Vor 75 Jahren unterzeichneten der „Duce“ Benito Mussolini und Kardinals-Staatssekretär Pietro Gasparri in Rom die Lateranverträge. Der Katholizismus wurde zur Staatsreligion und der Kirchenstaat wurde für die durch die italienische Einigung 1870 erlittenen Gebietsverluste entschädigt. Der Vatikan erhielt die volle Souveränität. Mit einer Fläche von nur rund 44 Hektar im Herzen Roms ist er bis heute der kleinste Staat der Welt. Heute wurde dies gefeiert. Der Festakt fand in der italienischen Botschaft beim Heiligen Stuhl statt – dieses Jahr in einer angespannten politischen Situation. Der Partnerschaftsgesetzesentwurf „DICO“ der Regierung Prodi trübt derzeit die Beziehung zur Kirche und insbesondere zur italienischen Bischofskonferenz.
Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichts und emeritierte Professor für Kirchenrecht, Cesare Mirabelli, erläutert, welche Bedeutung das Konkordat bei Konflikten zwischen kirchlichen Würdenträgern und Politikern hat.
„Das Konkordat ermöglicht es, Konflikte zwischen dem Staat und der Kirche von vornherein zu umgehen. In der Vergangenheit gab es aber immer wieder Spannungen. Diese Konflikte haben dann gezeigt, daß die Lateranverträge wichtig sind. In den Verträgen steht auch, dass es Konflikte geben kann, wie beispielsweise in ethischen Fragen. Denn dort muss sich die Kirche in staatlichen Angelegenheiten einmischen.“
Nun haben italienische Politiker die Bischöfe bei der Diskussion zu „DICO“ scharf kritisiert und die Äußerungen der kirchlichen Oberhäupter als „unerlaubte Einmischung“ bezeichnet. In diesem Fall hebt Professor Mirabelli neben den Lateranverträgen auch die italienische Verfassung hervor, in der ebenfalls wichtige Elemente für die Beziehung zwischen Staat und Kirche geregelt sind:
„Die italienische Verfassung garantiert der katholischen Kirche Freiheit. Das Konkordat hingegen betont die gegenseitige Anerkennung. Das bedeutet, daß eine Meinungsäußerung von kirchlichen Würdenträgern, die sich an das Gewissen ihrer Gläubigen richtet, immer möglich ist. Denn die freie Meinungsäußerung gilt auch für kirchliche Mitarbeiter.“
Text: Radio Vatikan