Lexikon für Dialog der Religionen


Ein Lexi­kon für den christ­lich-isla­mi­schen Dia­log wird der­zeit von der Münch­ner Eugen-Biser-Stif­tung in Zusam­men­ar­beit mit der isla­misch-theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Anka­ra erar­bei­tet. Das Nach­schla­ge­werk soll zunächst in Deutsch, dann auch in Eng­lisch und Tür­kisch erschei­nen. Die nach einem bekann­ten Münch­ner Theo­lo­gen benann­te Stif­tung setzt sich, abge­se­hen von der Pfle­ge und Ver­brei­tung von Bisers Lebens­werk, für inter­kon­fes­sio­nel­le und inter­re­li­giö­se Ver­stän­di­gung ein. Ein Gre­mi­um deut­scher und tür­ki­scher Theo­lo­gen, Reli­gi­ons- und Islam­wis­sen­schaft­ler bear­bei­tet nun für das Nach­schla­ge­werk Begrif­fe wie Jihad, Scha­ria, Gewis­sen, Men­schen­wür­de, Tole­ranz und Reli­gi­ons­frei­heit. „Das jewei­li­ge reli­giö­se Selbst­ver­ständ­nis soll dabei eben­so auf­ge­zeigt wer­den, wie die Unter­schie­de zwi­schen den Reli­gio­nen“, erklärt der Theo­lo­ge und Phi­lo­soph Pro­fes­sor Richard Heinz­mann, Stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des  Stif­tungs­rats und Her­aus­ge­ber des Lexi­kons. Das Pro­jekt begann vori­gen Spät­som­mer. Inzwi­schen liegt eine Liste von 1000 Begrif­fen vor, für die nun Defi­ni­tio­nen erar­bei­tet wer­den. Damit soll eine Grund­la­ge für den christ­lich-isla­mi­schen Dia­log geschaf­fen wer­den. Nach zwei inter­re­li­giö­sen und inter­kul­tu­rel­len deutsch-tür­ki­schen Sym­po­si­en, im Okto­ber 2005 in Anka­ra und im Mai vori­gen Jah­res in Mün­chen, sahen Heinz­mann und sei­ne Kol­le­gen die drin­gen­de Not­wen­dig­keit einer sol­chen Basis­in­for­ma­ti­on für das wech­sel­sei­ti­ge Verständnis.

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Mit der Sym­po­si­en­rei­he, auch in Koope­ra­ti­on mit der isla­misch-theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Anka­ra, hat die Stif­tung den christ­lich-isla­mi­schen Dia­log auf eine wis­sen­schaft­li­che Ebe­ne gebracht. Bei jeder der Begeg­nun­gen refe­rie­ren jeweils fünf mus­li­mi­sche und fünf christ­li­che Theo­lo­gen. Bei dem inter­re­li­giö­sen Aus­tausch geht es der Stif­tung nicht nur um Begeg­nung und Gespräch, son­dern um ein kon­kre­tes gesell­schafts­po­li­ti­sches Ergeb­nis, wie Heinz­mann bestä­tigt: „Das prak­ti­sche Ziel ist letzt­lich die Inte­gra­ti­on der 3,5 Mil­lio­nen Mus­li­me in Deutsch­land.“ Die Moti­va­ti­on, den inter­re­li­giö­sen Aus­tausch auf wis­sen­schaft­li­cher Ebe­ne zu suchen, begrün­det er so: „Im Dia­log wur­de uns immer wie­der ent­ge­gen­ge­hal­ten, wir kenn­ten den Koran nicht. So such­ten wir Kun­di­ge, auf die wir uns spä­ter beru­fen kön­nen“. So wer­den alle Vor­trä­ge, die deut­schen wie die tür­ki­schen, publi­ziert. Heinz­mann und sei­ne Kol­le­gen haben zudem gezielt Wis­sen­schaft­ler gesucht, die bereit sind, „den Koran histo­risch-kri­tisch zu lesen“, was bei den Wis­sen­schaft­lern der Uni-Fakul­tät in Anka­ra der Fall ist. Dar­über hin­aus set­zen sich die­se dafür ein, die aka­de­mi­sche Aus­bil­dung für isla­mi­sche Reli­gi­ons­leh­rer und Vor­be­ter als ver­pflich­tend durch­zu­set­zen: „Aller­dings gibt es in der Tür­kei 28 isla­misch-theo­lo­gi­sche Fakul­tä­ten, die ganz unter­schied­li­che Ansät­ze haben“, räumt Heinz­mann ein.Inzwischen ist ein Band mit den Refe­ra­ten der ersten Ver­an­stal­tung in der Rei­he in der Tür­kei erschie­nen, der bald auch in Deutsch­land her­aus­kommt. Dar­in geht es um die Vor­stel­lung von Men­schen­wür­de in bei­den Reli­gio­nen. „Der Begriff konn­te nicht wört­lich ins Tür­ki­sche über­setzt wer­den.“ Die Tür­ken hät­ten sonst unter ‚Men­schen­wür­de’ ‚Ehre des Men­schen’ ver­stan­den. Den­noch gebe es in der isla­misch-tür­ki­schen Vor­stel­lung einen Begriff von Men­schen­wür­de, der mit dem Christ­lich-Abend­län­di­schen inhalt­lich über­ein­stim­me. Beim zwei­ten Sym­po­si­um, bei der es um das Ver­hält­nis von Glau­be, Reli­gi­on und Staat ging,  zeig­ten sich hin­ge­gen Unter­schie­de. „Bei der Reli­gi­ons­frei­heit gibt es in der prak­ti­schen Ver­wirk­li­chung noch Defi­zi­te“, fasst Heinz­mann das Ergeb­nis zusammen.

Bei der näch­sten Tagung der Wis­sen­schaft­ler, die im Mai in Anka­ra statt­fin­det, wird das Ver­hält­nis von Gewis­sen, Glau­be und Gehor­sam beleuch­tet. Das Beson­de­re im Chri­sten­tum sei, daß das Gewis­sen als ober­ste Instanz gel­te. „Im Islam ist dage­gen der Gehor­sam die Grund­tu­gend“, sagt Heinz­mann. Mit Hil­fe der Ver­an­stal­tungs­rei­he soll letzt­lich auf­ge­zeigt wer­den, daß der Islam „aus sei­ner reli­giö­sen Tra­di­ti­on her­aus“ demo­kra­tie­fä­hig sei.

Michae­la Koller

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