Spadaro: „Ja“, Frontalangriff gegen US-Regierung und ihre christlichen Unterstützer vom Heiligen Stuhl abgesegnet


P. Antonio Spadaro überreicht Papst Franziskus im Februar 2017 die Nummer 4000 der "Civiltà  Cattolica".
P. Antonio Spadaro überreicht Papst Franziskus im Februar 2017 die Nummer 4000 der "Civiltà  Cattolica".

(Rom) In der aktu­el­len Aus­ga­be der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift La Civil­tà  Cat­to­li­ca haben der Schrift­lei­ter Pater Anto­nio Spa­da­ro, einer der eng­sten Mit­ar­bei­ter von Papst Fran­zis­kus, und Mar­ce­lo Figue­roa, ein pres­by­te­ria­ni­scher Pastor, den Fran­zis­kus zum Lei­ter der argen­ti­ni­sche Aus­ga­be des Osser­va­to­re Roma­no ernann­te, einen Fron­tal­an­griff gegen die soge­nann­te „reli­giö­se Rech­te“ in den USA abge­feu­ert. Spa­da­ro bestä­tig­te nun offi­zi­ell, daß der Angriff vom Hei­li­gen Stuhl abge­seg­net ist.

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Das Autoren­duo hat damit den Schul­ter­schluß mit der poli­ti­schen Lin­ken der USA im Kampf um das Wei­ße Haus und die kul­tu­rel­le Hege­mo­nie im Land vor­ex­er­ziert. Nach Mei­nung von Papst Fran­zis­kus fin­det die Ent­schei­dungs­schlacht im poli­ti­schen Welt­rin­gen in den USA statt. Der Ein­fluß der „ein­zi­gen ver­blie­be­nen Welt­macht“ auf die übri­ge Welt, beson­ders die ande­ren west­li­chen Staa­ten, den latein­ame­ri­ka­ni­schen „Hin­ter­hof“, Afri­ka und beträcht­li­che Tei­le Asi­ens, ist so groß, daß auch dort von sie die Rich­tung vor­gibt. Die Wahl von US-Prä­si­dent Donald Trump bedeu­tet eine schmerz­li­che Nie­der­la­ge für die US-Lin­ke. Das wäre im demo­kra­ti­schen Wech­sel­spiel der Kräf­te die Nor­ma­li­tät. Es han­delt sich aber auch um eine Nie­der­la­ge des Estab­lish­ments und sitzt die­sem tief in den Kno­chen. Was in den USA am 8. Novem­ber 2016 gesche­hen ist, könn­te sich – so die Hor­ror­vi­si­on – in ande­ren Län­dern wie­der­ho­len. Das ist bis­her zwar nicht der Fall, wie eini­ge Urnen­gän­ge in Euro­pa – zuletzt in Öster­reich, den Nie­der­lan­den und Frank­reich – gezeigt haben. Doch die eigent­li­che Macht liegt in den USA und nicht in der EU.

Neue Allianz: Vatikan – UNO – politische Linke

Unter Papst Fran­zis­kus ist eine neue Alli­anz ent­stan­den, die vom Hei­li­gen Stuhl über die UNO bis zu den welt­wei­ten Links­kräf­ten reicht – die radi­ka­le Lin­ke mit­ein­ge­schlos­sen, für die der argen­ti­ni­sche Papst sogar deut­lich mehr Sym­pa­thien hegt als für die gemä­ßig­te­re sozi­al­de­mo­kra­ti­sche und libe­ra­le Linke.

Die Wech­sel­wir­kung die­ser neu­en Alli­anz wur­de auch im Zusam­men­hang mit dem Spa­da­ro-Arti­kel erkenn­bar. Am ver­gan­ge­nen 11. Juni for­der­te die New York Times auf ihrer Titel­sei­te die „lin­ken Reli­gi­ons­füh­rer“ auf, den Kampf um die The­men­füh­rer­schaft auf­zu­neh­men. Zugleich wur­den eini­ge Stich­wör­ter (dar­un­ter Abtrei­bung und „Homo-Ehe“) gelie­fert und damit die Stoß­rich­tung vor­ge­ge­ben. Einen Monat spä­ter erfolg­te der Angriff von Spa­da­ro und Figue­roa gegen die „reli­giö­se Rech­te“ genau auf der von der New York Times vor­ge­ge­be­nen Linie. Zufall? Wohl kaum. Es soll nicht behaup­tet wer­den, daß die Civil­tà  Cat­to­li­ca auf Zuruf der links­li­be­ra­len New Yor­ker Tages­zei­tung reagiert. Offen­sicht­lich besteht aber eine Inter­es­sen­über­ein­stim­mung. Offen­sicht­lich ist auch, daß unter Gleich­ge­sinn­ten auf­merk­sam regi­striert wird, was die Leit­me­di­en und Leit­stim­men von sich geben. Die chro­no­lo­gi­sche Abfol­ge zeigt, wer das Leit­me­di­um ist und wem der Hei­li­ge Stuhl sekundiert.

Artikel vom Vatikan gewollt

Ent­schei­dend ist, und dar­an kann kein Zwei­fel bestehen, daß hin­ter dem mas­si­ven Ein­griff der Civil­tà  Cat­to­li­ca in die US-Innen­po­li­tik Papst Fran­zis­kus steht. Ein so weit­rei­chen­der Arti­kel wür­de selbst unter nor­ma­len Bedin­gun­gen nicht ohne ent­spre­chen­de Rück­spra­che erschei­nen. Für die Civil­tà  Cat­to­li­ca gel­ten jedoch ohne­hin ande­re Bedingungen.

Alle Arti­kel der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift müs­sen vor­ab dem Vati­kan zur Begut­ach­tung vor­ge­legt wer­den. Was ver­öf­fent­licht wird, erscheint mit aus­drück­li­cher Druck­erlaub­nis des Hei­li­gen Stuhls. Im Gegen­satz zu Bene­dikt XVI. und Johan­nes Paul II. küm­mert sich Papst Fran­zis­kus um alle ihm wich­ti­ge Arti­kel per­sön­lich. Das gilt in jedem Fall für jene, die von sei­nem Ver­trau­ten Spa­da­ro unter­zeich­net sind.

Spa­da­ro bestä­tig­te es im kon­kre­ten Fall selbst in einem Inter­view von Gerard O’Connell für die ame­ri­ka­ni­sche Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca. Der Ire und Cam­bridge-Absol­vent O’Connell ist seit 2014 haupt­amt­li­cher Rom-Kor­re­spon­dent von Ame­ri­ca. Die US-Jesui­ten­zeit­schrift ist zwar nicht so alt wie die Civil­tà  Cat­to­li­ca, bringt es aber auch auf stol­ze 108 Jah­re. Im Gegen­satz zur vier­zehn­tä­gig erschei­nen­den, bil­der­los-nüch­ter­nen römi­schen Publi­ka­ti­on erscheint die US-Zeit­schrift als far­bi­ges Wochenmagazin.

„Ja, das gilt auch für diesen Artikel“

Der Berg­o­glia­ner O’Connell frag­te Spa­da­ro, ob sein mit Figue­roa ver­faß­ter Arti­kel gegen die US-Regie­rung und die christ­li­chen Kräf­te, die sie unter­stüt­zen, vom Vati­kan geneh­migt ist.

O’Connell: Ist es rich­tig, zu sagen, daß die­ser Arti­kel wie ande­re Arti­kel der Civil­tà  Cat­to­li­ca vom Vati­kan appro­biert wurde?

Anto­nio Spa­da­ro: Ja, die Civil­tà  Cat­to­li­ca ist eine Zeit­schrift, die gegen­ge­le­sen wird. Ihre Arti­kel wer­den immer vor der Ver­öf­fent­li­chung vom Staats­se­kre­ta­ri­at gele­sen und appro­biert. Das gilt auch für die­sen Artikel.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Osser­va­to­re Roma­no (Screen­shot)

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