(Potsdam) Das brandenburgische Bildungsministerium hat am Mittwoch den Antrag einer Elterninitiative zur Gründung eines Jungengymnasium abgelehnt. Rund ein Drittel der Eltern sind Mitglieder von Opus Dei. Ein Jungengymnasium widerspreche dem gesetzlichen Grundsatz einer gemeinsamen Unterrichtung von Jungen und Mädchen, teilte das Ministerium mit. Auch die Stadt Potsdam hatte sich gegen das Jungengymnasium ausgesprochen.
„Wir bedauern, daß dem Ministerium der Mut zu einer zukunftsweisenden Entscheidung gefehlt hat. Die Chance, die Vielfalt und Toleranz im Schulangebot zu erhöhen, wird verpaßt“, erklärte der Vorsitzende der „Initiative Freie Schulen Brandenburg e.V.“ Christoph Rüssel. „Inzwischen verstehen wir uns immer mehr auch als Anwalt für die vielen Eltern und Kinder, die diese Schule ausdrücklich wünschen und uns gebeten haben, nicht aufzugeben. Wir werden uns weiter für ihre Rechte und ihre Wahlfreiheit einsetzen.“
Ein reines Jungen- bzw. Mädchengymnasium dient dazu, den entwicklungsspezifischen Besonderheiten von Schülern und Schülerinnen gerecht zu werden und für beide Geschlechter eine optimale Bildung zu gewährleisten. „Diese Entscheidung des Bildungsministeriums übergeht das grundgesetzlich verbürgte Elternrecht, alternative Schulformen für ihre Kinder zu wählen, wie es in anderen Bundesländern in über 100 Jungen- und Mädchengymnasien mit Erfolg praktiziert wird,“ erklärte Rüssel.
Entscheidung juristisch nicht haltbar
Der Verwaltungsjurist Professor Ulrich Häde von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), bezweifelte gegenüber dem Focus die Stichhaltigkeit der Ablehnung. Das Gebot der Koedukation gelte nicht für private Schulen. Das Schulgesetz beschränke die Anwendbarkeit auf Schulen in öffentlicher Trägerschaft. „Jedenfalls aus diesem Grund dürfte die Genehmigung für eine private Mädchen- oder Jungenschule nicht versagt werden“, sagte Häde. „Eine Schule kann auch dann Ersatzschule sein, wenn sie von dem für staatliche Schulen geltenden Koedukationsgrundsatz abweicht. Einen Verfassungsverstoß sehe ich darin nicht.“
Merkwürdige „Konkurrenz“ aus Berlin
Überrasschend möchte jetzt das Erzbistum Berlin ein Gymnasium in Potsdam eröffnen, allerdings für Jungen und Mädchen. Dafür wird die geplante Eröffnung einer katholischen Grundschule um ein Jahr verschoben.
Siehe auch:
Erziehungstrend
(JF)