(Buenos Aires) Am 1. August veröffentlichte Clarin, die größte argentinische Tageszeitung, einen Leitartikel von Ricardo Roa, mit dem das „lärmende Schweigen“ von Papst Franziskus zur Staatskrise in Venezuela kritisiert wurde. Darin wurde Loris Zanatta zitiert, Professor für Lateinamerikanische Geschichte an der Universität Bologna. In der aktuellen August-Ausgabe des argentinischen Wirtschaftsmagazins Fortuna wurde nun ein Interview mit Zanatta über „das Phänomen des Populismus in Lateinamerika und besonders in Argentinien“ veröffentlicht. Der Historiker wurde um eine kurze Stellungnahme zu verschiedenen Persönlichkeiten gefragt – darunter auch Papst Franziskus:
Fortuna: Papst Franziskus?
Zanatta: Es ist keine Beleidigung, zu sagen, daß er ein typischer Vertreter des lateinamerikanischen Populismus ist. Seine Vorstellung ist, daß es ein Volk gibt, das über den politischen Vereinbarungen und dem verfassungsmäßigen Volk steht und der Bewahrer der historischen Legitimität ist: das Volk Gottes. Kein Papst hat so oft das Wort Volk verwendet. Papst Franziskus unterscheidet nicht den Wirtschaftsliberalismus vom politischen Liberalismus. Er verwendet häufig das Wort Pluralismus gegen den Markt, der, wie er sagt, die Welt homogenisiert, Kulturen und Völker zerstört. Seine Idee von Pluralismus ist die der Völker und Kulturen, die generell nicht pluralistisch sind. Seine Sichtweise ist die des lateinamerikanischen Katholizismus: die Armen sind die Bewahrer der katholischen Tugenden. Sie sind das wahre Volk. Die Anderen sind es nicht, auch wenn sie Wahlen gewinnen.
Die Hinweise des Peronismus-Experten Zanatta geben den lateinamerikanischen Aspekt im Pontifikat von Papst Franziskus wider, erklären aber nicht – sollten sie zutreffend sein – weshalb Franziskus die Völker und Kulturen Europas durch die Forderung nach schrankenloser Einwanderung nicht zu achten scheint. Der Philosoph und ehemalige italienische Senats-Präsident Marcello Pera, ein Freund Benedikts XVI., warf Franziskus vor, die Masseneinwanderung aus „Haß gegen den Westen“ zu fördern.
Das Monatsmagazin Fortuna erscheint im Medienverlag Perfil und hat nichts mit dem Medienverlag der Tageszeitung Clarin zu tun.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Fortuna (Screenshot)
Wenn das zutrifft, so wäre das eine Negativkarriere vom Stellvertreter Gottes zum Stellvertreter des Populismus, denn beiden kann ein Papst und überhaupt ein Jünger Jesu – nach Matthäus 6,24 – nicht gleichzeitig dienen.
Wohin man blickt, was auch immer die Aufmerksamkeit dieses Pontifexes erweckt, was zurück bleibt, nach dem er sich lange genug damit beschäftigt hat und seine große Barmherzigkeit hat walten lassen, sind Verwirrung, Enttäuschung, Zerstörung, Hoffnungslosigkeit, Spaltung und Streit. Wo immer er auch blickt, wo immer sich sein Interesse hin wendet, es entsteht sofort Angst und reflexartig gehen die Menschen, die seine Aufmerksamkeit erwecken, in Deckung. Es wird sofort eine Rechtfertigungshaltung bei den Betroffenen bemerkbar. Man hat das Gefühl, die Menschen plagt ein schlechtes Gewissen, sobald der Papst sein Wort an sie richtet. Zumindest macht es den Eindruck, und zwar gerade da, wo sich die betroffenen eigentlich überhaupt nichts vorzuwerfen haben. So weit ist es tatsächlich gekommen und die Angst die dann jedesmal bei denen entsteht ist absolut nachvollziehbar. Denn bisher ist noch keiner ungeschoren davon gekommen, daran ändern leider auch Verdienste, die in der Vergangenheit erworben wurden, leider nichts. Es ist traurig und schmerzlich, wenn man als katholischer Christ so etwas eingestehen muß. Eigentlich will man solche Dinge nicht in die Öffentlichkeit tragen, aber man muß klar stellen, das hier eine gewisse Linie nun übertreten ist, wo bestimmte Verhaltensregeln die ihre Begründung hatten, nun ihren Sinn , ja ihre Berechtigung verloren.
Ich muß hier klarstellen, vor diesen Bericht las ich den Bericht,“ die Säuberungen in Argentinien gehen weiter“, und eigentlich bezieht sich mein Kommentar auch in der Hauptsache auf diesen. Ich bitte um verzeihung
Leider wird der Populismusbegriff heute inflationär und teilw. als polemischer Kampfbegriff gegen den politischen Gegner missbraucht.
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Sozialwissenschaftlich bedeutet Populismus eigentlich nur „Volksnähe“ oder „auf das Volk bezogen“ o.ä.
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Alexander Gauland der AfD ließ neulich stolz verlauten:
„Wir sind (als AFD) Populisten“:
Damit meinte er in etwa, dass die AFD für Volksabstimmungen ist, die repräsentative Demokratie volksnäher gestaltet werden müsse und dass die AFD eine Volkspartei sein soll usw.
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Exzesse gibt es dabei bei links- und rechtspoplist. Parteien mit diversen Unterschieden, wie auch in Argentinien und weltweit.
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Da ich meine, dass Franziskus maximal ein Sozialpopulist ist, der soziale Forderungen für das Volk gegenüber der kapitalist. Elite stellt und vorerst denke, dass er sonst politische Strukturen aus der Zeit des rechten argentin. Peronismus eher ablehnt, ist mir momentan nicht wirklich klar, wieso er dem rechten Peronismus zugerechnet wird.
Es würde mich interessieren, ob es dazu weitere Details gibt.