(Madrid) Schwester Teresita war ganz erstaunt, als sie ein Brief des Apostolischen Nuntius für Spanien, Msgr. Renzo Fratini erreichte. Darin teilte er der im September 104 Jahre alt werdenden Schwester mit, daß Papst Benedikt XVI. sie gerne während des Weltjugendtages in der Apostolischen Nuntiatur in Madrid empfangen möchte. Die spanische Zisterzienserin wird nach 84 Jahren Klausur ihr Kloster (fast) das erste Mal verlassen, um den Papst zu treffen.
Am 16. April 1927 trat Valeriana Barajuén im Alter von 19 Jahren in den Zisterzienserinnenorden ein. Ein besonderes Datum: An jenem Tag genau erblickte Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., im bayerischen Marktl am Inn das Licht der Welt.
Schwester Teresita, so ihr Ordensname, hat seit damals ihr Kloster in Buenafuenta del Sistal in Guadalajara, rund hundert Kilometer von Madrid entfernt, nur drei Mal verlassen. Das erste Mal für einige Tage während des spanischen Bürgerkriegs, als die Bauern der Umgebung die Nonnen warnten, daß die „Gottlosen“ kommen. Gemeint waren die kommunistisch-anarchistischen Republikaner, die damals ein antikirchliches Schreckensregiment errichtet hatten. Später folgten nur mehr zwei Anlässe, jeweils für Kontrollen im Krankenhaus. Andere direkte Kontakte mit der „Welt“ hatte Schwester Tersita in ihrem langen Ordensleben keine. Nun aber kommt der Papst: Der vierte „Ausflug“ steht bevor.
Im Kloster der Klausurschwestern herrscht große Aufregung. Am Samstag, den 19. August 2011 darf Schwester Teresita, die älteste Klausurschwester der Welt, den Papst treffen. Die Äbtissin des Klosters wird ihre Ordensschwester begleiten. Schwester Teresita, ist inzwischen an den Rollstuhl gefesselt. „Meine Füße wollen nicht mehr so“, sagt sie ganz bescheiden. Sie habe beschlossen, während der Fahrt vom Kloster nach Madrid die Augen geschlossen zu halten: „Um mich nicht abzulenken.“
Von den 84 Ordensjahren stand Schwester Teresita zwei Jahrzehnte lang als Äbtissin ihrem Kloster vor. Am Anfang ihres Ordenslebens sei sie sehr „konfus“ gewesen. Die Zeiten waren schlecht. Sie stammte aus einer armen Familie. Der Vater hatte ihr den Ordenseintritt empfohlen. „Dann haben mir Gott und die heilige Teresa den Weg gezeigt und ich wurde glücklich.“
Auch sie hätten Berufungszweifel geplagt. Die Worte des Vaters kamen ihr in Erinnerung. Wie wäre ihr Leben „daußen“ gewesen? „Das passiert vielen und das muß auch so sein. Im Beichtstuhl half mir ein Priester jedoch, meine Berufung wiederzufinden.“
Schwester Teresita, die ein Leben des Gebets und der Arbeit führt und jahrzehntelang „nicht daran dachte, das Kloster aus irgendeinem Grund auch nur kurzzeitig zu verlassen“. Für den Papst macht sie nun erstmals eine Ausnahme. Für Benedikt XVI., der sie eingeladen hat, wird sie ihr Kloster für kurze Zeit verlassen, um nach Madrid zu reisen. So weltabgewandt sie auch lebt, liest die Ordensfrau jedoch täglich die Tageszeitung und ist gut informiert.
Der Tagesrhythmus von Schwester Teresita beginnt jeden Morgen um 4.30 Uhr und endet um 22.30 Uhr. Die Zeit dazwischen ist mit Gebet und Arbeit in Gehorsam ausgefüllt. Der Samstag allerdings hat bereits jetzt einen Platz als ganz außergewöhnlicher Tag in der Klostergeschichte. „Wenn Gott so daran liegt, mich hier unten zu behalten, wird er schon seine guten Gründe haben“, sagt Schwester Teresita schmunzelnd.
Text: La Gaceta/Giuseppe Nardi
Bild: La Gaceta