[Update] Vorzeitige Emeritierung des Erzbischofs von Lipa wegen der „Marienerscheinungen“?


Erzbischof Ramon Cabrera Argüelles von Lipa wurde gestern vorzeitig von seinem Amt entbunden, offenbar wegen seiner Haltung zu kirchlich nicht anerkannten Marienerscheinungen.
Erzbischof Ramon Cabrera Argüelles von Lipa wurde gestern vorzeitig von seinem Amt entbunden, offenbar wegen seiner Haltung zu kirchlich nicht anerkannten "Marienerscheinungen".

(Mani­la) Papst Fran­zis­kus nahm gestern das Rück­tritts­ge­such von Erz­bi­schof Ramon Cabre­ra Argüel­les von Lipa auf den Phil­ip­pi­nen an, wie es im Tages­bul­le­tin des Vati­kans heißt. Gleich­zei­tig ernann­te er mit Msgr. Gil­bert Gar­cera einen Nach­fol­ger, den er vom Bischofs­sitz von Daet nach Lipa versetzte.

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Die Eme­ri­tie­rung von Erz­bi­schof Argüel­les erfolg­te vor­zei­tig. Der Erz­bi­schof ist erst 72 Jah­re alt. Der Hin­weis auf Canon 401,2 gibt kei­ne Aus­kunft, ob er auf­grund von gesund­heit­li­chen Pro­ble­men zurück­ge­tre­ten ist, oder wegen einer schwer­wie­gen­den Ver­feh­lung abge­setzt wur­de. Eine ent­spre­chen­de Prä­zi­sie­rung des Kodex des Kano­ni­schen Rechts wur­de in den ver­gan­ge­nen Jah­ren mehr­fach angeregt.

Kirchlich nicht anerkannte „Marienerscheinungen“ von Lipa

Erz­bi­schof Ramon Argüel­les erlang­te in der Ver­gan­gen­heit inter­na­tio­na­le Bekannt­heit, als er 2015 die Echt­heit angeb­li­cher Mari­en­er­schei­nun­gen von Lipa für „glaub­wür­dig“ erklär­te und bekannt­gab, daß er vom „über­na­tür­li­chen“ Cha­rak­ter des Phä­no­mens über­zeugt sei.

Der Erzbischof mit einer Marienstatue, die 1948 der Karmelitin Teresita Castillo erschienen sein soll.
Der Erz­bi­schof mit einer Mari­en­sta­tue, die 1948 der Kar­me­li­tin Tere­si­ta Castil­lo erschie­nen sein soll.

Bereits 2009 hat­te der Erz­bi­schof das nega­ti­ve Urteil einer Kom­mis­si­on von Bischö­fen auf­ge­ho­ben. Anfang der 50er Jah­re waren meh­re­re phil­ip­pi­ni­sche Bischö­fe mit der Unter­su­chung des Phä­no­mens beauf­tragt wor­den. Die Kom­mis­si­on gelang­te am 11. April 1951 zum Schluß, daß die angeb­li­chen Erschei­nun­gen „nicht über­na­tür­li­chen Ursprungs“ sind. Eine Ent­schei­dung, die von Papst Pius XII. appro­biert wurde.

Im dama­li­gen Kar­me­li­tin­nen­klo­ster von Lipa soll der Novi­zin Tere­si­ta Castil­lo am 18. August 1948 die Got­tes­mut­ter Maria erschie­nen sein. Ins­ge­samt sei es, laut Tere­si­ta, in der Fol­ge zu 19 „Erschei­nun­gen“ gekom­men, bei denen es im Klo­ster­gar­ten Rosen­blät­ter mit hei­li­gen Dar­stel­lun­gen vom Him­mel reg­ne­te. Auf den Rosen­blät­tern, die in Lipa auf­be­wahrt wer­den, sind das Jesus­kind, der hei­li­ge Joseph, der seg­nen­de Jesus, die hei­li­ge Fami­lie, der Hei­li­ge Geist, der Gekreu­zig­te, das Letz­te Abend­mahl und wei­te­re Moti­ve zu sehen. Bei der letz­ten Erschei­nung habe sich Maria als „Mitt­le­rin aller Gna­den“ vorgestellt.

Phänomen nur „vorgetäuscht“ – Bischof, der an Echtheit glaubt, abgesetzt

Der dama­li­ge Bischof von Lipa, Msgr. Alfre­do Ver­zo­sa y Flo­ren­tin, war von der Echt­heit über­zeugt, nach­dem ihm zum Beweis ein gewünsch­tes Wun­der gezeigt wor­den sei. Rom war jedoch skep­tisch und setz­te eine Theo­lo­gen­kom­mis­si­on ein, die 1949 ein nega­ti­ves Urteil fäll­te. Das Phä­no­men von Lipa sei von Tere­si­ta nur „vor­ge­täuscht“ und wer­de dar­in von der Prio­rin „unter­stützt“.

Bischof Ver­zo­sa wur­de von Rom abge­setzt. Unter dem von Pius XII. ein­ge­setz­ten Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tor wur­de die erwähn­te, von meh­re­ren phil­ip­pi­ni­schen Bischö­fen gebil­de­te Kom­mis­si­on aktiv, die eben­falls zu einem nega­ti­ven Urteil gelangte.

Bischof Verzosa, hinter ihm die Oberin, links stehen Teresita Castillo (Lipa 1948)
Bischof Ver­zo­sa, hin­ter ihm die Obe­rin, links ste­hen Tere­si­ta Castil­lo (Lipa 1948)

Daß es den­noch in Lipa zu Bekeh­run­gen und Hei­lun­gen kam, inter­pre­tier­te die Kom­mis­si­on mit den geweck­ten Erwar­tun­gen, die Men­schen für Got­tes Wir­ken öffne“.

Bischof Ver­zo­sa wur­de vor­zei­tig eme­ri­tiert, sein Weih­bi­schof, die Prio­rin und die Sub­prio­rin des Klo­sters ver­setzt. Die Sta­tue der „Erschie­ne­nen durf­te nicht mehr öffent­lich gezeigt wer­den. Der Kar­me­li­tin­nen­kon­vent wur­de auf­ge­löst, das Klo­ster aller­dings spä­ter wie­der besiedelt.

Anerkennung durch den Erzbischof – Einschreiten Roms

Der Pil­ger­strom nach Lipa riß trotz der Ver­bo­te nicht ab, son­dern nahm im Lau­fe der Jah­re sogar zu. Zum 60. Jah­res­tag der „Erschei­nun­gen“ pil­ger­te 2008 auch die dama­li­ge phil­ip­pi­ni­sche Staats­prä­si­den­tin Glo­ria Maca­pa­gal-Arro­yo nach Lipa.

Das Bis­tum Lipa wur­de 1972 zum Erz­bis­tum erho­ben. Erz­bi­schof Maria­no Gavio­la, der Vor­gän­ger von Msgr. Argüel­les, erlaub­te 1992 wie­der die öffent­li­che Aus­stel­lung der Sta­tue und lei­te­te neue Unter­su­chun­gen des Phä­no­mens ein. Die­se ver­an­laß­ten Erz­bi­schof Argüel­les 2009 das nega­ti­ve Ver­dikt von 1951 auf­zu­he­ben. 2013 wur­de das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren für Bischof Ver­zo­sa ein­ge­lei­tet. 2015 erklär­te Erz­bi­schof Argüel­les das Phä­no­men für „glaub­wür­dig“ und von „über­na­tür­li­chem“ Ursprung.

Noch im sel­ben Jahr griff jedoch die römi­sche Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ein und erklär­te am 15. Sep­tem­ber 2015 die Ent­schei­dung des Erz­bi­schofs für „null und nich­tig“. Die Ent­schei­dung von 1951 sei defi­ni­tiv. Dem Erz­bi­schof ste­he kei­ne Ent­schei­dungs­be­fug­nis mehr zu. Das ent­spre­chen­de römi­sche Doku­ment wur­de dem Erz­bi­schof am 30. Mai 2016 aus­ge­hän­digt. Am 16. Novem­ber 2016 starb die Kar­me­li­tin und „Sehe­rin“ Tere­si­ta Castil­lo im hohen Alter von 89 Jah­ren. Gestern wur­de Erz­bi­schof Ramon Cabre­ra Argüel­les emeritiert.

[Update] Franziskaner der Immakulata

Erz­bi­schof Argüel­les, der im Gefol­ge des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum auch in der über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus zele­brier­te, war noch in einem ande­ren Punkt in Rom „nega­tiv“ auf­ge­fal­len. Im Juli 2013 wur­de der tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne jun­ge Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta von der Ordens­kon­gre­ga­ti­on mit Zustim­mung von Papst Fran­zis­kus unter kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung gestellt. Ein Grund für die­se Zwangs­maß­nah­me wur­de bis heu­te nicht genannt. Wegen des direk­ten Angrif­fes gegen das Orden­scha­ris­ma, die Tra­di­ti­on und den über­lie­fer­ten Ritus ver­such­ten Ordens­an­ge­hö­ri­ge nach Aus­we­gen aus der Zwangs­la­ge zu suchen. Erwo­gen wur­de unter ande­rem die Neu­grün­dung als alt­ri­tu­el­ler Orden, der nicht mehr der Ordens­kon­gre­ga­ti­on, son­dern der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei unter­stellt wäre. Der Vati­kan lehn­te jedoch ab und ver­bot den Ordens­an­ge­hö­ri­gen den Orden zu verlassen.

Auch auf den Phil­ip­pi­nen wur­den ins­ge­samt sechs Prie­ster des Ordens sus­pen­diert, weil sie eine Neu­grün­dung des Ordens ver­such­ten. Am 28. Juni 2014 war in der Erz­diö­ze­se Lipa die Aner­ken­nung einer öffent­li­chen Ver­ei­ni­gung von Gläu­bi­gen erfolgt, wie damals Ripo­ste Catho­li­que berich­te­te. Die Aner­ken­nung wur­de als Vor­stu­fe zu einem Neu­grün­dungs­ver­such des geschun­de­nen Ordens der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta gese­hen. Dem­entspre­chend scharf reagier­te der Apo­sto­li­sche Kom­mis­sar, P. Fidenzio Vol­pi, und sus­pen­dier­te die dar­an betei­lig­ten Ordens­prie­ster. Als die Sache publik wur­de, gab der Kom­mis­sar eine öffent­li­che Erklä­rung ab, die in einem spöt­ti­schen Ton von „ultra-tra­di­tio­na­li­sti­schen“ Krei­sen sprach, aber zu den angeb­li­chen „Ver­feh­lun­gen“ der Prie­ster, die ihre Sus­pen­die­rung recht­fer­ti­gen wür­de, nur vage blieb.

Erz­bi­schof Argüel­les erteil­te den fünf phil­ip­pi­ni­schen Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta, die sus­pen­diert wor­den waren, das Cele­bret in sei­nem Erz­bis­tum. Damit mach­te er sich in bestimm­ten römi­schen Krei­sen kei­nes­wegs beliebt. Kurz nach dem Vor­fall auf den Phil­ip­pi­nen droh­te Kom­mis­sar Vol­pi den ita­lie­ni­schen Bischö­fen, falls sie Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta in ihren Bis­tü­mern auf­neh­men soll­ten. Zugleich behaup­te­te der Kom­mis­sar allen Ern­stes, die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta woll­ten Papst Fran­zis­kus „stür­zen“.

Das vor­zei­ti­ge Ende sei­ner Amts­zeit wird auf den Phil­ip­pi­nen im Zusam­men­hang mit sei­ner Hal­tung zu den Ereig­nis­sen von Lipa gese­hen. Ein Zusam­men­hang mit den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta ist nicht aus­ge­schlos­sen. Der Erz­bi­schof hat­te sich in Rom nicht beliebt gemacht.

Laut Berich­ten von Mes­sa in Lati­no habe Erz­bi­schof Argüel­les aus dem Inter­net von sei­ner Abset­zung erfah­ren. Von einem Rück­tritts­ge­such, das vom Papst „ange­nom­men wur­de“, wäre dann kei­ne Rede. Im Tages­bul­le­tin gilt eine feste Sprach­re­ge­lung, die nichts über die Hin­ter­grün­de aus­sagt. Erz­bi­schof Argüel­les hät­te damit den „barm­her­zi­gen“ Arm von Papst Fran­zis­kus zu spü­ren bekom­men wie 2014 Bischof Roge­l­io Livi­e­res von Ciu­dad del Este in Para­gu­ay. Unter einem Vor­wand war Msgr. Livi­e­res nach Rom gelockt wor­den, wo ihn Papst Fran­zis­kus vor ver­schlos­se­nen Türen war­ten ließ, wäh­rend zu Hau­se die Schlös­ser der bischöf­li­chen Resi­denz aus­ge­tauscht wur­den. Trotz aller Insi­stenz des Bischofs wei­ger­te sich Fran­zis­kus, den von ihm abge­setz­ten Bischof, zu emp­fan­gen und anzu­hö­ren. Bischof Livi­e­res wur­den weder „Dia­log“ noch „Barm­her­zig­keit“ zuteil. Die „Schuld“ von Bischof Livi­e­res bestand dar­in, zu tra­di­ti­ons­ver­bun­den und mit sei­nem Prie­ster­se­mi­nar, das fast drei­mal soviel Semi­na­ri­sten zähl­te als alle ande­ren Diö­ze­sen des Lan­des zusam­men, zu erfolg­reich gewe­sen zu sein. Er war zum „Stö­ren­fried“ in einer latent befrei­ungs­theo­lo­gisch aus­ge­rich­te­ten Bischofs­kon­fe­renz geworden.

Über der Eme­ri­tie­rung von Erz­bi­schof Argüel­les scheint auch ein Schat­ten zu liegen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: PCN/Katholisches.info

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