal Castrillòn Hoyos.
(GN)