- Hand in Hand auf Abwegen
von Rudolf Willeke
Die beiden Bücher tragen den programmatischen Titel: „Hört die Stimme des Herzens – Werdet Priesterinnen und Priester der kosmischen Wandlung“ und „Auf dem Wege des Zen – Als Christ Buddhist“ 2007. Beide werden von Kösel verlegt und beide Autoren, Sr. Pia Gyger vom Sankt Katharinen-Werk (ktw), Basel bzw. P.Niklaus Brantschen SJ gehören zusammen mit Sr. Anna Gamma (ktw), P. G. Kohler SJ, Dr. P. Widmer und E. Egloff zum Zen-Meditationsteam des jesuitischen Lassalle-Hauses in Bad Schonbrunn, Nähe Zuger See.
Dieses Bildungszentrum der katholischen Schweiz versteht sich heute als „Zentrum für Spiritualität, Dialog und Verantwortung.“ Es beschäftigt 60 Dozenten. An etwa 150 Tagen des Jahres werden Exerzitien in gruppendynamischen Formen angeboten. An weiteren 150 Tagen (6–8 Std. täglich) gibt es Zen-Meditationen in vielen Varianten: „wie Sie tiefer zur eigenen Mitte kommen“ können. An weiteren 70 Tagen wird „Kontemplation“ angeboten und praktiziert, bzw. das, was als Kontemplation ausgegeben wird, nämlich tiefenpsychologische Kontemplation nach G.G. Jung oder Heilfasten nach „Feng Shui.“
Mit den Za-Zenkursen unter Anleitung von hochqualifizierten „autorisierten Zen-Lehrmeisterinnen“ und „Dharma-Missionaren“ will das Lassalle-Haus der „großen Nachfrage nach spiritueller Erfahrung“ optimal entsprechen und dazu beitragen, daß die Kursteilnehmer „Einheit mit allem Leben erfahren,“ Sinn finden, „zum wahren (!) Wesen erwachen“ und „Mitgefühl einüben.“
„Wieviel (interreligiösen) Dialog verträgt der Mensch?“ (Auf dem Wege des Zen, S. 19)
„Gibt es eine mehrkulturelle Identität?“ (Auf dem Wege des Zen, 23)
Sr. Pia Gyger (geb. 1940) nennt sich Psychologin, Therapeutin sowie Sozial- und HeiIpädagogin. Sie stellt sich als Ordensmitglied des St.-Katharinen-Werkes (ktw) vor, das den Auftrag hat, dem Gelübde treu zu sein und die Weihe an Gott mitten in der Welt zu leben.
Ihrem Selbstverständnis nach ist sie christliche Mystikerin, die den Weg zum Buddhismus, den Buddha-Weg (Hört die Stimmen des Herzens, S. 144–46) gefunden hat und als „autorisierte Zen-Meisterin der White Plum Sangha“ beschreitet. Als „Priesterin der kosmischen Wandlung“ führt sie Menschen zur kosmischen Religion, zum „Gott Erde“ (S. 133), zum „Kosmischen Christus“ (S. 27, 43, 113) über das „kosmische Bewußtsein.“ (S. 23)
Ihren spirituellen Weg beschreibt Sr. Pia ausführlich und nachvollziehbar. Sie verbrachte ihre Kindheit undJugendzeit in einer „streng katholischen“ Familie, ihre Taufpatin war eine katholische Nonne. 1967 trat sie dem Katharinen-Werk (ktw) bei und wurde in den 8oer Jahren mit der Leitung dieser Gemeinschaft betraut. Die damalige „katharinische Spiritualität“ erneuerte sie insbesondere im Bereich der Sexualität (S. 87). Unter dem Einfluß von P. Teilhard de Chardin, C.G. Jung und D. Steindl-Rast (OSB) wandelte sich ihre Weltsicht grundlegend vom „kreationistischen“ zum „evolutionistischen“ Welt- und Menschenbild. Teilhard de Chardin „entdeckte in der Evolution eine der Materie inhärente Drift zu Komplexifizierung und Höherentwicklung“ sowie das in „jeder Höherentwicklung liegende Prinzip der ‚integrierenden Vereinigung‘. Im Menschen erwacht das Universum zu sich selbst“, (S21). Alle Höherentwicklung baut auf der Stufe des Vorherigen auf: „die Anthropogenese fußt auf der Biogenese und diese wiederum auf der Kosmogenese“ (S.11).
Der heutige Mensch hat zwar die Stufen der Hominisation (Entstehung des Menschen) und der Humanisation (Menschwerdung) hinter sich, steht aber dennoch erst am Anfang seiner Entwicklung vom materiellen Sein zum universellen (kosmischen) Bewußtsein (S. 21), dem Bewußtsein vom Eins-Sein mit Allem.
Während ihrer ersten Studienjahre hatte Sr. Pia das „Glück, Teilhards Weltsicht kennenzulernen“, sie hält ihn für einen „begnadeten Naturwissenschaftler und Mystiker“ (S. 21,71). Dementsprechend groß ist ihre Dankbarkeit „für sein Leben.“
C.G. Jung, einst Schüler des Tiefenpsychologen S. Freud, später sein Rivale, war offen für die Anthroposophie und nahm an spiritistisch-okkultistischen Seancen teil. Jung vertritt die NewAge-Weltsicht von der Ablösung des (christlichen) „Zeitalters des Fisches“ durch das „Zeitalter des Wassermannes“ und vom Fortschreiten der Evolution. (C.G. Jung, Antwort auf Hiob). Neben Teilhard de Chardin und C.G. Jung hatte auch der Benediktinerpater D. Steindl-Rast (OSB) auf die Wandlung der Weltanschauung Sr. Pias Einfluß.
Sein Name taucht auf, wenn es um NewAge, um One World, um Weltbürgerschaft und UN-Einheitsreligion geht. Er wird als herausragender Mitarbeiter des ESALEN-Instituts, Big Sur (Kalifornien) angesehen.
ESALEN gilt als „Think-Tank“, als „Hohe Schule“ und Treffpunkt für NewAge-Denker, für Gruppenexperimente des „Human Potential Movements“ (Hört die Stimme des Herzens. S. 23) und für Förderung der Evolution des Bewußtseins, der Bewußtseinserweiterung, anders ausgedrückt: das Ausstiegs aus dem rationalen Denken und des Umsteigens auf transrationales (kosmisches) Denken bzw. auf transpersonale Psychologie.
D.Steindl-Rast referiert in NewAge-Bildungszentren, er ist im Beirat der „Planetary Citizens“ zu finden. Ferner ist er Berater des „Temple of Understanding“, New York, er hat einen Sitz im Kuratorium der neugegründeten „Friedensuniversität Potsdam“ und er gehört zur „Findhorn-Gemeinschaft,“ die unter Eingeweihten als „Vatikan der NewAge-Bewegung angesehen wird. Als einer der führenden NewAge-Theologen schrieb P.Steindl-Rast (Wendezeit des Christentums) z.B.
„Und dann kam es zum Zweiten Vatikanischen Konzil 1962–1966. Das drückte der Suche nach einem neuen theologischen Paradigma ein amtliches (päpstliches) Siegel auf und schuf eine gemeinsame Grundlage, oder die Saat eines neuen Paradigmas, das von da an allgemein akzeptiert wurde… Doch werde heute in der theologischen Gemeinschaft weltweit jeder als rückständig gelten, der sich nicht zumindest in die Richtung dessen bewegt, was wir hier das neue Paradigma (!) nennen.“
Steindl-Rast ist offenkundig davon überzeugt, daß (fast) alle Theologen dem neuen (evolutionistischen, unchristlichen) Denkmuster folgen.
Wenn Steindl-Rast von „Wendezeit des Christentums“ redet, spricht er Worte des Abschieds, meint er die Wende zum Wassermann-Zeitalter, meint er das Zeitalter nach dem Tode Gottes (Nietzsche).
Sr. Pia Gyger kehrt dem christlichen Welt- und Menschenbild den Rücken, sie verabschiedet sich vom Schöpfer-Gott, von der Schöpfungstat, vom (biblischen) Schöpfungsbericht und „konvertiert“ zum (gottlosen) Evolutionismus, zum Werden der Welt, der Natur, des Lebens und des Menschen aus dem Ur-Knall, aus dem Zufall, aus Mutation und Selektion, aus der Selbstorganisation und Höherentwicklung.
Doch sie befreit sich auch vom evolutionistischen Paradigma, um sich ohne lebensgeschichtliche Hypotheken dem buddhistischen Denken zuzuwenden, um den „Buddha-Weg“ (S. 144 ff) zu beschreiten. Durch ihre Begegnung mit dem Jesuitenpater und Zen-Lehrer Hugo Enomiya Lassalle, dem „Brückenbauer“ zwischen Ost und West – Buddhismus und Christentum – wurde sie in Japan und auf Hawaii in jahrelangem, „tiefen und anspruchsvollen Erfahrungsdialog mit buddhistischen Freundinnen und Freunden“ zur Buddhistin fortgebildet, gewandelt. 1996 erhielt sie von offizieller Seite die „Zen-Lehrbefugnis,“ verbunden mit dem buddhistischen Namen One Ground. Drei Jahre später, 1999 bekam sie die sogenannten Höheren Weihen, sie wurde zur „autorisierten Zen-Meisterin der White Plum Sangha“ ernannt und erhielt den „Dharma-Namen“ Jinji.
Ihren drei buddhistischen Meistern Yamada Roshi, Aitken Roshi, Glassmann Roshi sowie P. Lassalle SJ fühlt sie sich zu „großer Dankbarkeit“ verpflichtet (S. 12), weil diese sie zur Zen-Meisterin „ermächtigten.“ Das Schönbrunner Exerzitienzentrum trägt seinen Namen: Lassalle-Haus.
Von der Zen-Missionarin wandelt sich Sr. Pia letztendlich ohne Probleme zur „Priesterin der kosmischen Wandlung,“ zur Missionarin und Erzieherin der Neuen Schöpfung (S. 28), zur „Religion der Erde.“
Ervin Laszlo, dem das Privileg zufiel, für die Bekenntnisschrift Sr. Pias das Vorwort zu verfassen, bestätigt den politischen Charakter der kosmischen Religion der Erde. E.Laszlo gehört zu den Eminenzen des NewAge-Netzwerks. Nach seinen „Lehr- und Wanderjahren“ in Mission des Club of Rome, der Vereinten Nationen und des Club of Budapest war er Leiter der Finanzen der Planetary Citizens, Beiratsmitglied der Friedensuniversität Potsdam und der UNESCO. Er hat sich als Rektor der Akademie für Zukunftsfragen, Wien und als Gründer der European Academy of Evolutionary Management and Applied Studies, Fulda einen Namen gemacht.
E. Laszlo ist seit Anfang der siebziger Jahre der festen Überzeugung, daß der „kritische Faktor, die jetzt anstehende Transformation (!) zu einem guten Ende zu führen, in der Evolution unseres Bewußtseins liegt.“ Eine tiefgreifende (!) Transformation der Bürger und der Welt ist notwendig. Sr. Pias Buch zeige, daß die „christliche Mystik einen sinnvollen und wahrhaftigen Weg offenbart, um zu jener Evolution des Bewußtseins zu gelangen, die es der Menschheit ermöglichen würde, zu einer friedlicheren, freudvolleren (!) und nachhaltigeren Welt zu finden.“
Nur durch die „Evolution des Bewußtseins“ können wir die „potentielle Katastrophe in einen strahlenden Triumph verwandeln und die Evolution der menschlichen Zivilisation fortsetzen und fördern“
Durch „besseres Denken, Leben und Handeln“ sollen die Menschen befähigt und motiviert werden, „Jede Form von Leben auf der Erde (zu) bewahren und (zu) achten.“ (S. 8 )
Bei einem Zen-Sesshin mit Pater Lassalle erfuhr Pia Gyger erstmalig das „Gefühl des wortlosen ‚In-Christus-Seins‘.“ In diesen Zustand ist sie durch „bewußte Konzentration auf den Atem, durch Bewußtseinsreinigung und Bewußtseinsentleerung“ eingetreten.
In den 10 Jahren der Zen-Meditationen mit Lassalle veränderte sich das Gebetsleben Sr. Pias und die Worte „Kosmischer Christus“ und „Christuswirklichkeit“ breiteten sich in ihr aus. Die Christuswirklichkeit erschloß sich mir in jeder Blume, in jedem Stein, in jedem Atom.“ Sie lehrt heute, daß der „Weg nach innen zum wahren Kern“ nicht in einer wohlbehüteten Innerlichkeit endet, sondern nur den halben Weg darstellt. „Der Weg nach innen endet auf dem Marktplatz des Alltags, der in der Zeit der Globalisierung kosmisch groß geworden ist. (Programmheft des Lassalle-Hauses, Heft 32)
Eine ihrer Meditationen leitet sie mit folgendem Impuls ein: „Wiederholen Sie auf mantrische (!) Art und Weise das Wort: ich bin das kosmische Kreuz“, „Spüren Sie nach, was dieses Mantra in Ihnen auslöst und was es bewirkt“, „Halten Sie die empfangenen Impulse auf einem Blatt fest damit die Botschaft für den Alltag fruchtbar wird“, (S. 28).
Sie selbst als Meditations-Leiterin und Lehrerin- der kosmischen Religion empfängt ihre Botschaften, Intuitionen, Inspirationen und Weisungen in Träumen oder unmittelbar „von der Erde.“ Diese zeigen ihr, daß „sich nicht nur der Mensch, sondern auch die Erde in einem Wandlungsprozeß zur ‚Lichtmaterie‘ befindet:
„Ich bin auserwählt, die Lichtmaterie hervorzubringen. Nimm an Deine Auserwählung, den in dir schlummernden Samen der Lichtmaterie zu wecken… Werde Licht. Sei neue Schöpfung.“ (S. 157)
Diese „Informationen der Erde“ ermutigen Sr. Pia/Jinji zu „sehr ungewohnten Fragen:
„Wie wäre es, wenn wir Menschen in eine Art Lichtkörper hineinmutierten, der dem verklärten Leib von Jesus ähnlich ist?“ (S. 158)
„Wieviel (interreligiösen) Dialog verträgt der Mensch?“ (Auf dem Wege des Zen., S. 13)
„Gibt es eine mehrkulturelle Identität?“ (S.23)
„Heute religiös sein heißt interreligiös sein.“ (S. 65)
Es drängt sich der Eindruck auf, Zen-Meisterin Jinji lasse sich weniger durch die Spiritualität des Buddhismus als durch den Ungeist des Spiritismus inspirieren, wenn sie etwa zum Ausdruck bringt: „Probleme bekam ich erst dann wieder, als es anfing, aus mir herauszuschreiben (…) plötzlich schrieb es einen Text in einer mir nicht vertrauten Diktion (…) irgendwann setzte ich mich hin und ließ es schreiben.“ (Pia Gyger, Maria – Tochter der Erde, Königin des Alls, S. 83)
Pater Niklaus Brantschen SJ (Jahrg.1937) schildert seinen Weg von den Ignatianischen Exerzitien zum Zen sowie sein Selbstverständnis als christlicher Buddhist, der als Jesuit die „Unterscheidung der Geister“ (Markenzeichen jesuitischer Identität) lebt und lehrt (S. 64).
Er wuchs mit sechs Geschwistern in einer gottesfürchtigen Familie in Randa (Schweizer Wallis) und in einem frommen katholischen Milieu inmitten einer Schar von Cousins und Cousinen mit Maiandachten und Prozessionen auf. In der Retrospektive erscheint ihm dieser Katholizismus als „Legalismus, Moralin und Angst.“ (S. 33).
Nach seiner Gymnasialzeit entscheidet er sich aus innerer Überzeugung für den Iesuiten-Orden. Mit 22 Jahren tritt er in Fribourg in den Orden ein, dessen unermeßlichen spirituellen Reichtum er schätzen lernt (S. 35). Das Philosophie-Studium führt ihn nach Pullach, wo er nicht nur studierte, sondern „durchaus gelebt hat.“ Es folgen drei praktische Jahre als Erzieher im Internat des Kollegs „Stella Matutina“, Feldkirch in Vorarlberg. Stationen seiner weiteren theologischen Ausbildung sind die Jesuiten-Hochschule bei Lyon, die Universitäten Tübingen ‑damalige Hochburg evangelischer und katholischer Theologie mit Käsemann, Jüngel, Moltmann, Kasper, Küng, Bonhoeffer ‑und München (S. 45).
Von seiner Priesterweihe und seinem Leben als Priester erfährt der Leser nichts oder wenig. Nur der Klappentext stellt
ihn als „Jesuit, Priester, autorisierten Zen-Meister und Begründer des Lassalle-Hauses“ vor.
Um 1976 kreuzte sich der Weg des „gebetslosen Jesuiten“ mit dem Wege des Zen, während eines Japan-Aufenthaltes bei P. Lassalle SJ in Shinmeikutsu(Japan), zu Deutsch: in der „Höhle des göttlichen Dunkels“ (S. 51). Hier konnte er erstmalig erfahren, daß konsequentes üben von Zen bei den Großen Exerzitien hilfreich sein kann (S. 57).
Von Lassalle wurde P. Brantschen an Yamada „weitergereicht.“ Zen-Meister Yamada Roshi lehrte ihn wie später auch Sr. Pia Gyger, daß das „intensive Bemühen im Zen“ und die „Gnade Gottes“ keinen Gegensatz darstellen. In diesem sesshin fand P. Brantschen seinen Meister, erfuhr er die „Initiation“ in den Buddhismus (S. 68), wurde er, wie Ignatius am Cardoner, „ein anderer Mensch,“ der alles in einem „neuen Licht“ sieht (S. 64), wechselte er seine christliche gegen seine buddhistische Identität aus, ohne wie Sr. Pia den Umweg über den Evolutionismus zu gehen. In dieser Zen-Gruppe saß er neben P. Willigis Jäger (Abtei Münsterschwarzach), der seitdem zusammen mit P. Wunibald Müller und P. Anselm Grün im Recollectio-Haus und Benediktshof (Holzkirchen) die „kosmische Religion“ verkündet, die „keinen Erlöser kennt“ (vgl. Thomas Wittstadt, Diese kosmische Religion kennt keinen Erlöser, in Theologisches 8/9 2003) – nur die Selbsterlösung des Menschen. In dieser kosmischen Religion graduieren wir „vom Kind Gottes zur Partnerin und Partner Gottes,“ die/der „sein Werk der Heilung und Erlösung aktiv mitgestaltet. (S. 134).
Nach zahlreichen weiteren Aufenthalten in Japan mit ungezählten sesshins und zahllosen Begegnungen mit buddhistischen Freunden, Weisen und Äbten erhält P. Brantschen „tief betroffen“ von Yamada „ein Testament, ein Vermächtnis“, nämlich das „volle Vertrauen“ und die Ermächtigung, Zen zu lehren, verbunden mit dem(buddhistischen) Namen Gu un Ken (Wolke der Erleuchtung).
Im Januar 1999 erhält er zusammen mit Sr. Pia Gyger in einer „denkwürdigen Feier“ in New York von Glassmann Roshi
Inka (Siegel der Bestätigung), die höchsten Weihen, zum „autorisierten Zen-Meister der White Plum Sangha“ (S. 195)
sowie den Dharma-Namen Jinshu verliehen (Progrannheft, S. 10).
Inka und Dharma-Name gelten als äußeres Zeichen der Ermächtigung, die „alten Schule“ Kyodan und White Plum Sangha als „Lassalle-Linie“ weiterzuführen.
Zuvor wird er noch von Yamada in die drei Kostbarkeiten des Zen-Buddhismus: Buddha (das Absolute), Dharma (die phänomenale Welt) und Sangha (die Verbindung von beiden), die zu verehren sind, eingeführt (S. 151).
Zen ist nach Zen-Meister Gu un Ken/Brantschen „die Kunst des klaren Blicks“ (S. 198), ist die Erfahrung der „Einheit“ von allem, was ist und von dem, was nicht ist, also von „Leere“. Aber „Leere“ ist nicht mehr als ein großes Wort, im Zen treten Gedanken und Ideen, Vorstellungen und Pläne zurück, sie machen den Weg frei, „im Veränderlichen das Unveränderliche, im Wandel das Beständige, im ganz Konkreten das Unendliche, die ‚Leere-Unendlichkeit‘ , zu erfahren.“ (S. 134)
Es empfiehlt sich, wie Kinder oder wie Tiere, aber auf menschliche Weise Zen zu praktizieren: „Wir sollen ganz leerwerden, das ist die Voraussetzung für Einheitserfahrung.“ (S. 116–17). Zen-Meister Yamada lehrt, daß der Koan voll von Leeren von Nichts sei, jedem logischen Denken fern, fremd und unzugänglich. Aber die (sinnliche) Erfahrung der Einheit mit dem Nichts führt zur Erleuchtung. Nur Zen befähigt, „die Welt als Einheit zu sehen und uns in ihr auf nachhaltige Weise zu engagieren.“ (S. 135)
„Leere“ und „Gott“ meinen zwar Ähnliches, Zen ist aber keine Religion, es (Zen) könne sich aber mit allen Religionen verbinden.
Für P. Brantschen führt der Weg des Zen zu der Erfahrung, daß das „intensive Bemühen im Zen“ sich mit der „Gnade Gottes“ vereinbaren lasse, keinen Gegensatz darstelle (S. 68). Er entschließt sich um 1976, das Zen und seine kulturellen Hintergründe kennenzulernen, um später (in der Schweiz) an der Brücke zwischen christlicher Spiritualität und Spiritualität des Zen mitbauen zu können, um das Wesen des Zen für den Menschen des 21. Jahrhundert fruchtbar zu machen (S.126) und zu erfolgreichen politischen Aktionen zu motivieren.
Die Jahre zwischen 1976 und 1988 erlebt Brantschen als „dichte Zeit der Initiation“, es reift in ihm die Bereitschaft, seinerseits Zen zu vermitteln (S. 153), den Dialog zwischen Buddhismus und Christentum zu führen, um damit den Aufbau einer f riedvollen und geeinten Welt zu fördern.
Seit 1988 bekennt sich der Jesuit Brantschen /Gu un Ken als Christ, er feiert die Hl. Messe und erhebt die Hostie im „Wissen, wie in dieser Scheibe Brot die beiden Wirklichkeitsaspekte – die ganz konkrete Welt und die Welt der Leere – einswerden und wie alle Fragen bezüglich der Begegnung Zen – Christentum wegfallen.“ (S. 143)
Als autorisierter Zen-Meister versinkt er in tiefe (buddhistische) Meditation der Leere-Unendlichkeit und huldigt Buddha (das Absolute) und Buddha der Barmherzigkeit mit Gebet und Weihrauch. (S. 179, 183)
In der radikalen Meditation begegnen sich nicht nur Christen und Buddhisten, „hier, eben jetzt begegnet sich Christus mit Buddha – und die beiden verstehen sich.“ (S. 183)
Da N. Brantschen „im Zen eine direttissima“ für Handeln aus einem veränderten, umfassenderen Bewußtsein entdeckt hat (S. 204), entscheidet er, daß Zen zukünftig im Lassalle-Haus nicht das Problem sein, sondern mehr und mehr zur Lösung des Problems beitragen soll. (S. 80)
Er beläßt es also nicht bei der tiefen Meditation, (bei der Leere, dem Nichts), er setzt mit Energie das Zen als Methode
gegen den Willen vieler Ordensmitbrüder durch und wandelt das „tradititonsreichste Exerzitienhaus der Schweiz“ in ein Meditations-Zendo – Lassalle-Haus – für buddhistische Spiritualität, interreligiösen Dialog und Verantwortung vor der „Erde“ um, in ein Institut für transreligiöses, kosmisches Denken, sozialpolitisches Bewußtsein, für die EINE WELT und die EINE RELIGION und die Umerziehung.
Die Frage lautet: „Wie kann man ganz ernst machen mit der eigenen Religion und die anderen voll bejahen?“ „Kann man transreligiös werden?“ Die Frage stellen heißt, sie verneinen.“ (S. 102)
Rudolf Willeke, verh., zwei Kinder, Studium der Wirtschaftswissenschaften und Pädagogik in Frankfurt und München. Studium Praktische – und Rechtsphilosophie, Psychologie in Münster.