Europas Protestanten üben Kritik an Russisch-Orthodoxer Menschenrechtslehre


(Wien) Das Prä­si­di­um der Gemein­schaft Evan­ge­li­scher Kir­chen in Euro­pa (GEKE) hat jetzt auf die Stel­lung­nah­me der Rus­sisch-Ortho­do­xen Kir­che (ROK) zu „mensch­li­cher Wür­de, Frei­heit und Rech­ten“ von 2008 geant­wor­tet. Die GEKE sieht in der Hal­tung der ROK ein Miß­ver­ständ­nis der Men­schen­rech­te und lädt die­se ein, den Dia­log zur Umset­zung der Men­schen­rech­te fortzusetzen.

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Im Som­mer 2008 hat­te die Rus­sisch-Ortho­do­xe Kir­che (ROK) eine Stel­lung­nah­me zu den Men­schen­rech­ten ver­öf­fent­licht. Gleich­zei­tig wur­den die ande­ren christ­li­chen Kir­chen ein­ge­la­den, das Doku­ment Leh­re zu mensch­li­cher Wür­de, Frei­heit und Rech­ten zu dis­ku­tie­ren. Das Prä­si­di­um der Gemein­schaft Evan­ge­li­scher Kir­chen in Euro­pa (GEKE) hat am 11. Juni der ROK ihre Ant­wort übermittelt.

Nach Ansicht der Rus­sisch-Ortho­do­xen Kir­che kann die mensch­li­che „Sünd­haf­tig­keit“ die Wür­de des Men­schen in Fra­ge stel­len. Ihre Men­schen­rechts­leh­re ent­wick­le ein Kon­fron­ta­ti­ons­ver­hält­nis zwi­schen Men­schen­rech­ten und christ­li­cher Moral, das in der The­se zum Aus­druck käme, die Ein­hal­tung der Men­schen­rech­te wür­de Chri­sten dazu zwin­gen, ent­ge­gen der gött­li­chen Gebo­te zu den­ken und zu han­deln, schreibt das GEKE-Präsidium.

Die Ant­wort der GEKE sehe hier ein Miß­ver­ständ­nis des Men­schen­rechts­be­griffs. Die Men­schen­rech­te sei­en Schutz- und Par­ti­zi­pa­ti­ons­rech­te, die den Hand­lungs- und Lebens­raum der Men­schen unter das Recht stell­ten und Rah­men­be­din­gun­gen für das Zusam­men­le­ben der Men­schen gewähr­lei­ste­ten. In die­sem Sin­ne wür­di­gen die evan­ge­li­schen Kir­chen den posi­ti­ven Bei­trag der Menschenrechte.

Die Stel­lung­nah­me der Rus­sisch-Ortho­do­xen Kir­che nen­ne „Abtrei­bung, Sui­zid, Unzucht, Per­ver­si­on, Zer­stö­rung der Fami­lie, Anbe­tung von Grau­sam­keit und Gewalt“ als Bei­spie­le, in denen die „Schwach­heit der Men­schen­rechts­in­sti­tu­ti­on“ die Moral der rus­si­schen Gesell­schaft gefähr­de­ten. Die­se Bei­spie­le sei­en aus evan­ge­li­scher Sicht nicht nach­voll­zieh­bar. Tat­säch­lich beton­ten die Men­schen­rechts­er­klä­run­gen den Schutz des Lebens und die Unver­letz­lich­keit der Per­son, den Schutz des Pri­vat­le­bens und der Fami­lie, so der pro­te­stan­ti­sche Dach­ver­band in Europa.

Die Rus­sisch-Ortho­do­xe Kir­che ord­ne die Men­schen­rech­te den Wer­ten und Inter­es­sen des Hei­mat­lan­des, der Gemein­schaft und der Fami­lie unter. Dies füh­re in den evan­ge­li­schen Kir­chen zu der Fra­ge nach einer kri­ti­schen Gegen­über­stel­lung der Kir­che zur staat­li­chen Ord­nung. Ange­sichts der Ein­schrän­kung der zivi­len und poli­ti­schen Rech­te in Ruß­land, aber auch in vie­len ande­ren Staa­ten, ver­mis­sen Euro­pas Pro­te­stan­ten in der Stel­lung­nah­me der Rus­sisch-Ortho­do­xen Kir­che Aus­sa­gen zum Schutz des Ein­zel­nen vor staat­li­chen Über­grif­fen wie poli­ti­sche Ver­fol­gung, poli­ti­sche Mor­de, Dis­kri­mi­nie­rung von Min­der­hei­ten oder der Aus­höh­lung demo­kra­ti­scher Ver­fah­ren und Struk­tu­ren. Aus evan­ge­li­scher Sicht hät­ten die Kir­chen gera­de in die­sen Fra­gen eine wich­ti­ge Auf­ga­be, gegen den Miß­brauch staat­li­cher Macht einzutreten.

„Men­schen­rech­te“ sei­en nach evan­ge­li­schem Ver­ständ­nis sol­che Rech­te, die allen Men­schen auf­grund ihrer von Gott gege­be­nen Wür­de zukä­men. Da sie durch kei­ne inner­welt­li­che Instanz ver­lie­hen wür­den, könn­ten sie auch von kei­ner Instanz abge­spro­chen wer­den; sie sei­en „unan­tast­bar, unver­äu­ßer­lich und unteil­bar“. Die GEKE lädt des­halb die Rus­sisch-Ortho­do­xe Kir­che ein, den gemein­sa­men Dia­log über die Bedeu­tung der Men­schen­rech­te fort­zu­set­zen. In die­sem Zusam­men­hang wür­digt die GEKE ins­be­son­de­re die Abschluß­er­klä­run­gen der drei bis­he­ri­gen Euro­päi­schen Öku­me­ni­schen Ver­samm­lun­gen (EÖV) von Basel (1989), Graz (1997) und Sibiu (2007) und die aus der Arbeit der EÖV her­vor­ge­gan­ge­nen kirch­li­chen Hand­lungs­emp­feh­lun­gen, die 2001 als Char­ta Oecu­me­ni­ca ver­ab­schie­det wurden.

(APD)

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