von Giuliano Ferrara
Es gibt auch eine Todesstrafe, ganz legal, die hunderte Millionen von Menschen betrifft. Die guten Gewissen, die sich über die Annahme des Moratoriums zur Todesstrafe durch die Vereinten Nationen freuen, sollten nun auch über dieses eugenische, rassistische und sexistische Blutbad an Unschuldigen nachdenken.
Dies ist ein Appell an die guten Gewissen, die über das Moratorium zur Todesstrafe in der Welt jubeln, das gestern (18–12-2007) von der UNO mit den Stimmen von 104 Staaten verabschiedet worden ist. Freuen wir uns darüber und beschließen wir nun auch ein Abtreibungsmoratorium.
Denn tatsächlich, für jede Todesstrafe, die an einem Menschen ausgeführt wird, werden tausend, zehntausend, hunderttausend Millionen Abtreibungen an Menschen durchgeführt, die aus Liebe oder Lust gezeugt wurden, um dann, im Namen einer schizophrenen und grotesken Ideologie der „weiblichen Gesundheit“, die mit der Frau aus Fleisch und Blut und ihren Hoffnungen auf Gesundheit und Rettung nichts zu tun hat, dem Henkersbeil der chirurgischen Entfernung oder jenem des pharmazeutischen Gifts durch die Pille RU-486 überantwortet zu werden.
Jedes dieser Menschenleben, denen wir den legal den Tod zufügen, hat seine eigene, einzigartige und unwiederholbare chromosomische Struktur. Häufig, in diesem Fall nennen wird sie nicht mehr Embryonen, sondern Föten, haben sie bereits Gesichtszüge und ein Antlitz, sei es nun nach dem Ebenbild Gottes oder nicht, das zu entscheiden, überlassen wir dem individuellen Gewissen einer jeden Person.
Manchmal, so geschehen vor kurzem in Florenz, überleben diese Personen die Abtreibung, schaffen es dann aber nicht, obwohl sie sich mit all ihrer Kraft anstrengen, sie unterliegen nach einer gültigen Taufe und werden in aller Stille beerdigt.
Die Todesstrafe, über deren virtuelles Moratorium man sich jetzt freut, kennt zwei Formen: jene, die auf ein gerechtes Gerichtsverfahren folgt oder jene, die auf eine Stammesjustiz, einschließlich der Sharia, zurückgeht. Das sind natürlich zwei verschiedene Dinge.
Aber unser gutes Gewissen veranlaßt uns, uns selbst zu beglückwünschen, weil wir keinen Unterschied machen und aus prinzipiellen Gründen die Todesstrafe (jede legale Hinrichtung) ablehnen, ohne auf die Gründen zu schauen, die in manchen Fällen, in vielen Fällen, darin bestehen, andere getötet zu haben.
Gut, vielmehr schlecht. Eine Milliarde und mehr Abtreibungen, die durchgeführt wurden, seit die Rechtsordnungen den berühmten „Schwangerschaftsabbruch“ zulassen, betreffen Personen, die vor dem Gesetz völlig unschuldig sind, die sich nie etwas zuschulden kommen haben lassen, die gezeugt und zerstört wurden durch die bloße Macht von Wunsch und Verlangen, den Wunsch, Kinder zu haben und sie zu lieben und den Wunsch, sie nicht zu wollen und sich selbst bis zu einem solchen Punkt zu hassen, daß man sich selbst der Liebe amputiert.
Das ist der größte Skandal unserer Zeit, eine katastrophale Wunde, die bis in das Innerste die Fäden und den möglichen Zauber der modernen Gesellschaft zerreißt.
Darüberhinaus ist dieser Skandal in vielen Teilen der Welt, in der die selektive Abtreibung nach dem Geschlecht oder nach genetischen Gesichtspunkten praktiziert wird, ein ideologisches Meisterwerk des Rassismus, der im Gleichschritt mit den eugenischen Kräften marschiert.
Freuen wir uns also, erhebet die Herzen, und nachdem wir das Kleine Moratorium vorangebracht haben, laßt uns nun das Große Moratorium gegen das Blutbad an Unschuldigen voranbringen.
Wir akzeptieren Spott, denn die guten Gewissen verstehen die Waffe des Sarkasmus besser zu gebrauchen als die schlechten Gewissen. Wir akzeptieren aber auch Zustimmung zu einem Appell, der für sich selbst spricht, aufklärerisch, mit der absoluten und wahrhaften Evidenz der Fakten, Erfahrungen und der Vernunft.
Der Appell erschien in Il Foglio am 19.12.2007