(Kairo) Der Sprecher der katholischen Kirchen Ägyptens forderte die internationale Staatengemeinschaft auf, einzugreifen, um die Machtübernahme eines islamischen Regimes am Nil zu verhindern. Die ägyptischen Streitkräfte haben die Hauptstadt Kairo abgeriegelt, um neue Zusammenstöße zwischen Moslems und Christen zu verhindern. Wer den religiösen Haß schürt, wird mit der Todesstrafe bedroht.
„Ägypten steht vor einem großen Bürgerkrieg“, erklärte Pater Rafic Greiche, der Leiter der Pressestelle der römisch-katholischen Kirche in Ägypten und Pressesprecher der sechs mit Rom unierten katholischen Kirchen des Landes. „Schuld daran sind kleine Gruppen islamischer Extremisten. Durch ihre Gewalt zerstören sie die Reformansätze der Jasmin-Bewegung, die dieses Land erneuern wollte.“ Der Priester richtete einen Appell an die internationale Staatengemeinschaft, die derzeitige Übergangsregierung zu stützen und alle Ägypter zu schützen, Christen und Moslems, vor den Gefahren eines fundamentalistischen islamischen Regimes. Gestern, Montag, demonstrierten Tausende Kopten vor dem ägyptischen Staatsfernsehen (MASPERO) gegen die Diskriminierung der Christen und für mehr Sicherheit und Gleichberechtigung der Christen.
Nach Angriffen islamischer Extremisten gegen orthodoxe Kopten kam es am Sonntag, den 7. Mai zu mehrstündigen Ausschreitungen zwischen Christen und Moslems in Kairo. Dabei kamen 12 Menschen ums Leben und 189 wurden verletzt. Am Montag besetzte das Militär alle strategisch wichtigen Punkte der Stadt, um neue Zusammenstöße zu verhindern. 190 Christen und Moslems wurden verhaftet. Die Militärregierung verhängte die Todesstrafe gegen jene, die den religiösen Haß schüren.
„Die Lage ist sehr kritisch“, betonte Pater Greiche. „Die Übergangsregierung des Militärs ist zu schwach und fürchtet islamische Extremisten wie die Salafiten, die nur darauf warten, Unordnung und Chaos zu stiften.“ Der Priester betonte, daß auch die koptisch-katholische Kirche bedroht sei, wenn auch „bisher keine katholische Kirche Ziel der Angriffe war“. Gleich nach dem Angriff auf die St. Minas-Kirche am nordöstlichen Stadtrand von Kairo fand der koptisch-orthodoxe Priester der Kirche Zuflucht in der nahen katholischen Kirche, die vom salafitischen Sturm verschont blieb. „Die Salafiten nützten die Zusammenstöße und ermordeten den 16jährigen Neffen des katholischen Bischofs der Gegend. Sie schossen ihm aus nächsten Nähe in den Kopf“, so Pater Greiche.
Nur wenige Monate nach dem, großteils von westlichen Politikern geförderten Sturz von Staatspräsident Hosni Mubarak drohen die Ideale einer demokratischen Erneuerung durch den radikalen Islam erstickt zu werden. Die Schaffung von Chaos soll die derzeitige Regierung schwächen und handlungsunfähig machen, um in einem zweiten Moment die islamistischen Kräfte als „Retter“ der Nation auftreten zu lassen. Pater Greiche machte darauf aufmerksam, daß die Ideologie eines radikalen Islam sich auch unter den einst moderaten Vertretern des Islam ausbreite. Diese würden sich immer stärker den extremen Gruppen und Führern wie Imam Yusuf Al-Qaradawi und anderen Führern der Moslembrüder annähern.
(Asianews/Giuseppe Nardi, Bild: Asianews)