(Vatikan) Nach der Ernennung eines neuen Prälaten der Vatikanbank IOR und der Einsetzung einer Untersuchungskommission durch Papst Franziskus sind der Generaldirektor Paolo Cipriani und der stellvertretende Generaldirektor Massimo Tulli zurückgetreten. Die zuständige Kardinalskommission hat den Rücktritt bereits angenommen. Sie beauftragte mit sofortiger Wirkung IOR-Präsident Ernst von Freyberg mit er einstweiligen Wahrnehmung der Funktion eines Generaldirektors.
Vor einem Monat war Msgr. Nunzio Scarano, der als Rechnungsprüfer am Bankinstitut tätig war, vom Dienst suspendiert worden. Vor wenigen Tagen wurde er unter dem Verdacht von Betrug, Korruption und Geldwäsche von der italienischen Polizei verhaftet.
Nach spannungsgeladenen Tagen und zahlreichen Besprechungen stellten Cipriani und Tulli ihre Ämter zur Verfügung. Sie geben damit den Weg frei für die von Papst Franziskus gewollte Erneuerung des Bankinstituts. Von Freyberg hat vor wenigen Tagen eine umfassende Untersuchung angekündigt. Ausgangspunkt dafür ist der Fall Scarano. Unterstützt werden soll der IOR-Präsident und interim Generaldirektor von Rolando Marranci in der Funktion eines Vize-Direktors und von Antonio Montaresi in der neuen Funktion eines Chief Risk Officer. Marranci war bisher für eine bekannte italienische Bank in London tätig, Montaresi für verschiedene Banken in den USA.
Scarano hat unterdessen alle Anschuldigungen gegenüber der italienischen Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.
Die Vorgänge in der Vatikanbank sind nicht leicht zu deuten. Die recht brutale Entlassung des damaligen IOR-Präsidenten Ettore Gotti Tedeschi im Juni 2012 haben keineswegs einhellige Zustimmung im Vatikan gefunden. Danach luden Generaldirektor Cipriani und sein Stellvertreter 50 Journalisten zu einer „Sonderführung“ durch die IOR ein. Beide betonten, daß die Bank sich sowohl an die internationalen Transparenzbestimmungen für das Finanzwesen als an die ethischen Grundsätze der katholischen Kirche halte. Durch neue elektronische Datenverarbeitungssysteme seien seit 1996 keine unkontrollierten Geldbewegungen mehr möglich.
Cipriani, der zuvor an hoher Stelle im italienischen Bankwesen tätig war, wurde 2007 als Vertrauter von Kardinal Sodano in das Amt des Generaldirektors berufen. Weder gegen Cipriani noch gegen Tulli liegen irgendwelche erwiesenen Verfehlungen vor. Der Rücktritt scheint vor allem als sichtbares Zeichen für eine Erneuerung der Vatikanbank zu sein, wie sie Papst Franziskus angekündigt hatte.
Die Bank wurde immer wieder mit wilden Spekulationen illegaler Geldgeschäfte, Geldwäsche und Finanztransaktionen gebracht. Konkret bestätigt hat sich kaum etwas davon. Die Kombination Vatikan und Bank scheint vielmehr die Phantasie von Buchautoren und Journalisten anzuregen. So ist auch erst noch zu klären, was sich Msgr. Scarano wirklich zuschulden kommen hat lassen. Eine gesunde Zurückhaltung ist angebracht.
Bei der Vatikanbank geht es auch um die Frage, ob und wie die katholische Kirche, die ein weltweites kapillares Netz am Leben zu erhalten hat, wofür Geldtransaktionen notwendig sind, ihre Interessen eigenständig und unabhängig durchführen kann, ohne in die Abhängigkeit externer Bankhäuser zu geraten, die wiederum von Regierungen abhängig sein können.
Der Druck auf die Vatikanbank ist daher immer auch ein Stück Machtkampf um die systematische Kontrolle des internationalen Geldverkehrs, so unbedeutend insgesamt die Einlagen der IOR auch sein mögen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Sacri Palazzi