10 Jahre Summorum Pontificum: viele Früchte und einige Stachel


10 Jahre Motu proprio Summorum Pontificum 2007-2017
10 Jahre Motu proprio Summorum Pontificum 2007-2017

Von Mau­ro Faverzani

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Es sind genau zehn Jah­re ver­gan­gen, seit am 7. Juli 2007 das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum ver­öf­fent­licht wur­de, mit dem Bene­dikt XVI. die Triden­ti­ni­sche Mes­se vom Dach­bo­den hol­te, auf dem sie ande­re ver­stoh­len und unan­ge­mes­sen ent­sor­gen woll­ten in der Hoff­nung, daß man sie ver­ges­sen würde.

Prof. Mar­tin Mose­bach, der Autor von „Häre­sie der Form­lo­sig­keit“ hat es  in einem Inter­view für die Monats­zeit­schrift Radi­ci Cri­stia­ne, die in ihrer Juli-Aus­ga­be dem The­ma ein umfang­rei­ches Dos­sier wid­met, sehr gut gesagt:

„Papst Bene­dikt hat mehr­fach betont, daß die Päp­ste nicht Her­ren der Lit­ur­gie sind, son­dern ihr zu die­nen haben. Die­se schö­nen und wah­ren Grund­sät­ze sind jedoch jah­re­lang miß­ach­tet wor­den. In Wirk­lich­keit hat sich der Hei­li­ge Stuhl lan­ge so ver­hal­ten, als kön­ne er den über­lie­fer­ten Ritus ver­bie­ten, und dar­in ist ihm der Groß­teil der Bischö­fe der Welt gefolgt.“

Papst Ratz­in­ger kommt hin­ge­gen das Ver­dienst zu, klar­ge­stellt zu haben, daß die latei­nisch-gre­go­ria­ni­sche Lit­ur­gie „nie abge­schafft“ war. Im Brief an die Bischö­fe anläß­lich der Ver­öf­fent­li­chung von Sum­morum Pon­ti­fi­cum sagt er:

„Was frü­he­ren Gene­ra­tio­nen hei­lig war, bleibt auch uns hei­lig und groß; es kann nicht plötz­lich rund­um ver­bo­ten oder gar schäd­lich sein.“

Wel­che Bilanz ist nach die­sem Jahr­zehnt zu zie­hen? Die Zah­len spre­chen für sich. In Frank­reich wur­de die Triden­ti­ni­sche Mes­se an 120 Orten zele­briert, heu­te sind es 220. Auch die Meß­or­te der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. wach­sen, wenn auch lang­sam, und haben sich von 185 auf 195 ver­mehrt. In den USA hat sich die Zahl der Meß­or­te im über­lie­fer­ten Ritus ver­dop­pelt. Im deut­schen Sprach­raum ist sie von 42 auf 87 angestiegen.

Jährliche Dankwallfahrt in Rom
Jähr­li­che Dank­wall­fahrt in Rom

Heu­te wird die über­lie­fer­te Mes­se auch auf Kuba, in Sin­ga­pur, Litau­en, Sim­bab­we, Süd­ko­rea und sogar in drei Diö­ze­sen von Indo­ne­si­en, dem bevöl­ke­rungs­reich­sten isla­mi­schen Land der Welt, zele­briert. In Jakar­ta sind es häu­fig aus­län­di­sche Mis­sio­na­re, die sie zele­brie­ren, weil die Orts­bi­schö­fe die Bit­te der Gläu­bi­gen syste­ma­tisch igno­riert haben. In Bandung wird sie regel­mä­ßig seit 2009 zele­briert. In Pon­ti­a­nak auf Bor­neo zele­briert sie der eme­ri­tier­te Erz­bi­schof, aber auch in Yogy­kar­ta auf Java ist sie hei­misch geworden.

Natür­lich gibt es nicht nur Licht. In vie­len Diö­ze­sen, vor allem in Ita­li­en, wird die Triden­ti­ni­sche Mes­se trotz Motu pro­prio von den Diö­ze­san­bi­schö­fen ver­wei­gert. Nicht nur das: Im Wider­spruch zur Instruk­ti­on Uni­ver­sae Eccle­siae (Nr. 21) haben die Semi­na­ri­sten nicht immer die Mög­lich­keit, sich mit der Zele­bra­ti­on der über­lie­fer­ten Mes­se ver­traut zu machen, weil sie ihnen nicht gel­e­lehrt wird.

„Es gibt auch Pro­ble­me, die mit ideo­lo­gi­schen Vor­ur­tei­len zusam­men­hän­gen, und ande­re mehr pastorale.“

Die erklärt Kuri­en­erz­bi­schof Gui­do Poz­zo, der Sekre­tär der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei, in einem aus­führ­li­chen Inter­view, das sich eben­falls in der Juli-Aus­ga­be von Radi­ci Cri­stia­ne fin­det. Msgr. Poz­zo weiter:

„Eini­ge Bischö­fe bekla­gen, daß die ein­zel­nen Grup­pen von Gläu­bi­gen eines stän­di­gen Coe­tus nicht immer wirk­lich in die pasto­ra­le Akti­on der Orts­kir­che ein­ge­bun­den sind. Es besteht die Gefahr einer gewis­sen Iso­lie­rung. Die­se Iso­lie­rung geht aber nicht auf den Gebrauch der außer­or­dent­li­chen Form zurück.“

Eben­so­we­nig steht die Triden­ti­ni­sche Mes­se in „Dis­har­mo­nie“ zur „Sen­si­bi­li­tät der Diö­ze­se“, wie es manch­mal heißt. Dazu Msgr. Pozzo:

„Wenn jemand die Gefahr einer Dis­har­mo­nie mit der soge­nann­ten ‚Sen­si­bi­li­tät der Diö­ze­se‘ sieht, heißt das in Wirk­lich­keit, daß es in die­ser Diö­ze­se an einer ange­mes­se­nen Bil­dung oder Erzie­hung dar­über fehlt, was Lit­ur­gie und lit­ur­gi­scher Kul­tus bedeu­ten. Die ‚Sen­si­bi­li­tät‘ allein kann nicht das Bewer­tungs­kri­te­ri­um für das pasto­ra­le Wir­ken sein, da die katho­li­sche Seel­sor­ge auf der Glau­bens­leh­re grün­det und die­se vor­aus­setzt. Die alte Lit­ur­gie ist daher nicht als stö­ren­des Ele­ment zu inter­pre­tie­ren, oder als Bedro­hung der pasto­ra­len und kirch­li­chen Ein­heit, son­dern als Geschenk, das zum Auf­bau des Lei­bes Chri­sti not­wen­dig ist.“

Um für das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum zu dan­ken, fin­det seit fünf Jah­ren in Rom eine danach benann­te Wall­fahrt statt [in die­sem Jahr vom 14.–17. Sep­tem­ber 2017]. Dar­an neh­men Gläu­bi­ge aus der gan­zen Welt teil: von Süd­ame­ri­ka, Nord­ame­ri­ka, der Kari­bik, von Asi­en, Austra­li­en, Ost­eu­ro­pa und Skan­di­na­vi­en … Wall­fahrts­ka­plan ist der Theo­lo­ge und Lit­ur­gi­ker Abbé Clau­de Bar­the, Autor meh­re­rer Bücher über die Kirchenkrise.

Abbé Bar­the ist über­zeugt, daß der kaum zu ermes­sen­de Nut­zen des Motu pro­prio dar­in besteht, „erklärt zu haben, daß die Triden­ti­ni­sche Mes­se in sei­ner jüng­sten Aus­ga­be von 1962 durch die Reform von Paul VI. nicht abge­schafft wur­de“. Allein die­se Tat­sa­che habe bereits „im Sin­ne der lex oran­di lex cre­den­di heil­brin­gen­de Wir­kung für die von einer Glau­bens­kir­se gebeu­tel­te Kir­che, die noch radi­ka­ler ist, als es die moder­ni­sti­sche war.“

Gewiß, die­se Mes­se bleibt in der Min­der­heit, doch „allein die Tat­sa­che, daß sie über­all auf der Welt zele­briert wird, ermög­licht die Ver­brei­tung des­sen, was sie auf wun­der­ba­re Wei­se als Aus­druck des ver­söh­nen­den Opfers und der abso­lu­ten Tran­szen­denz des eucha­ri­sti­schen Geheim­nis­ses reprä­sen­tiert: sie hat auch eine trau­ma­tur­gi­sche Wir­kung, wenn man es so sagen kann, die auf ein im Glau­ben kran­kes, christ­li­ches Volk ange­wandt wird.“

Was brau­chen die Gläu­bi­gen heu­te? Die Fei­er­lich­keit der Riten, die Stil­le des Gebets, den lit­ur­gi­schen Gesangs, das nüch­ter­ne Gebet, den stren­gen Rhyth­mus der der latei­nisch-gre­go­ria­ni­schen Zele­bra­ti­on eigen ist. All das ist in der Triden­ti­ni­schen Mes­se vorhanden.

Zudem, wie Don Mari­no Neri in einem wei­te­ren Bei­trag der neu­en Aus­ga­be der Radi­ci Cri­stia­ne schreibt:

„Sogar die Lit­ur­gie­spra­che des Westens, das Latein, hat eine päd­ago­gi­sche Funk­ti­on. Sie durch­bricht schlag­ar­tig den All­tag und das Bana­le, um den Men­schen in eine ande­re Welt, oder bes­ser in eine wah­re­re und wirk­li­che­re Welt ein­zu­tau­chen als alles, was uns umgibt.“

Wer des Ita­lie­ni­schen mäch­tig ist, kann die Juli-Aus­ga­be auf der Inter­net­sei­te von Radi­ci Cri­stia­ne anfordern.

Text: Mau­ro Faverzani/​Erstveröffentlichung Cor­ri­spon­den­za Romana
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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1 Kommentar

  1. Die im Arti­kel genann­ten Zah­len schei­nen sehr ver­al­tet zu sein. Im deut­schen Sprach­raum wur­den im Juli 2007 an ca. 60 Orten regel­mä­ßig (werk­tags + sonn­tags) hei­li­ge Mes­sen in der außer­or­dent­li­chen Form des römi­schen Ritus gefei­ert, heu­te sind es 230. In GB stieg die Anzahl von 26 auf 153, in den USA von 230 Sonn­tags­mes­sen auf 490.
    (sie­he hier­zu auch die Dia­gram­me in
    http://​www​.pro​-mis​sa​-triden​ti​na​.org/​u​p​l​o​a​d​/​d​v​1​4​/​D​V​1​4​_​0​7​a​_​1​0​_​J​a​h​r​e​_​M​o​t​u​_​p​r​o​p​r​i​o​.​pdf )

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