(Trier) Mehr öffentliches Interesse an der Situation verfolgter Christen haben die Teilnehmer der Tagung „Christenverfolgungen heute – (k)ein Medienthema?“ am 25. Januar im Robert-Schuman-Haus in Trier gefordert.
Der Tag begann mit einer Eucharistiefeier mit Weihbischof Dr. Stephan Ackermann. „Christenverfolgung ist kein Thema des antiken Roms, es ist ein hoch aktuelles Thema“, erklärte Ackermann. „200 Millionen Christen weltweit leben in Bedrängnis oder werden sogar verfolgt, das ist fast jeder zehnte Christ. 80 Prozent der Menschen, die wegen ihres Glaubens ermordet werden, sind Christen“, sagte er.
Vor allem Diktaturen hätten die Christen im Visier. Denn in keiner anderen Religion würden die Würde und die Verantwortung des Einzelnen, auch in seiner Freiheit, so stark betont wie im christlichen Glauben. Das heiße aber auch, daß keine Macht eine Totalität über den Menschen insgesamt beanspruchen dürfe. Viele Regimes würden daher in der christlichen Botschaft eine Bedrohung sehen.
Berthold Pelster, Leiter der Filiale Münster von Kirche in Not, stellte das Buch Religionsfreiheit weltweit vor, in dem die Organisation die Situation von Christen in aller Welt darstellt. Besonders schwierig sei die Lage derzeit für Christen in Indien und im Irak. „Im Irak droht sogar die komplette Auslöschung des Christentums“, erklärte Pelster. Nach dem Sturz Saddam Husseins sei ein Bürgerkrieg zwischen Schiiten und Sunniten um die Vorherrschaft entbrannt; dabei seien die Christen zwischen alle Stühle geraten.
Vor dem Einmarsch der Amerikaner hätten 1,5 Millionen Christen im Irak gelebt, heute seien es noch 500.000. „Flucht kann aber nicht die Lösung des Problems sein“, erklärte Marie-Ange Siebrecht, Leiterin des Referats Asien-Afrika von Kirche in Not. „Die Christen im Irak zählen zu den ältesten Gemeinden überhaupt, sie haben eine fast 2.000 Jahre alte Tradition. Mit ihnen verliert das Land seine Geschichte und Identität“, sagte Siebrecht. Ebenfalls dramatisch sei die Situation der rund 25 Millionen Christen in Teilen Indiens, vor allem im östlichen Staat Orissa, berichtete Pelster.
Im August seien dort mehr als 100 Christen getötet worden. Es gebe eine radikale Bewegung, die das Ziel habe, aus Indien einen reinen Hindu-Staat zu machen. Auch in China, Nordkorea und Saudi-Arabien würden Christen verfolgt oder an der Ausübung ihrer Religion gehindert, erläuterte Pelster.
Wie dramatisch die Lage für Christen im Irak ist, machten fünf Flüchtlinge deutlich. Nashwan Polis mußte aus seiner Heimatstadt Bagdad fliehen, nachdem seine Mutter brutal erschossen worden war: „Innerhalb einer Woche mußten wir unser Haus verlassen.“ Seine Familie sei komplett zerstört, sein Vater und sein Bruder seien nach Syrien geflohen, er selbst kam über die Türkei nach Deutschland.
Auch Satjon Y. aus Mossul schilderte das Schicksal seiner Familie: Sein Bruder und sein Schwager wurden getötet, zur Befreiung seiner Cousins habe er 600.000 Dollar aufbringen müssen. Einig waren sich die Flüchtlinge, daß die Amerikaner die Lage im Irak nicht im Griff hätten. Auch die Regierung und die Polizei unternähmen nichts, um die Christen zu schützen. Zum Islam überzutreten, um so vielleicht ihr Leben zu retten, sei für sie aber nie in Frage gekommen; denn „wir sind stolz darauf, Christen zu sein.“
Veranstalter der Tagung war die Katholische Akademie Trier in Zusammenarbeit mit der Organisation Kirche in Not, der Diözesanstelle Weltkirche des Bistums Trier und dem Deutschen Journalistenverband.
(PM)