(Moskau) Während Papst Benedikt XVI. harsche Kritik aus der eigenen Kirche zu hören bekommt, rücken Rom und Moskau enger zusammen. Noch nie haben sich Papst und Patriarch getroffen. Aber Benedikt und Kyrill sind bereits alte Bekannte.
Auch Nicht-Christen müssen wohl eine Tatsache anerkennen: Das Verhältnis zwischen Rom und Moskau, zwischen West-Rom und Ost-Rom, zwischen der katholischen Kirche und über 150 Millionen christlich-orthodoxer Gläubiger hat zentrale Bedeutung für den „Kampf der Kulturen und Zivilisationen“.
Seit Kyrill 1989 „Außenminister“ des Patriarchen (Leiter der Abteilung für Außenbeziehungen) wurde, trafen sich der russische Kirchendiplomat und Kardinal Ratzinger oft, sogar „einige hundert Mal“ wollen Eingeweihte wissen.
Kardinal und Metropolit lernten sich persönlich kennen und schätzen. Die ökumenischen Kontakte liefen über den redegewandten Metropoliten Kyrill. Als Patriarch Alexi II. versuchte, zusammen mit dem Vatikan den Serbien-Krieg zu beenden, war Kyrill sein Abgesandter. Er sondierte auch die Möglichkeiten für ein Treffen von Papst und Patriarch, das bisher nie zustande kam.
Kyrill I. (dessen Mutter übrigens Deutschlehrerin war) und Benedikt XVI. haben seit langem eine gemeinsame Sprache gefunden. Kyrill ist nicht nur geschickter Diplomat und machtbewußter Kirchenpolitiker. Er ist auch ein Mann von Überzeugungen.
So war es denn auch gar nicht verwunderlich, daß eine Delegation des Vatikans bei der feierlichen Amtseinführung am vergangenen Sonntag in der Christus-Erlöser-Kirche in Moskau dabei war, geleitet von Kardinal Walter Kasper. Er überreichte Kyrill I. später als Geschenk des Papstes zur Amtseinführung einen Abendmahlskelch.
Nach dem Treffen mit den Kardinälen veröffentlicht das Moskauer Patriarchat heute eine Botschaft Kyrills an Benedikt und ein Schreiben des Papstes an den Patriarchen. Kyrill schreibt, er hoffe darauf, die Beziehungen zwischen den Kirchen „im Geiste des gegenseitigen Vertrauens und der Zusammenarbeit vor allem bei der Stärkung christlicher Werte in Europa und der Welt“ weiter zu entwickeln. Es gebe Übereinstimmung der Positionen in vielen aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen.
Papst Benedikt XVI. hatte in seiner Glückwunschbotschaft zur Amtseinführung Kyrill diesem schon seine „Achtung und geistige Nähe“ versichert. Er erinnere sich mit Freude an den „Geist des guten Willens“, von dem seine bisherigen zahlreichen Treffen mit Kyrill geprägt waren.
Papst und Patriarch – gemeinsam für eine christliche Wertegemeinschaft in Europa und Russland? Das klingt unwahrscheinlich, daß der ökumenische Prozeß (bei dem ja außer dem Vatikan auch noch protestantische Kirchen beteiligt sind) plötzlich an Tempo gewinnen könnte. Die Wertesysteme in Ost und West, so christlich sie auch sein mögen, sind doch sehr verschieden. Aber einige Gemeinsamkeiten mehr als bisher könnte es schon geben.
Es wird auch im Westen Europas sinnvoll und interessant werden, sich die Positionen des neuen Patriarchen genau anzuschauen. Denn wenn aus der Kirchenspaltung in Ost und West eine Kirchenunion würde, wäre das ein strategische wichtiger Impuls – für die Menschen in Europa und Eurasien.
(gim/.rufo)