Fürstin Pallavicini – Vorbild des katholischen Widerstandes


Fürstin Pallavicini
Fürstin Pallavicini, die "letzte Königin von Rom", lud vor 40 Jahren Erzbischof Marcel Lefebvre in ihr Haus ein und verschaffte seinen Thesen internationale Aufmerksamkeit, obwohl der Vatikan sein Auftreten massiv zu verhindern versuchte.

Von Rober­to de Mattei*

Anzei­ge

Vor 40 Jah­ren fand ein histo­ri­sches Ereig­nis statt: der Vor­trag, den Msgr. Mar­cel Lefeb­v­re am 6. Juni 1977 zum The­ma „Die Kir­che nach dem Kon­zil“ im Palaz­zo Pal­la­vici­ni in Rom hielt. Es scheint mir nütz­lich, die­ses Ereig­nis anhand der Noti­zen und Doku­men­te, die ich auf­be­wahrt habe, in Erin­ne­rung zu rufen. Msgr. Mar­cel Lefeb­v­re, der Grün­der der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X.  (1970), war nach den Prie­ster­wei­hen vom 29. Juni 1976 am 22. Juli des­sel­ben Jah­res a divi­nis sus­pen­diert worden.

Fürstin Elvina Pallavicini
Für­stin Elvina Pallavicini

Unter den auf­merk­sa­men Katho­li­ken gab es aller­dings star­ke Zwei­fel an der kano­ni­schen Legi­ti­mi­tät die­ser Maß­nah­me, und vor allem ver­stand man nicht die Hal­tung von Paul VI., der Stra­fen nur jenen vor­zu­be­hal­ten schien, die ein Bekennt­nis ableg­ten, der Tra­di­ti­on der Kir­che treu blei­ben zu wol­len. In die­sem Kli­ma der Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit beschloß die Für­stin Elvina Pal­la­vici­ni (1914 – 2004) (1) im April 1977, Msgr. Lefeb­v­re in ihren Palast auf dem Qui­ri­nal ein­zu­la­den, um sei­ne Beweg­grün­de zu hören.

Für­stin Pal­la­vici­ni war damals 63 Jah­re alt und seit 1940 Wit­we des Für­sten Gugliel­mo Pal­la­vici­ni de Ber­nis (2), der im Krieg gefal­len war. Obwohl sie seit vie­len Jah­ren wegen einer fort­schrei­ten­den Läh­mung an den Roll­stuhl gefes­selt war, war sie eine Frau von unzähm­ba­rem Tem­pe­ra­ment. Sie war umge­ben von einem klei­nen Kreis von Freun­den und Bera­tern, dar­un­ter der Mar­che­se Rober­to Mal­vez­zi Cam­peg­gi (1907 – 1979), der zum Zeit­punkt ihrer Auf­lö­sung (1970) Oberst der Guar­dia Nobi­le, der Päpst­li­chen Edel­gar­de war, und der Mar­che­se Lui­gi Coda Nun­zi­an­te di San Fer­di­nan­do (1930 – 2015), ein ehe­ma­li­ger Offi­zier der Ita­lie­ni­schen Kriegs­ma­ri­ne. Die Nach­richt von die­sem Vor­trag, die sich im Monat Mai ver­brei­te­te, löste zunächst im Vati­kan kei­ne Sor­ge aus.

Paul VI. war der Mei­nung, daß es nicht schwer sein wer­de, die Für­stin zu über­zeu­gen, von ihrer Idee abzu­las­sen, und beauf­trag­te damit sei­nen engen Mit­ar­bei­ter „Don Ser­gio“ Pig­ne­do­li (1910 – 1980), den er 1973 zum Kar­di­nal kre­iert hat­te. Der Pur­pur­trä­ger tele­fo­nier­te im warm­her­zi­gen Ton mit der Für­stin, indem er sich zunächst über ihren Gesund­heits­zu­stand erkun­dig­te. Die Für­stin ant­wor­te­te mit Iro­nie: „Ihr Inter­es­se freut mich nach einer so lan­gen Zeit des Schwei­gens.“ Nach fast einer Stun­de der Kom­pli­men­te kam der Kar­di­nal schließ­lich auf den Punkt: „Ich weiß, daß Sie Msgr. Lefeb­v­re emp­fan­gen: Wird es sich dabei um einen öffent­li­chen oder einen pri­va­ten Vor­trag handeln?“

„In mei­nem Haus kann er nur pri­vat sein“, ant­wor­te­te die Für­stin. Der Kar­di­nal wag­te dann mehr: „Wäre es nicht oppor­tun, ihn zu ver­schie­ben? Msgr. Lefeb­v­re hat den Hei­li­gen Vater so sehr lei­den las­sen, daß ihn die­se Initia­ti­ve mit Schmerz erfüllt …“ Die Ant­wort von Don­na Elvina ließ Kar­di­nal Pig­ne­do­li erstar­ren: „Emi­nenz, in mei­nem Haus, so den­ke ich, kann ich emp­fan­gen, wen ich zu emp­fan­gen wünsche.“

Erzbischof Marcel Lefebvre
Erz­bi­schof Mar­cel Lefebvre

Ange­sichts die­ses uner­war­te­ten Wider­stan­des wand­te sich der Vati­kan an den Für­sten Asp­re­no II. Colon­na (1916 – 1987), der noch ad per­so­nam das Amt eines Fürst­li­chen Thron­as­si­sten­ten des Hei­li­gen Stuhls aus­üb­te. Als das Ober­haupt die­ses histo­ri­schen Adels­ge­schlech­tes dar­um bat, emp­fan­gen zu wer­den, ließ ihm die Für­stin mit­tei­len, beschäf­tigt zu sein. Fürst Colon­na bat um Audi­enz am näch­sten Tag um die­sel­be Stun­de, doch die Ant­wort der Für­stin war die­sel­be. Wäh­rend der Fürst den geord­ne­ten Rück­zug antrat, ent­schloß sich das vati­ka­ni­sche Staats­se­kre­ta­ri­at ande­re Sai­ten auf­zu­zie­hen. Nun war es Msgr. Andrea Lan­za Cor­de­ro di Mon­te­ze­mo­lo, soeben zum Erz­bi­schof geweiht und zum Apo­sto­li­schen Nun­ti­us für Papua-Neu­gui­nea ernannt, der die Für­stin um Audi­enz bat.

Der Prä­lat war ein Sohn von Oberst Giu­sep­pe Cor­de­ro Lan­za di Mon­te­ze­mo­lo (1901 – 1944), dem Anfüh­rer des mon­ar­chi­sti­schen Wider­stan­des in Rom, der von den Deut­schen in den Fos­se Arde­ati­ne erschos­sen wor­den war. Wäh­rend der deut­schen Beset­zung hat­te die jun­ge Für­stin Elvina mit ihm zusam­men­ge­ar­bei­tet und war dafür mit der Tap­fer­keits­me­dail­le in Bron­ze aus­ge­zeich­net wor­den. Auch ich nahm an dem Gespräch teil, doch mei­ne Anwe­sen­heit stör­te den künf­ti­gen Kar­di­nal nicht uner­heb­lich, der ver­geb­lich an sei­nen Vater erin­ner­te, um den bevor­ste­hen­den Vor­trag abzu­wen­den. Der Nun­ti­us wur­de dar­auf auf­merk­sam gemacht, daß gera­de der Wider­stand vie­ler Offi­zie­re gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus dazu mah­ne, daß es manch­mal not­wen­dig sei, unge­rech­ten Befeh­len von Vor­ge­setz­ten nicht Fol­ge zu lei­sten, um dem eige­nen Gewis­sen fol­gen zu können.

Das Zweite Vatikanische Konzil und die Kirchenkrise
Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil und die Kirchenkrise

Das Staats­se­kre­ta­ri­at spiel­te nun sei­ne letz­te diplo­ma­ti­sche Kar­te aus, indem es sich an den König von Ita­li­en, Umber­to II., in sei­nem Exil in Cas­cais wand­te. Der Mar­che­se Fal­co­ne Luci­fe­ro, Mini­ster des König­li­chen Hau­ses, tele­fo­nier­te mit der Für­stin und ließ sie wis­sen, daß der Mon­arch sie leb­haft bit­te, den Vor­trag abzu­sa­gen. Die Für­stin ant­wor­te­te jedoch ent­schlos­sen: „Es erstaunt mich, daß sich Eure Maje­stät vom Staats­se­kre­ta­ri­at ein­schüch­tern las­se nach all dem, was der Vati­kan gegen die Mon­ar­chie getan hat“. Zugleich bekräf­tig­te sie, daß der Vor­trag wie vor­ge­se­hen am fest­ge­setz­ten Tag statt­fin­den wer­de. Der Mar­che­se Luci­fe­ro, ein Gen­tle­man der alten Schu­le, ließ der Für­stin dar­auf­hin einen Strauß Rosen zukommen.

Der Vati­kan beschloß zu här­te­ren Mit­teln zu grei­fen. In den füh­ren­den ita­lie­ni­schen Tages­zei­tun­gen setz­te eine regel­rech­te Kam­pa­gne des Psy­cho­ter­rors ein, mit der die Für­stin als starr­sin­ni­ge Ari­sto­kra­tin hin­ge­stellt wur­de, umge­ben von weni­gen Nost­al­gi­kern einer Welt, die zum Ver­schwin­den ver­ur­teilt sei. Pri­vat ließ man Don­na Elvina wis­sen, daß sie exkom­mu­ni­ziert wer­de, falls der Vor­trag stattfinde.

Am 30. Mai stell­te die Für­stin mit einer Pres­se­er­klä­rung an die Nach­rich­ten­agen­tur ANSA klar, daß „ihre Initia­ti­ve nicht von der Absicht gelei­tet sei, die kirch­li­che Auto­ri­tät her­aus­zu­for­dern, son­dern von Lie­be und Treue zur Hei­li­gen Kir­che und ihrem Lehr­amt“. In der Erklä­rung hieß es weiter:

„Die Kon­tra­ste der Kon­zils­kir­che exi­stie­ren lei­der unab­hän­gig von der Per­son von Msgr. Lefeb­v­re und in Ita­li­en nicht weni­ger stark, wenn auch weni­ger sicht­bar, als in der übri­gen katho­li­schen Welt. Mit dem Vor­trag am 6. Juni soll Msgr. Lefeb­v­re die Mög­lich­keit gebo­ten wer­den, direkt und in völ­li­ger Frei­heit sei­ne The­sen dar­zu­le­gen mit dem Ziel, damit einen Bei­trag zur Klä­rung der Pro­ble­me zu lei­sten, die die katho­li­sche Welt so erschüt­tern und mit Schmerz erfül­len, und in der Gewiß­heit, daß der Frie­den und die Ruhe nur durch eine wie­der­ge­fun­de­ne Ein­heit in der Wahr­heit zurück­ge­won­nen wer­den können.“

Fürstin Pallavicini mit ihrer Tochter
Für­stin Pal­la­vici­ni mit ihrer Tochter

Am 31. Mai erschien auf der ersten Sei­te der Tages­zei­tung Il Tem­po eine Erklä­rung des Für­sten Asp­re­no Colon­na, in dem zu lesen war, daß „sich das römi­sche Patri­zi­at von der Initia­ti­ve distan­ziert“ und als „völ­lig inop­por­tun“ betrach­tet. Die eigent­li­che Sal­ve wur­de jedoch am 5. Juni vom Kar­di­nal­vi­kar von Rom, Ugo Polet­ti (1914 – 1997) abge­feu­ert. Mit einer aggres­si­ven Stel­lung­nah­me, die im Avve­ni­re, der Tages­zei­tung der ita­lie­ni­schen Bischö­fe, erschien, griff Polet­ti Msgr. Lefeb­v­re und „sei­ne abir­ren­den Anhän­ger“ an. Letz­te­re bezeich­ne­te er als „klei­ne Krei­se von Nost­al­gi­kern, die Gefan­ge­ne von über­kom­me­nen Tra­di­tio­nen“ sei­en. Zudem brach­te er „Ver­wun­de­rung, Schmerz und herz­li­che, aber ent­schie­de­ne Miß­bil­li­gung für die Belei­di­gung des Glau­bens, der katho­li­schen Kir­che und Jesus, ihrem Gött­li­chen Ober­haupt“ zum Aus­druck, da Msgr. Lefeb­v­re „grund­le­gen­de Wahr­hei­ten bezüg­lich der Unfehl­bar­keit der auf Petrus und sei­ne Nach­fol­ger gegrün­de­ten Kir­che in Sachen Dok­trin und Moral“ in Zwei­fel gezo­gen habe.

Aus dem Haupt­quar­tier der Für­stin kam sofort die Ant­wort. „Es sei nicht ver­ständ­lich, wie die pri­va­te Dar­le­gung von The­sen, die bis vor weni­gen Jah­ren die aller Bischö­fe der gan­zen Welt waren, so sehr die Sicher­heit einer Auto­ri­tät erschüt­tern kön­ne, die die Kraft der dok­tri­nel­len Kon­ti­nui­tät und die Evi­denz ihrer Posi­tio­nen auf ihrer Sei­te hat.“ Die Für­stin erklär­te zudem:

„Ich bin über­zeug­te römisch-apo­sto­li­sche Katho­li­kin, weil ich den wah­ren Sinn der Reli­gi­on in der Ver­fei­ne­rung des phy­si­schen und mora­li­schen Lei­dens erkannt habe: Ich schul­de nie­man­dem etwas, ich habe kei­ne Ehren und Pfrün­de zu ver­tei­di­gen und für all das dan­ke ich Gott. Inner­halb der Gren­zen, die mir die Kir­che erlaubt, kann ich ande­rer Mei­nung sein, spre­chen und han­deln, muß ich spre­chen und han­deln, denn es wäre Feig­heit, wenn ich es nicht täte. Und es sei mir gestat­tet, zu sagen, daß es in unse­rem Haus, auch in die­ser Gene­ra­ti­on, kei­nen Platz für Feig­lin­ge gibt.“

Palazzo Pallavicini auf dem Quirinal
Palaz­zo Pal­la­vici­ni auf dem Quirinal

So kam schließ­lich der schick­sals­haf­te 6. Juni. Der Vor­trag war rigo­ros 400 Gela­de­nen vor­be­hal­ten, die vom Ord­nungs­dienst, der aus jun­gen Ange­hö­ri­gen der Alle­an­za Cat­to­li­ca (Katho­li­sche Alli­anz) bestand, emp­fan­gen wur­de. Mehr als tau­send Per­so­nen füll­ten jedoch das Trep­pen­haus und den Gar­ten des histo­ri­schen Palaz­zo Pal­la­vici­ni-Ros­piglio­si, der für sei­ne Kunst­wer­ke welt­weit bekannt ist. (3) Msgr. Lefeb­v­re wur­de von einem jun­gen Ver­tre­ter in Rom, Don Ema­nue­le du Chalard, beglei­tet. Die Für­stin Pal­la­vici­ni kam ihm in ihrem Roll­stuhl ent­ge­gen, der von ihrer Gesell­schafts­da­me, Don­na Eli­ka Del Dra­go, gescho­ben wurde.

Für­stin Vir­gi­nia Rus­po­li, Wit­we des Für­sten Mares­cot­ti Rus­po­li, einem der bei­den Für­sten-Hel­den, die 1942 bei der Schlacht von El Alam­ein gefal­len sind, schenk­te Msgr. Lefeb­v­re eine Reli­quie des hei­li­gen Pius X., die ihr Pius XII. per­sön­lich über­reicht hat­te. Obwohl das Groß­prio­rat von Rom des Mal­te­ser­or­dens die Order aus­ge­ge­ben hat­te, der Ver­an­stal­tung fern­zu­blei­ben, for­der­ten Fürst Sfor­za Rus­po­li, Graf Fabri­zio Saraza­ni und eini­ge ande­re muti­ge Ade­li­ge die Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men die­ser Insti­tu­ti­on her­aus und saßen in der ersten Rei­he neben Msgr. Fran­çois Ducaud Bour­get (1897 – 1984), der am 27. Febru­ar des­sel­ben Jah­res in Paris die Beset­zung der Kir­che Saint-Nico­las du Char­don­net ange­führt hat­te. Die Für­stin Pal­la­vici­ni stell­te Msgr. Lefeb­v­re vor, der unter einem für ihn berei­te­ten roten Bal­da­chin mit dem Wap­pen von Papst Cle­mens IX. Ros­piglio­si Platz nahm.

Der Erz­bi­schof sam­mel­te sich zunächst im Gebet, dann sag­te er:

„Ich erwei­se dem Hei­li­gen Stuhl mei­nen Respekt und ich erwei­se Rom mei­nen Respekt. Wenn ich hier bin, dann des­halb, weil ich die­ses katho­li­sche Rom liebe.“

Palazzo Pallavicini Rospigliosi
Palaz­zo Pal­la­vici­ni Rospigliosi

Das katho­li­sche Rom, das ihm lausch­te, unter­brach sei­ne Rede immer wie­der mit fre­ne­ti­schem Applaus. Der Saal war über­füllt, und die Men­ge dräng­te sich in den Vor­räu­men, im Trep­pen­haus, in der Ein­gangs­hal­le und im Gar­ten. Das „Kon­zil des Aggior­na­men­to“ will in Wirk­lich­keit eine Neu­de­fi­ni­ti­on der Kir­che, so Msgr. Lefeb­v­re. Um „offen“ und in Gemein­schaft mit allen Reli­gio­nen, allen Ideo­lo­gien und allen Kul­tu­ren sein zu kön­nen, müß­te die Kir­che die eige­nen, zu hier­ar­chi­schen Insti­tu­tio­nen ändern und sich in vie­le natio­na­le Bischofs­kon­fe­ren­zen auflösen.

Zu den Sakra­men­ten wird man mehr auf die Initia­ti­on und das kol­lek­ti­ve Leben behar­ren als auf die Mei­dung des Satans und der Sün­de. Das Leit­mo­tiv der Ver­än­de­rung wird die Öku­me­ne sein. Der mis­sio­na­ri­sche Geist wird ver­schwin­den. Es wird das Prin­zip ver­kün­det wer­den: „Jeder Mann ist ein Christ, er weiß es nur nicht“, wes­halb er das Heil sucht, egal wel­che Reli­gi­on er prak­ti­ziert. Die lit­ur­gi­schen und öku­me­ni­schen Ver­än­de­run­gen, so Msgr. Lefeb­v­re, dem das Publi­kum in gespann­ter Stil­le lausch­te, pro­vo­zie­ren das Ver­schwin­den von Ordens­be­ru­fun­gen und ver­wan­deln die Prie­ster­se­mi­na­re in Wüsten. Das Prin­zip der „Reli­gi­ons­frei­heit“ klingt belei­di­gend für die Kir­che und für Unse­ren Herrn Jesus Chri­stus, weil sie nichts ande­res ist, als „das Recht zum öffent­li­chen Bekennt­nis einer fal­schen Reli­gi­on, ohne von irgend­ei­ner mensch­li­chen Auto­ri­tät dar­in gestört zu werden.“

Grab der Fürstin Pallavicini
Grab der Für­stin Pallavicini

Msgr. Lefeb­v­re sprach dann über das nach­kon­zi­lia­re Ent­ge­gen­kom­men gegen­über dem Kom­mu­nis­mus, indem er an die wie­der­hol­ten Audi­en­zen erin­ner­te, die der Hei­li­ge Stuhl kom­mu­ni­sti­schen Füh­rern gewähr­te; an das Abkom­men, den Kom­mu­nis­mus beim Kon­zil nicht zu ver­ur­tei­len, und die gering­schät­zi­ge Behand­lung der über 450 Bischö­fe, die eine sol­che Ver­ur­tei­lung gefor­dert hat­ten. Statt­des­sen wur­de der Dia­log mit dem Kom­mu­nis­mus ermu­tigt, indem phi­lo­mar­xi­sti­sche Bischö­fe ernannt wur­den wie Msgr. Hel­der Cama­ra in Bra­si­li­en, Msgr. Sil­va Hen­ri­ques in Chi­le und Msgr. Men­dez Arceo in Mexi­ko. Es ist eine Tat­sa­che, füg­te Msgr. Lefeb­v­re hin­zu, daß zahl­rei­che Domi­ni­ka­ner und vie­le Jesui­ten, die offen Häre­si­en ver­kün­den, nicht ver­ur­teilt wer­den, und gegen Bischö­fe, die die Inter­kom­mu­ni­on prak­ti­zie­ren, die in ihren Diö­ze­sen und in ihren Kir­chen fal­sche Reli­gio­nen ein­füh­ren und so weit gehen, das Kon­ku­bi­nat zu seg­nen, wird nicht ein­mal ermittelt.

Nur die treu­en Katho­li­ken ris­kie­ren aus den Kir­chen ver­jagt, ver­folgt und ver­ur­teilt zu werden.

„Ich bin a divi­nis sus­pen­diert, weil ich fort­fah­re, Prie­ster aus­zu­bil­den, wie sie frü­her aus­ge­bil­det wurden.“

Am Ende sei­nes Vor­tra­ges sag­te Msgr. Lefeb­v­re an das von sei­nen Wor­ten beweg­te Publikum:

„Heu­te ist es die ern­ste Pflicht für einen Katho­li­ken, den Glau­ben zu bewah­ren. Es ist nicht rech­tens, jeman­dem zu gehor­chen, der dar­an arbei­tet, ihn zu schwä­chen oder aus­zu­lö­schen. Mit der Tau­fe haben wir die Kir­che um den Glau­ben gebe­ten, weil der Glau­be uns zum ewi­gen Leben führt. Wir wer­den bis zum letz­ten Atem­zug die Kir­che um die­sen Glau­ben bitten.“

Die Ver­an­stal­tung ende­te mit einem gesun­ge­nen Sal­ve Regi­na. Der Vati­ka­nist Ben­ny Lai schrieb am 7. Juni in der Tages­zei­tung La Nazio­ne:

„Jene, die sich einen Volks­tri­bu­nen erwar­tet hat­ten, sahen sich einem Mann mit einer sanf­ten Hal­tung gegen­über, der aber imstan­de war, bevor er die Anwe­sen­den auf­for­der­te, das Sal­ve Regi­na zu beten, fol­gen­de Erklä­rung abzu­ge­ben: ‚Ich will kei­ne Grup­pe wel­cher Art auch immer bil­den und ich will dem Papst nicht wider­spre­chen, aber er darf nicht von mir ver­lan­gen, zum Pro­te­stan­ten zu werden‘.“

Der Palazzo neben dem Präsidentenpalast
Der Palaz­zo neben dem Präsidentenpalast

Der Vor­trags­abend wur­de zum stra­te­gi­schen Sieg jener, die fälsch­li­cher­wei­se als Tra­di­tio­na­li­sten bezeich­net wer­den, weil es Msgr. Mar­cel Lefeb­v­re gelun­gen war, ohne kano­ni­sche Sank­tio­nen sei­ne The­sen auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne bekannt­zu­ma­chen. Paul VI. starb ein Jahr spä­ter vor Auf­re­gung über den Tod sei­nes Freun­des Aldo Moro. (4) Der Name von Kar­di­nal Polet­ti hin­ge­gen bleibt mit dem obsku­ren Nulla osta ver­bun­den, mit dem am 10. März 1990 der Bei­set­zung des Bos­ses der Ban­da del­la Maglia­na (5), ‚Rena­ti­no‘ De Pedis, in der Basi­li­ka Sant’Apollinare alle Ter­me Nero­nia­ne-Ales­sand­ri­ne bewil­ligt wurde.

Die Für­stin Pal­la­vici­ni ging aus der „Her­aus­for­de­rung“ als Sie­ge­rin her­vor. Sie wur­de nicht exkom­mu­ni­ziert. In den fol­gen­den Jah­ren wur­de ihr Palaz­zo zum Bezugs­punkt für vie­le Kar­di­nä­le, Bischö­fe und katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le. Sie und ihre römi­schen Freun­de waren kei­ne „Gespen­ster der Ver­gan­gen­heit“, wie sie der Cor­rie­re del­la Sera vom 7. Juni 1977 bezeich­ne­te, son­dern Zeu­gen des katho­li­schen Glau­bens, die in die Zukunft blick­ten. 40 Jah­re danach hat ihnen die Geschich­te recht gegeben.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017.

Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana/​Wikipedia

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(1) Elvina Für­stin Pal­la­vici­ni wur­de 1914 in Genua als Toch­ter des ita­lie­ni­schen Indu­stri­el­len und Poli­ti­kers Mar­che­se Gia­co­mo Medi­ci del Vas­cel­lo und von Olga Leu­mann, der Toch­ter des Schwei­zer Tex­til­in­du­stri­el­len und Poli­ti­kers Johann Georg Leu­mann, gebo­ren. Die Mar­che­si Medi­ci del Vas­cel­lo gehör­ten dem Patri­zi­at der See­re­pu­blik Genua an und stell­ten drei Genue­ser Dogen. 1939 hei­ra­te­te sie Gugliel­mo Mari­us Hubert Marie de Pierre de Ber­nis de Cour­ta­vel Fürst Pal­la­vici­ni. Sie galt als „unge­krön­te Köni­gin Ita­li­ens“ und „letz­te Köni­gin von Rom“.

(2) Die Pal­la­vici­ni gehö­ren zum ita­lie­ni­schen Hoch­adel. Sie ent­stam­men dem lan­go­bar­di­schen Geschlecht der Ober­tenghi (Otber­ti­ner), deren Stamm­va­ter Otbert I. als Gefolgs­mann der deut­schen Kai­ser von ca. 951 bis 975 Pfalz­graf von Ita­li­en und Mark­graf war, Anm. des Übersetzers.

(3) Der Palaz­zo Pal­la­vici­ni Ros­piglio­si in Rom birgt eine der größ­ten und kost­bar­sten, pri­va­ten Kunst­samm­lun­gen der Welt.

(4) Aldo Moro (1916–1978), Pro­fes­sor für Straf­recht, christ­de­mo­kra­ti­scher Poli­ti­ker, ab 1948 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter, ab 1955 Mini­ster, von 1963–1968 und von 1974–1976 Mini­ster­prä­si­dent von Ita­li­en und dazwi­schen ita­lie­ni­scher Außen­mi­ni­ster. Am 16. März 1978 wur­de Moro von der kom­mu­ni­sti­schen Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on Rote Bri­ga­den (BR) ent­führt und am 9. Mai ermor­det. Papst Paul VI. hat­te ver­geb­lich sich selbst als Gei­sel im Aus­tausch für die Frei­las­sung Moros angeboten.

(5) 1975 gegrün­de­te mafia­ähn­li­che, orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät in Rom und Lati­um, benannt nach dem römi­schen Stadt­teil Maglia­na, in dem meh­re­re der Grün­der lebten.

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7 Kommentare

  1. Auf­schluss­reich, mit wel­cher Bra­chi­al­ge­walt das Vat.II rück­wir­kend zum ver­bind­li­chen Dog­ma erklärt wur­de. Die Ver­schla­gen­heit mit der hier offen­sicht­lich ope­riert wur­de um den Regi­me­ch­an­ge in der Kir­che zu erzwin­gen, ent­spricht links-revo­luz­zio­nä­rer Metho­dik. Erstaun­lich, dass sich kon­ser­va­ti­ve Leu­te wie Ratz­in­ger hier soweit ein­brach­ten, ohne den umstürz­le­ri­schen Cha­rak­ter, sowie sei­ne weit­rei­chen­den Kon­se­quen­zen auch nur ansatz­wei­se reflek­tier­ten. Der Preis des Ehr­gei­zes, und per­sön­li­chen Ruhms dürf­te ausser­or­dent­lich ver­lockend, rück­wir­kend jedoch zu hoch gewe­sen sein. War der Preis doch eine erheb­li­che Ver­wü­stung, wie es alle Revol­ten wesen­haft und zwangs­läu­fig an sich haben.

  2. Da wur­de schon mit har­ten Ban­da­gen „gekämpft“ sei­tens des Vati­kans. VII machts möglich.

    Und eine tap­fe­re Ade­li­ge mit Rück­grat. Mei­ne Hoch­ach­tung vor die­ser Dame!

  3. Ein star­ker Bei­trag, vie­len Dank dafür!

    Es ist so fas­zi­nie­rend wie unglaub­lich, wie­vie­le Anläu­fe der Vati­kan unter­nahm, um den Vor­trag von Erz­bi­schof Lefeb­v­re zu verhindern.
    Was gab es zu fürch­ten für jene im Vatikan?
    Die Wahr­heit? Die Bloß­stel­lung durch die Bekräf­ti­gung der Wahr­heit von Sei­ten Lefebvre?
    „Man“ wuss­te also im Vati­kan, dass die Wahr­heit in wich­ti­gen Punk­ten mit dem VII gebeugt und ver­las­sen wor­den war. 

    Dies zuzu­ge­ben und zu kor­ri­gie­ren war aber kei­nes­falls am Pro­gramm. Rela­ti­vis­mus und fal­sche Kom­pro­mis­se haben ihre Hoch­ära begonnen.…
    Die­se dau­ert immer noch an.

    • Vie­len Dank, für die­sen bril­lan­ten Arti­kel von Rober­to de Mat­tei! Eine Kir­che, die auf Tra­di­ti­on, Hl. Schrift und Lehr­amt auf­ge­baut ist, kann nicht ohne Scha­den mit ihrer eige­nen Tra­di­ti­on und des­sen Lehr­amt bre­chen, in dem sie ihre augen­blick­li­che hier­ar­chi­sche Auto­ri­tät gegen jene in Stel­lung bringt, die schlicht an der über­lie­fer­ten Wahr­heit und Kon­ti­nui­tät ihres Glau­bens und ihres Aus­druckes, fest­hal­ten wol­len. Man wuss­te sehr wohl, um den Bruch, den das Vat.II dar­stell­te, dach­te jedoch, mit­tels des hier­ar­chi­schen Gehor­sam­ses ins­be­son­de­re die Kon­ser­va­ti­ven auf die neue Linie zwin­gen zu kön­nen. Man war sich bewusst, dass es gera­de die Kon­ser­va­ti­ven sind, die grund­sätz­lich viel Emp­fäng­li­cher für Gehor­sams­ver­pflich­tun­gen der jewei­li­gen Hier­ar­chie sind, als es Libe­ra­le oder Revo­lu­tio­nä­re sind. Hier liegt die Sach­la­ge des­halb anders, weil die Ille­gi­ti­mi­tät diver­ser Verlautbarungen
      und Hand­lun­gen bereits vom Lehr­amt ver­ur­teilt wur­de. Die Refor­mer hat­ten das Gan­ze wie einen poli­ti­schen Akt verstanden,
      und waren sich des Cha­rak­ters der Myste­ri­en der Kir­che nur unzu­rei­chend bewusst.

  4. Ich erin­ne­re mich sehr gut an die­ses Ereig­nis im Jah­re 1977. Damals kam sogar ein kur­zer Bericht in der Tages­schau. Ich war begei­stert von der muti­gen Hal­tung der Für­stin Pal­la­vici­ni. Von den Machen­schaf­ten des Vati­kans im
    Vor­feld des Vor­tra­ges erfuhr man aller­dings nichts im Detail. Es wur­de nur erwähnt, daß man alles ver­sucht hät­te den Besuch von Mons­ei­gneur Lefeb­v­re zu ver­hin­dern. Möge die Für­stin Pal­la­vici­ni geseg­net sein in der Ewig­keit für ihre Treue und ihren Mut.

  5. Eine nicht nur muti­ge, son­dern oben­drein auch bild­schö­ne, cha­rak­ter­star­ke Frau – durch phy­si­sche und psy­chi­sche Lei­den in der engen Nach­fol­ge des Herrn lebend – die es gilt in unse­rer Zeit nachzuahmen!

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