Priesterbruderschaft St. Pius X. erfreut und enttäuscht


von Jens Falk

Anzei­ge

P. Franz Schmid­ber­ger, Distrikt­obe­rer in Deutsch­land, ver­deut­licht im Mit­tei­lungs­blatt (Okto­ber­aus­ga­be) der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. die Kri­se der Kir­che und den Stand­punkt der Bru­der­schaft im inner­kirch­li­chen Kon­flikt zwi­schen dem Vati­kan und ihr.

Zunächst ein­mal ist die Prie­ster­bru­der­schaft höchst erfreut über das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum vom 7. Juli und fei­ert zum Dank 1000 Hl. Mes­sen. Gleich­zei­tig the­ma­ti­siert sie wei­ter die Pro­ble­me, die sich die Kir­che mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil selbst geschaf­fen habe.

Beson­ders pro­ble­ma­tisch ist für P. Schmid­ber­ger das Öku­me­nis­mus­de­kret des Kon­zils: „‚Der Hei­li­ge Geist habe sich gewür­digt, die ande­ren christ­li­chen Bekennt­nis­se als Mit­tel des Hei­les zu gebrau­chen (Unita­tis Red­in­te­gra­tio, 3;4)‘ (…) Ist etwa der Irr­tum ein Weg zur Wahr­heit, Schis­ma und Tren­nung ein Weg zur Ein­heit, die not­wen­di­ger­wei­se in Gott und in der vom fleisch­ge­wor­de­nen Gott gestif­te­ten Reli­gi­on liegt? Man geht sogar noch wei­ter und behaup­tet, die katho­li­sche Kir­che lebe und hand­le in die­sen ande­ren Bekennt­nis­sen. Die­se Aus­sa­ge ist eine neue Leh­re, wel­che der hl. Pau­lus ver­flucht hät­te (vgl. Gal. 1,8f). Das läuft dar­auf hin­aus zu sagen, die Wahr­heit lebe und wir­ke im Irr­tum, die Ein­heit in der Tren­nung und Spaltung. (…)

Wohl­ge­merkt, wir spre­chen von den ande­ren Bekennt­nis­sen, nicht von deren ein­zel­nen Gläu­bi­gen; der eine oder ande­re von ihnen mag sehr wohl im unüber­wind­li­chen Irr­tum und damit sogar mög­li­cher­wei­se in der hei­lig­ma­chen­den Gna­de ste­hen und so zur See­le der Kir­che gehö­ren, obwohl er äußer­lich von ihrem Leib getrennt ist.“

Mit die­sen Aus­sa­gen und der Kom­pro­miß­lo­sig­keit, wenn es um den katho­li­schen Glau­ben und den Abso­lut­heits­an­spruch der Wahr­heit geht, gehört die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zur Min­der­heit in der Kir­che, die den moder­ni­sti­schen Kurs nicht mitmacht.

In guter Gesellschaft

Jeden­falls kann sich P. Schmid­ber­ger bei sei­ner Posi­ti­on auf Papst Pius XI. (Rund­schrei­ben Mor­ta­li­um Ani­mos v. 6. 1. 1928) berufen:

„Durch die Erkennt­nis der Tat­sa­che, daß es nur sehr weni­ge Men­schen gibt, denen jeder reli­giö­se Sinn abgeht, glau­ben sie [die Libe­ra­len] sich zu der Hoff­nung berech­tigt, es wer­de sich bei aller Ver­schie­den­heit der Völ­ker bezüg­lich der reli­giö­sen Ansich­ten doch ohne Schwie­rig­keit eine brü­der­li­che Über­ein­stim­mung im Bekennt­nis gewis­ser Wahr­hei­ten als gemein­sa­mer Grund­la­ge des reli­giö­sen Lebens errei­chen las­sen. Zu die­sem Zwecke hal­ten sie vor einer zahl­rei­chen Zuhö­rer­schaft Kon­fe­ren­zen, Ver­samm­lun­gen und Vor­trä­ge, zu denen sie alle ohne jeden Unter­schied zur Aus­spra­che ein­la­den: Hei­den jeder Art und Chri­sten, und end­lich auch jene, die unse­li­ger­wei­se von Chri­stus abge­fal­len sind oder die sei­ne gött­li­che Natur und sei­ne gött­li­che Sen­dung erbit­tert und hart­näckig bekämpfen.

Der­ar­ti­ge Ver­su­che kön­nen von den Katho­li­ken in kei­ner Wei­se gebil­ligt wer­den. Sie gehen ja von der fal­schen Mei­nung jener aus, die da glau­ben, alle Reli­gio­nen sei­en gleich gut und lobens­wert, weil alle, wenn auch in ver­schie­de­nen For­men, doch glei­cher­ma­ßen dem uns ange­bo­re­nen und natür­li­chen Sinn Aus­druck geben, durch den wir nach Gott ver­lan­gen und uns sei­ner Ober­herr­schaft gehor­sam unter­wer­fen. Die Ver­tre­ter sol­cher Ansich­ten sind nun nicht nur in Irr­tum und Selbst­täu­schung befan­gen, son­dern sie leh­nen auch die wah­re Reli­gi­on ab, indem sie ihren Begriff ver­fäl­schen. Auf die­se Wei­se kom­men sie Schritt für Schritt zum Natu­ra­lis­mus und Athe­is­mus. Dar­aus ergibt sich dann ganz klar die Fol­ge­rung, daß jeder, der sol­chen Ansich­ten und Bemü­hun­gen bei­pflich­tet, den Boden der von Gott geof­fen­bar­ten Reli­gi­on voll­stän­dig verläßt. (…)

Dar­aus geht her­vor, ehr­wür­di­ge Brü­der, aus wel­chen Grün­den der Apo­sto­li­sche Stuhl nie­mals die Teil­nah­me der Sei­ni­gen an den Kon­fe­ren­zen der Nicht­ka­tho­li­ken zuge­las­sen hat. Es gibt näm­lich kei­nen ande­ren Weg, die Ver­ei­ni­gung aller Chri­sten her­bei­zu­füh­ren, als den, die Rück­kehr aller getrenn­ten Brü­der zur einen wah­ren Kir­che Chri­sti zu för­dern, von der sie sich ja einst unse­li­ger­wei­se getrennt haben. Zu der einen wah­ren Kir­che Chri­sti, sagen wir, die wahr­lich leicht erkenn­bar vor aller Augen steht, und die nach dem Wil­len ihres Stif­ters für alle Zei­ten so blei­ben wird, wie er sie zum Hei­le aller Men­schen begrün­det hat. Die mysti­sche Braut Chri­sti ist ja im Lau­fe der Jahr­hun­der­te nie­mals befleckt wor­den, und sie kann nie befleckt wer­den nach den schö­nen Wor­ten Cypri­ans: ‚Zum Ehe­bruch läßt sich die Braut Chri­sti nicht füh­ren, sie ist unbe­fleckt und züch­tig. Nur ein Haus kennt sie, die Hei­lig­keit eines Schlaf­ge­ma­ches bewahrt sie in keu­scher Scham‘. Die­ser hei­li­ge Mär­ty­rer wun­der­te sich des­halb auch mit Fug und Recht, wie jemand glau­ben konn­te, ‚die­se der gött­li­chen Festig­keit ent­stam­men­de und mit himm­li­schen Geheim­nis­sen eng ver­bun­de­ne Ein­heit kön­ne bei der Kir­che zer­ris­sen und durch den Wider­streit ein­an­der wider­stre­ben­der Mei­nun­gen auf­ge­löst wer­den‘. Der mysti­sche Leib Chri­sti, das ist die Kir­che, ist ja eine Ein­heit, zusam­men­ge­fügt und zusam­men­ge­hal­ten wie der phy­si­sche Leib Chri­sti, und so ist es unan­ge­bracht und töricht zu sagen, der mysti­sche Leib kön­ne aus getrenn­ten und zer­streu­ten Glie­dern bestehen. Wer mit dem mysti­schen Leib Chri­sti nicht eng ver­bun­den ist, der ist weder ein Glied des­sel­ben, noch hat er einen Zusam­men­hang mit Chri­stus, dem Haupte.“

Stel­lung der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. inner­halb der Kirche

Die Bischö­fe Mar­cel Lefeb­v­re und Antó­nio de Castro May­er weih­ten frei­lich ohne Erlaub­nis (Rom war nicht mit der Aus­wahl der Kan­di­da­ten ein­ver­stan­den) am 30. Juni 1988 vier Bischö­fe, aber die­se Wei­he wur­de mit einem kirch­li­chen Not­stand begrün­det. Papst Johan­nes Paul II. erklär­te zwar: „Jeder­mann soll­te klar sein, daß die for­mel­le Zustim­mung zu einem Schis­ma eine schwe­re Belei­di­gung Got­tes ist und die vom Kir­chen­recht erklär­te Stra­fe der Exkom­mu­ni­ka­ti­on mit sich bringt.“ Eine juri­di­sche Äuße­rung ver­mied jedoch der Papst .

Jeden­falls erklär­te der Kir­chen­recht­ler P. Gerald Murrey aus der Erz­diö­ze­se New York 1995:

„Ich habe ein Lizen­ti­at im Kir­chen­recht erhal­ten und die­ses The­ma, näm­lich die Exkom­mu­ni­ka­ti­on von Erz­bi­schof Lefeb­v­re, für mei­ne Arbeit stu­diert (…) Sie sind, soweit ich es erken­nen kann, nicht als Schis­ma­ti­ker exkom­mu­ni­ziert, weil der Vati­kan nie gesagt hat, sie wären es (…) Man kann (…) nach­wei­sen, daß Lefeb­v­re nie exkom­mu­ni­ziert war, und daher auch nie­mand sonst. (…) Ich kom­me zu dem Schluß, kir­chen­recht­lich gespro­chen, daß er nicht an einer durch das Kir­chen­recht straf­ba­ren schis­ma­ti­schen Tat schul­dig ist. Er ist schul­dig einer Tat des Unge­hor­sams gegen­über dem Papst, aber er voll­zog sie auf eine Art und Wei­se, die es ihm ermög­lich­te, eine Rechts­vor­keh­rung in Anspruch zu neh­men, die ihn vor der auto­ma­ti­schen (latae sen­ten­tiae) Exkom­mu­ni­ka­ti­on für die­se Tat bewahrte.“

Murrey wider­rief zwar auf mas­si­ven Druck sei­ne Fest­stel­lung, sein Wider­ruf weist aber kei­nes­falls die wis­sen­schaft­li­che Qua­li­tät auf wie sei­ne Erstausführung.

All­ge­mein wird nun ange­nom­men, Papst Johan­nes Paul II. habe mit sei­nem Motu Pro­prio Eccle­sia Dei die Exkom­mu­ni­ka­ti­on ausgesprochen:

„Die Tat als sol­che war Unge­hor­sam gegen­über dem Römi­schen Papst in einer sehr ern­sten und für die Ein­heit der Kir­che höchst bedeut­sa­men Sache, wie es die Wei­he von Bischö­fen ist, mit der die apo­sto­li­sche Suk­zes­si­on sakra­men­tal wei­ter­ge­ge­ben wird. Dar­um stellt die­ser Unge­hor­sam, der eine wirk­li­che Ableh­nung des Römi­schen Pri­mats in sich schließt, einen schis­ma­ti­schen Akt dar. Da sie die­sen Akt trotz des offi­zi­el­len Moni­tums voll­zo­gen, das ihnen durch den Kar­di­nal­prä­fek­ten der Kon­gre­ga­ti­on für die Bischö­fe am ver­gan­ge­nen 17. Juni über­mit­telt wur­de, sind Msgr. Lefeb­v­re und die Prie­ster Ber­nard Fel­lay, Ber­nard Tis­sier de Mal­ler­ais, Richard Wil­liam­son und Alfon­so de Galar­re­ta der schwe­ren Stra­fe der Exkom­mu­ni­ka­ti­on ver­fal­len, wie die kirch­li­che Dis­zi­plin vorsieht.“

Beach­tens­wert ist in dem Schrei­ben die Begrün­dung: Es läge ein schis­ma­ti­schen Akt vor. Die­ser lag aber wohl nicht vor. Auch heu­te noch erfül­len die Bischö­fe der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. wahr­schein­lich nicht die Bedin­gun­gen eines schis­ma­ti­schen Aktes. Der Vor­gang der Exkom­mu­ni­ka­ti­on bzw. des­sen Gül­tig­keit ist des­halb sehr fraglich.

Kar­di­nal Castil­lo Lara sag­te der Zei­tung La Repu­bli­ka am 7. Okto­ber 1988: „Der Tat­be­stand der Kon­se­kra­ti­on eines Bischofs, ohne päpst­li­che Erlaub­nis, ist in sich kei­ne schis­ma­ti­sche Handlung.“

Der Kir­chen­recht­ler Dr. Graf Neri Cap­po­ni äußer­te gegen­über dem Latin Mass Maga­zin (Aus­ga­be Mai-Juni 1993): „Er muß mehr tun. Hät­te er zum Bei­spiel sei­ne eige­ne Hier­ar­chie auf­ge­baut, dann wäre es ein schis­ma­ti­scher Akt gewe­sen. Tat­sa­che ist, daß Erz­bi­schof Lefeb­v­re ein­fach gesagt hat: ‚Ich wei­he Bischö­fe, damit mei­ne Wei­he­ge­walt erhal­ten bleibt. Sie neh­men nicht den Platz ande­re Bischö­fe ein, ich schaf­fe kei­ne Parallelkirche.‘ “

Das der Vati­kan eher die­ser Linie folgt wird zwar von vie­len Sei­ten äußerst ungern gese­hen, zeigt sich aber auch dar­in, daß im Vati­kan für die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. die Kom­mis­si­on „Eccle­sia Dei“ unter Darà­o Cas­tril­lón Hoyos und eben nicht der „Päpst­li­cher Rat zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten“ von Kar­di­nal Kas­per zustän­dig ist.

So wun­dert es auch nicht, daß der Prä­si­dent der Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei, Darà­o Cas­tril­lón Hoyos, am 8.2.2007 der deut­schen Zei­tung Die Tages­post sagte:

„Die Bischö­fe, Prie­ster und Gläu­bi­gen der Prie­ster­bru­der­schaft sind kei­ne Schismatiker.“

Und das ist kein Aus­rut­scher, son­dern glas­kla­re Linie:

„Msgr. Lefeb­v­re hat sich von der Wei­he bedau­er­li­cher­wei­se nicht abbrin­gen las­sen, und so kam es zu jener Situa­ti­on der Ablö­sung, wenn es sich auch nicht um ein for­mel­les Schis­ma han­delt.“ (Inter­view mit der Zeit­schrift 30Tage, Nov. 2005)

Dem Vati­kan bleibt kaum etwas ande­res übrig. Wenn die Exkom­mu­ni­ka­ti­on näm­lich gül­tig aus­ge­spro­chen wäre, läge die eigent­li­che Begrün­dung dar­in, daß Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re und sei­ne Anhän­ger voll und ganz in der kirch­li­chen Tra­di­ti­on ste­hen. Die Bischofs­wei­hen begrün­den sich in die­sem Anlie­gen und sind als not­wen­di­ges Bei­werk des gesam­ten Tuns von Lefeb­v­re zu sehen.

Der Vati­kan hät­te mit einer Exkom­mu­ni­ka­ti­on Lefeb­v­res und der Bischö­fe und der vol­len Ableh­nung der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zum Aus­druck gebracht, daß sich die Päp­ste (Johan­nes XXIII und Paul VI) mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil und den Fol­ge­er­eig­nis­sen außer­halb der kirch­li­chen Tra­di­ti­on posi­tio­niert hät­ten. Denn bis heu­te scheint die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. nicht ande­res zu tun als das, was Bischö­fe und Prie­ster bis dahin immer getan haben: Den wah­ren Glau­ben voll und ganz inner­halb der katho­li­schen Kir­che zu prak­ti­zie­ren und zu verteidigen.

Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil war im Übri­gen nach eige­ner Defi­ni­ti­on kein dog­ma­ti­sches Konzil.

Die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. hat der­zeit in Deutsch­land 38 Prie­ster und betreut 48 Kapellen.

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