Israelisch-iranischer Schlagabtausch mit dem Buch Ester – Netanjahu: Perser wollten Juden vernichten – Zarif: „Geschichtsfälschung“


Netanjahu erzählt jüdischen Kindern in der Hauptsynagoge von Caesarea die Geschichte von Purim.
Netanjahu erzählt jüdischen Kindern in der Hauptsynagoge von Caesarea die Geschichte von Purim. Darauf folgte ein Schlagabtausch mit dem iranischen Außenminister, der Netanjahu "Geschichtsfälschung" vorwarf.

(Tel Aviv/​Teheran) Isra­els Mini­ster­prä­si­dent Ben­ja­min Netan­ja­hu sag­te zum Purim-Fest am 12. März der Iran sei eine Bedro­hung für Isra­el, weil die Per­ser „schon immer die Juden ver­nich­ten“ woll­ten. Der ira­ni­sche Außen­mi­ni­ster sprach dar­auf von „Geschichts­fäl­schung“. Er warf Netan­ja­hu vor, die „Torah zu ver­fäl­schen“, denn es sei der per­si­sche König gewe­sen, der die Juden geret­tet habe. Purim, an dem die Juden welt­weit die „Ret­tung der per­si­schen Juden“ im 5. Jahr­hun­dert vor Chri­stus fei­ern, hät­ten sie dem Per­ser­kö­nig Xer­xes zu verdanken.

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In den ver­gan­ge­nen Tagen kam es zu einem ver­ba­len Schlag­ab­tausch zwi­schen dem jüdi­schen Isra­el und dem schii­ti­schen Iran in des­sen Mit­tel­punkt ein Buch des Alten Testa­men­tes stand, das Buch Ester.

Am ver­gan­ge­nen Sonn­tag fei­er­ten die Juden Purim. Der israe­li­sche Mini­ster­prä­si­dent nütz­te das Fest, um zu „bewei­sen“, daß die Per­ser schon immer die Ver­nich­tung des jüdi­schen Vol­kes gewollt hätten.

Javed Zarif, Irans Außenminister
Javad Zarif, Irans Außenminister

Dar­auf folg­te eine schar­fe Reak­ti­on aus Tehe­ran. Über Twit­ter kam es zu einem ver­ba­len Schlag­ab­tausch auf Distanz zwi­schen Netan­ja­hu und dem ira­ni­schen Außen­mi­ni­ster Javad Zarif. Zarif beschul­dig­te den israe­li­schen Mini­ster­prä­si­den­ten der „Geschichts­fäl­schung“.

Am 11. März hat­te Netan­ja­hu auf Twit­ter ein Video ver­linkt, das eine Purim-Fei­er in der Haupt­syn­ago­ge von Caesarea bei Hai­fa zeig­te. Das Video zeigt Netan­ja­hu, wie er Kin­dern die Geschich­te des Purim-Festes erzählt. Wört­lich sag­te er dabei:

„In Per­si­en woll­ten sie uns töten, aber es ist ihnen nicht gelungen“.

Und wei­ter:

„Auch jetzt ver­su­chen die Per­ser uns zu ver­nich­ten, aber sie wer­den erneut scheitern“.

Am Sonn­tag ant­wor­te­te Irans Außen­mi­ni­ster Javed Zarif auf Twitter:

„Um die auf­wieg­le­ri­schen Lügen gegen ein Land zu ver­brei­ten, das die Juden drei­mal geret­tet hat, erzählt Netan­ja­hu eine fal­sche Geschich­te und ver­fälscht die Torah. Die Macht der Gewohnheit“.

Laut dem Buch Ester, belehr­te Zarif den israe­li­schen Mini­ster­prä­si­den­ten, wur­den die Juden vom Per­ser­kö­nig Xer­xes I. geret­tet. Die im Buch Ester vom könig­li­chen Beam­ten Haman zum Tode ver­ur­teil­ten Juden des Per­ser­rei­ches wur­den auf Befehl des Königs gerettet.

Die zwei­te Ret­tung erfolg­te durch den Per­ser­kö­nig Kyros den Gro­ßen, der nach der Erobe­rung Baby­lons die Juden aus der baby­lo­ni­schen Gefan­gen­schaft befreite.

Die drit­te Ret­tung sei wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges erfolgt, als Per­si­en im Gegen­satz zu zahl­rei­chen ande­ren Staa­ten „freu­dig“ Juden Auf­nah­me gewähr­te, die vor Ver­fol­gung und Ver­trei­bung auf der Flucht waren.

Gestern abend reagier­te Netan­ja­hu auf Zarifs Antwort:

„Der Außen­mi­ni­ster spricht von Tole­ranz, wäh­rend das Regime Homo­se­xu­el­le auf­hängt, Jour­na­li­sten ver­haf­tet und zur Zer­stö­rung Isra­els auf­ruft. Wen wol­len die an der Nase herumführen?“

Der Streit über das Purim-Fest ist nicht neu. Bereits 2012 hat­te Netan­ja­hu das Fest genützt, um dem dama­li­gen US-Prä­si­den­ten ein Exem­plar des Buches Ester zu schen­ken mit dem Hin­weis, die Per­ser woll­ten Isra­el zer­stö­ren. 2015 wie­der­hol­te er die Akti­on zusam­men mit einem Appell an die Kon­greß­ab­ge­ord­ne­ten der USA.

Schon damals hat­te Zarif Netan­ja­hu ent­ge­gen­ge­hal­ten, daß des­sen „Erzäh­lung“ nicht dem ent­spre­che, was im Buch Ester geschrie­ben steht.

Bereits ver­gan­ge­ne Woche hat­te Netan­ja­hu sei­ne Nach­er­zäh­lung, der im Buch Ester geschil­der­ten Ereig­nis­se vor fast 2500 Jah­ren, dem rus­si­schen Staats­prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin vor­ge­tra­gen, um zugleich vor dem Iran zu warnen.

Putin ging aber nicht dar­auf ein, son­dern sag­te kurz ange­bun­den: „Heu­te leben wir in einer ande­ren Welt.“

Text: Andre­as Becker
Bild: Youtube/​AsiaNews (Screen­shots)

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