Eskalation der Gewalt gegen Christen in Dong Hoi – Jagd auch auf Frauen und Kinder – Priester zusammengeschlagen


(Vinh/​ Frank­furt) Im Streit um die Ent­eig­nung einer Kir­che­rui­ne, die nach dem Wil­len der viet­na­me­si­schen Regie­rung zu einer Kriegs­ge­denk­stät­te umfunk­tio­niert wer­den soll, ist es zwi­schen dem 20. bis 27. Juli 2009 in der nord­viet­na­me­si­schen Stadt Dong Hoi zu gewalt­tä­ti­gen Attacken von Poli­zei und Mili­zen gegen Gläu­bi­ge und Prie­ster gekom­men. Nach­dem Gläu­bi­ge ver­sucht hat­ten, ein Zelt auf dem Kir­chen­ge­län­de auf­zu­stel­len, grif­fen Poli­zi­sten und Miliz­an­ge­hö­ri­ge sie an, in des­sen Ver­lauf nach Infor­ma­tio­nen der Inter­na­tio­na­len Gesell­schaft für Men­schen­rech­te (IGFM) Kir­chen­be­su­cher, dar­un­ter Frau­en, sogar Kin­der und Prie­ster, kran­ken­haus­reif geschla­gen wur­den. Gegen sie­ben Per­so­nen wur­den inzwi­schen Straf­ver­fah­ren wegen „Stö­rung der öffent­li­chen Ord­nung“ ein­ge­lei­tet. Die IGFM wirft den Behör­den Dia­log­un­fä­hig­keit vor und erin­nert an die bru­ta­len Maß­nah­men gegen Chri­sten in der Jah­ren 2007 und 2008 in Hanoi, die für die Rück­ga­be kon­fis­zier­ter Kir­chen­grund­stücke in der katho­li­schen Gemein­de Thai Ha mit Mas­sen­ge­be­ten ein­ge­tre­ten waren.

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Um die Kir­chen­rui­ne Tam Toa in der Stadt Dong Hoi (Pro­vinz Quang Binh) gibt es seit lan­gem Streit zwi­schen Regie­rung und Kir­che. Die Regie­rung will die Kir­che im Zen­trum der Stadt, die im bis 1975 dau­ern­den Viet­nam­krieg bis auf den Kir­chen­turm zer­bombt wur­de, zu einer Kriegs­ge­denk­stät­te machen. Die Katho­li­ken dage­gen möch­ten auf dem dazu­ge­hö­ren­den Kir­chen­ge­län­de wei­ter­hin ihre Mes­sen hal­ten. Außer­dem argu­men­tie­ren sie, sei ihnen kein geeig­ne­ter Ersatz­platz in ihrer Nähe ange­bo­ten worden. 

Als Katho­li­ken am 20. Juli ver­such­ten, ein gro­ßes Zelt mit Metall­ge­rüst auf dem Gelän­de auf­zu­bau­en, stürm­ten plötz­lich Hun­der­te Poli­zi­sten und Mili­zen das Gelän­de und schlu­gen mit Schlag­stöcken und Eisen­stan­gen auf sie ein. Es gab zahl­rei­che Ver­letz­te, dar­un­ter auch Frau­en und Kin­der. Das Zelt und das Kru­zi­fix wur­den demon­tiert. 20 Katho­li­ken wur­den fest­ge­nom­men. Gegen sie­ben, deren Namen am 23. Juli in der Poli­zei­zei­tung als Rädels­füh­rer ver­öf­fent­licht wur­den, wur­den Straf­ver­fah­ren wegen „Stö­rung der öffent­li­chen Ord­nung“ eingeleitet.

In den dar­auf­fol­gen­den Tagen ver­sam­mel­ten sich Hun­dert­tau­sen­de Chri­sten in ganz Viet­nam und ins­be­son­de­re in der Diö­ze­se Vinh und bete­ten fried­lich für die Rück­ga­be des Kir­chen­ei­gen­tums und die Frei­las­sung ihrer Glau­bens­brü­der. Die Diö­ze­se Vinh wies am 24. Juli alle Vor­wür­fe der Pro­vinz­re­gie­rung zurück und for­der­te sie auf, die Schmäh­kam­pa­gne in den staat­li­chen Medi­en gegen die Kir­che zu been­den. Die Kir­chen­rui­ne in Dong Hoi wur­de inzwi­schen zur Pil­ger­stät­te, obwohl die Poli­zei das Gelän­de streng bewacht. So kam es auch in den Fol­ge­ta­gen immer wie­der zu Über­grif­fen, nicht nur von Mili­zen, son­dern auch von uni­for­mier­ten Kräf­ten auf die Gebetsversammlungen. 

Am 26. Juli wur­den ca. 500 Katho­li­ken, die sich zu einer Für­bit­te ver­sam­melt hat­ten, von 3.000 Miliz­an­ge­hö­ri­gen ange­grif­fen: Dabei wur­den der Kir­chen­äl­te­ste, die Kir­chen­chor­lei­te­rin und ein Stu­dent ver­schleppt und an einem unbe­kann­ten Ort fest­ge­hal­ten. Nach­dem einen Tag spä­ter rund 200 Katho­li­ken aus dem Nach­bar­ort, gelei­tet von fünf Prie­stern, der Zutritt zu der Kir­chen­rui­ne ver­wei­gert wor­den war, ver­sam­mel­ten sie sich zum Gebet auf dem Nach­bar­ge­län­de. Plötz­lich schlu­gen „Sicher­heits­leu­te“ auf sie ein. Ein Dut­zend Per­so­nen wur­de dabei ver­letzt. Prie­ster Nguy­en Dinh Phu wur­de am Boden lie­gend gegen den Kopf getre­ten und dabei so ver­letzt, daß er ins Kran­ken­haus gebracht wer­den muß­te. Pfar­rer Ngo The Binh, der den Prie­ster im Kran­ken­haus besu­chen woll­te, wur­de von einer Schlä­ger­trup­pe ange­grif­fen und stürz­te schwer ver­letzt aus dem Fen­ster im zwei­ten Stock. Poli­zi­sten schau­ten dabei taten­los zu.

Die viet­na­me­si­sche Regie­rung wird zuneh­mend ner­vös, denn die Ereig­nis­se in Dong Hoi ähneln nach Mei­nung der IGFM den Aus­ein­an­der­set­zun­gen in den Jah­ren 2007 und 2008 in Hanoi, in deren Ver­lauf die Hanoier Regie­rung ihre Dia­log­un­fä­hig­keit zeig­te und bru­ta­le Gewalt gegen fried­li­che Gläu­bi­ge ein­setz­te. Damals pro­te­stier­ten Tau­sen­de Redempto­ri­sten und Gläu­bi­ge in einer Dau­er­mahn­wa­che und mit Pro­zes­sio­nen für die Rück­ga­be von Kir­chen­ge­län­de und Reli­gi­ons­frei­heit. Bei dem spä­te­ren Groß­ein­satz von Poli­zei und Mili­zen wur­de unan­ge­mes­se­ne Gewalt gegen die Gläu­bi­gen, aber auch gegen west­li­che Jour­na­li­sten eingesetzt.

(PM/​JF)

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