„Papst hat sich geweigert, uns Priestern zu sagen, wie wir zu Amoris laetitia handeln sollen“


Kardinal Barbrin wurde mit mehr als 80 Priestern des Erzbistums Lyon von Papst Franziskus empfangen, dabei ging "zum Großteil" um Amoris laetitia, aber auch um den Priesterzölibat.
Kardinal Barbrin wurde mit mehr als 80 Priestern des Erzbistums Lyon von Papst Franziskus empfangen, dabei ging "zum Großteil" um Amoris laetitia, aber auch um den Priesterzölibat.

(Rom) Am 5. Okto­ber besuch­ten mehr als 80 Prie­ster des Erz­bis­tums Lyon zusam­men mit ihrem Erz­bi­schof, Phil­ip­pe Kar­di­nal Bar­ba­rin, Bene­dikt XVI. und wur­den von Papst Fran­zis­kus in Audi­enz empfangen.

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La Croix, die Tages­zei­tung der Fran­zö­si­schen Bischofs­kon­fe­renz, berich­te­te über die Audi­enz. Bei die­ser bete­te Fran­zis­kus mit dem Kar­di­nal und den Prie­stern für die bei­den jun­gen Frau­en Lau­ra und Mauranne, die am 1. Okto­ber in Mar­seil­le Opfer eines Atten­tats wur­den, zu dem sich der Isla­mi­sche Staat (IS) bekann­te. Den isla­mi­sti­schen Hin­ter­grund erwähn­te La Croix aller­dings nicht.

Die meisten Zeit wurde über Amoris laetitia gesprochen

„Der Groß­teil der mehr als ein­stün­di­gen Begeg­nung in der Sala Cle­men­ti­na des Apo­sto­li­schen Pala­stes war dem Apo­sto­li­schen Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia gewid­met, zu dem die Prie­ster von Lyon dem Papst Fra­gen stel­len konn­ten. Die­ser ant­wor­te­te auf ita­lie­nisch“, so Weih­bi­schof Emma­nu­el Gobilliard.

Der Weih­bi­schof wird von La Croix mit den Wor­ten zitiert:

„Er hat uns ein­ge­la­den, die Per­so­nen nicht als Adjek­ti­ve, son­dern als Sub­stan­ti­ve zu betrach­ten, und die Leu­te nicht in erster Linie als ‚Ver­hei­ra­te­te‘, ‚Geschie­de­ne‘, ‚drei­mal Geschie­de­ne‘ zu qualifizieren.“

Der Papst beton­te, daß „hin­ter Amo­ris lae­ti­tia der hei­li­ge Tho­mas von Aquin steht“.

„Aber die gro­ße tho­mi­sti­sche Theo­lo­gie und nicht die deka­den­te Scholastik.“

Cartagena-These: Amoris laetitia „ist thomistisch“

Die­se The­se hat­te Fran­zis­kus bereits am 10. Sep­tem­ber in Car­ta­ge­na de Indi­as vor 65 kolum­bia­ni­schen Jesui­ten geäu­ßert. Dort wies er Kri­tik an Amo­ris lae­ti­tia mit der Begrün­dung als „falsch“ zurück, weil das umstrit­te­ne, nach­syn­oda­le Schrei­ben „tho­mi­stisch“ sei.

In Car­ta­ge­na sag­te Franziskus:

„Wir haben gese­hen, wel­chen Scha­den am Ende die gro­ße und bril­lan­te Scho­la­stik des Tho­mas ange­rich­tet hat, als sie ver­fiel, ver­fiel, ver­fiel… Sie wur­de zu einer Lehr­buch­scho­la­stik, ohne Leben, blo­ße Idee, und wur­de als eine kasu­isti­sche Pasto­ral umgesetzt. […]
Ich nüt­ze die­se Fra­ge, um etwas zu sagen, was mei­nes Erach­tens der Gerech­tig­keit und auch der Lie­be wegen gesagt wer­den muß. Ich höre vie­le Kom­men­ta­re – respek­ta­ble, weil von Kin­dern Got­tes vor­ge­bracht, aber fal­sche – über das nach­syn­oda­le Apo­sto­li­sche Schrei­ben. Um Amo­ris lae­ti­tia zu ver­ste­hen, muß man es vom Anfang bis zum Schluß lesen. Beim ersten Kapi­tel begin­nen, dann mit dem zwei­ten fort­set­zen usw. … und nach­den­ken. Und lesen, was die Syn­ode gesagt hat.
Zwei­tens: Eini­ge behaup­ten, daß hin­ter Amo­ris lae­ti­tia kei­ne katho­li­sche Moral steht oder zumin­dest kei­ne siche­re Moral. Dazu möch­te ich mit Klar­heit sagen, daß die Moral von Amo­ris lae­ti­tia tho­mi­stisch ist, die des gro­ßen Tho­mas. Ihr könnt einen der gro­ßen Theo­lo­gen fra­gen, einer der besten von heu­te und der reif­sten, den Kar­di­nal Schön­born. Das will ich sagen, damit ihr den Men­schen helft, die glau­ben, daß die Moral rei­ne Kasu­istik sei. Helft ihnen, sich bewußt zu wer­den, daß der gro­ße Tho­mas, der den größ­ten Reich­tum besitzt, noch heu­te fähig ist, uns zu inspi­rie­ren. Aber auf den Knien, immer auf den Knien…“

Nach­dem Kar­di­nal Schön­born am 8. April 2016 in Rom Amo­ris lae­ti­tia der Öffent­lich­keit vor­ge­stellt hat­te, wur­de er von Fran­zis­kus emp­fan­gen. Laut Schön­borns Schil­de­rung habe Fran­zis­kus ihn bei die­ser Gele­gen­heit (erst nach der Pres­se­kon­fe­renz) gefragt, ob Amo­ris lae­ti­tia mit der Leh­re der Kir­che übereinstimme.

„Ich habe ihm geant­wor­tet: ‚Hei­li­ger Vater, es ist voll­kom­men orthodox‘.“

„Papst hat sich geweigert, uns Priestern zu sagen, wie wir handeln sollen“

Zu den Prie­stern von Lyon sag­te Fran­zis­kus, immer laut Weih­bi­schof Gobilliard:

„Er beton­te, daß eine ech­te theo­lo­gi­sche Refle­xi­on dahin­ter­steht, aber kei­ne kasu­isti­sche Theo­lo­gie; wir sol­len an die Leu­te nicht als Fäl­le wen­den oder in Begrif­fen den­ken von ‚das gibt es/​das gibt es nicht‘, du sollst/​du sollst nicht‘.“

Nach der „Unter­schei­dung“ gefragt, räum­te der Papst ein, daß es „kom­pli­ziert“ sei.

„Er hat aber dar­auf bestan­den, daß die Unter­schei­dung durch Zuhö­ren und Beglei­tung erfol­gen muß, daß weder die Moral noch die Theo­lo­gie zuerst kom­men, son­dern das Evangelium.“

„Laut dem Papst muß man immer mit gro­ßer Lie­be han­deln, aber man muß auch auf die Per­mis­si­vi­tät und den Rela­ti­vis­mus ach­ten. Es gibt Momen­te, in denen man ‚Ja‘ zu sagen hat und in ande­ren ‚Nein‘.“

Der Papst habe ihnen drei „Schlüs­sel­wor­te“ mit­ge­ge­ben: „Refle­xi­on, Gebet und Dialog“.

„Der Papst hat sich gewei­gert, uns Prie­stern zu sagen, wie wir han­deln sol­len, und hat es bevor­zugt, uns zu vertrauen.“

Ehevorbereitung durch „Katechumenat der Ehe“ verstärken – Zölibat

Fran­zis­kus habe zur Fra­ge der Ehe­vor­be­rei­tung eine Frau zitiert, die ihm sag­te, daß Prie­ster acht Jah­re Semi­nar haben und dann das Prie­ster­tum auf­ge­ben und hei­ra­ten kön­nen, wäh­rend die Braut­leu­te drei Kurs­aben­de vor der Ehe haben, die dann ein gan­zes Leben daure.

„Er räum­te ein, daß die Ehe­vor­be­rei­tung ernst­haft über­prüft wer­den soll­te, indem wie­der von ‚Katechu­me­nat‘ der Ehe gespro­chen wird, und wir die Men­schen ermu­ti­gen müs­sen, sich nicht aus kul­tu­rel­len und sozia­len Grün­den zu beeilen.“

La Croix berich­tet es erst am Ende des Arti­kels aber mit dem Hin­weis, daß es „am Beginn“ des Tref­fens ange­spro­chen wur­de. Der Papst wur­de auch zum Prie­ster­zö­li­bat gefragt. Er sag­te, daß der Zöli­bat als ein „freu­di­ges Geschenk an die Kir­che“ erlebt wer­den soll­te. Er beton­te zudem, daß er „nicht sehe, war­um sich das im Moment ändern sollte“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: La Croix (Screen­shot)

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4 Kommentare

  1. „‚Ver­hei­ra­te­te‘, ‚Geschie­de­ne‘, ‚drei­mal Geschie­de­ne‘ “ Was soll das? Das sind kei­ne Kri­te­ri­en für die Spen­dung der Hei­li­gen Kom­mu­ni­on. Kri­te­ri­um ist schwe­re unbe­reu­te nicht in der Hei­li­gen Beich­te ver­ge­be­ne Sün­de. Nach einer gül­ti­gen katho­li­schen Ehe­schlie­ßung außer­ehe­li­chen Geschlechts­ver­kehr zu haben, ist eine schwe­re Sün­de, die zum Schutz des Sün­ders von der Hei­li­gen Kom­mu­ni­on aus­schließt, denn wer unwür­dig am Hei­li­gen Hoch­zeits­mahl teil­nimmt, ißt sich das Gericht. 

    Kein Mensch, kein Papst, kei­ne Bisw­chofs­kon­fe­renz auch kein ein­zel­ner „beglei­ten­der“ Prie­ster kann sehen, ob es in einem extre­men Ein­zel­fall Grün­de gibt, dass die schwe­re Sün­de abge­mil­dert ist; das kann nur Gotts selbst, der in die Her­zen sieht, des­halb darf Leh­re und Pra­xis nicht ver­än­dert werden! 

    Papst, Bischö­fe und Prie­ster haben Jahr­zehn­te ver­säumt über die Keusch­heit zu reden, die von fast allen Men­schen prak­ti­ziert wer­den muss (immer alle nicht gül­tig ver­hei­ra­te­ten und selbst alle gül­tig ver­hei­ra­te­ten Ehe­part­ner zeit­wei­se), sie unter­las­sen es, vor den zuneh­men­den deka­den­ten, per­ver­sen Abir­run­gen der wider­gött­li­chen Sexua­li­tät (west­li­che Wer­te genannt)zu war­nen, ja sie wün­schen sich Mil­lio­nen von Moham­me­da­nern ins rest­christ­li­che „Abend­land“, deren per­ver­se­ste Abar­ten hadi­then-mäßig und nach Aya­tol­lah Kho­mei­ni erlaubt sind (wie Sex mit toter „Ehe­frau“, mit Säug­lin­gen, mit Tieren).

    Wider­gött­li­cher Sex ist der Göt­ze unse­rer Zeit, aber Gott hat uns kei­ne Gebo­te gege­ben, die wir mit Sei­ner Hil­fe nicht hal­ten können!

    „Der Papst hat sich gewei­gert, uns Prie­stern zu sagen, wie wir han­deln sol­len, und hat es bevor­zugt, uns zu vertrauen.“
    Das ist kein Ver­trau­en, das ist eine Last, die kein Prie­ster tra­gen kann, die man ihm nie­mals auf­er­le­gen darf, das ist völ­lig unver­ant­wort­lich nach dem Mot­to „mei­ne Ideo­lo­gie soll ein ande­rer durch­set­zen“. Ihr Prie­ster ver­traut dem Gebot Got­tes und der 2000-jäh­ri­gen Leh­re der Kir­che – die­se kann nie geän­dert werden.

  2. Mit vie­len Wor­ten, vor allem Fremd­wor­ten, um eine kla­re Ant­wort her­um­ge­te­det. Bloß kei­ne Klar­heit, bloß kei­ne Ori­en­tie­rungs­mög­lich­kei­ten, damit jeder „ein­ge­wan­der­ten Wolf im Hir­ten­rock“ so ver­fah­ren kann wie er möch­te und die unin­for­mier­ten Schäf­chen, die ihrer Sexua­li­tät eine höhe­re Prio­ri­tät als Gott geben, freu­dig auf den Abgrund zusteu­ern können.

    Ist das Han­deln des aktu­el­len Paste tat­säch­lich noch im Sin­ne Jesu?

  3. Katechu­me­nat der Ehe? Im Gegen­satz zum Prie­ster­tum sind die mei­sten Leu­te dazu beru­fen, Ehen zu schließen.
    Dar­um soll die Vor­be­rei­tung auf die Ehe gleich nach der Geburt begin­nen. Und zwar durch katho­li­sche Erziehung.
    Die Ursa­chen für die Scei­dun­gen sind zwei­er­lei: erstens ein fal­sches Ver­ständ­nis der Lie­be zu den Men­schen und zwei­tens ein fal­sches Ver­ständ­nis der Lie­be zu Gott.
    Ad.1. Die Kin­der heut­zu­ta­ge wer­den nicht zur Arbeit erzo­gen. Wenn dann zwei fau­le Leu­te hei­ra­ten, fin­det sich kei­ner, der die Arbeit ver­rich­ten will, die für das Ehe­le­ben nötig ist, eben die Küche, der Lap­pen usw., aber auch die beruf­li­che Arbeit, wo man nicht nur für sich selbst ver­dient und spen­det, son­dern auch für Frau und Kinder.Das ist eben die Lie­be, sich selbst für ande­re zu opfern. Man fühlt die Lie­be nich, son­dern man tut was aus der Liebe.
    Ad.2″ die Kin­der wer­den nicht im katho­li­schen Glau­ben erzo­gen. Des­halb wis­sen sie nicht, daß es Gott gibt, wel­cher gerecht ist und die Bösen bestraft und die Guten belohnt. Dar­um sucht man sofort sei­ne Gerech­tig­keit und ver­sucht, den Gat­ten oder die Gat­tin sel­ber zu bestra­fen, wenn einem was nicht gefällt. Statt des­sen soll­te man wis­sen, daß man sich bei Gott Beloh­nung ver­dient, wenn man dem Gat­ten etwas Gutes tut, auch wenn die­ser es nicht aus­rei­chend schätzt. 

    Nur eine echt katho­li­sche Sicht der Ehe kann ihren Bestand sichern.
    Dar­um­mist es die Pflicht der Eltern seit den ersten Lebens­jah­ren den Glau­ben den Kin­dern zu ver­mit­teln und sie sol­len dar­in spä­ter von den Prie­stern und Leh­rern unter­stützt wer­den. Die Scu­le darf nicht welt­an­schau­lich neu­tral sein, son­dern die katho­li­sche Sicht der zwi­schen­mensch­li­chen Bezie­hun­gen lehren. 

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