Papst Franziskus und pädophile Priester: Nulltoleranz oder zweierlei Maß?


Papst Franziskus: Nulltoleranz oder zweierlei Maß gegenüber pädophilen Priestern?
Papst Franziskus: Nulltoleranz oder zweierlei Maß gegenüber pädophilen Priestern?

(Rom) Was gilt unter Papst Fran­zis­kus in Sachen sexu­el­ler Miß­brauch Min­der­jäh­ri­ger durch Prie­ster: Null­to­le­ranz oder zwei­er­lei Maß?

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Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, for­der­te in einem gestern von La Repubbli­ca ver­öf­fent­lich­ten Inter­view eine ein­deu­ti­ge Linie: „Null­to­le­ranz für pädo­phi­le Prie­ster. Die Bischö­fe sol­len sie zur Selbst­an­zei­ge zwingen“.

Erst am Tag zuvor berich­te­te Nico­le Win­field, Vati­kan-Kor­re­spon­den­tin von Asso­cia­ted Press, daß Papst Fran­zis­kus hin­ge­gen zwei­er­lei Maß in Sachen pädo­phi­ler Prie­ster anwende.

Offiziell Nulltoleranz, in Wirklichkeit „das genaue Gegenteil“?

Offi­zi­ell wird „Null­to­le­ranz“ gefor­dert und so von den Medi­en ver­brei­tet. „Im Stil­len und abseits des Radars sind die Din­ge dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setzt“, so Secre­tum meum mihi. Wer unter den Päd­era­sten „Freun­de“ an der Römi­schen Kurie hat, die dem Papst nahe­ste­hen, habe gut Aus­sich­ten, glimpf­lich davonzukommen.

Der Schlüs­sel für das zwei­er­lei Maß, das Papst Fran­zis­kus anwen­de, sei „die Barm­her­zig­keit“. Nico­le Win­field ver­weist in die­sem Zusam­men­hang auf die Ent­las­sung von drei engen Mit­ar­bei­tern von Kar­di­nal Mül­ler an der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on. Zwei davon waren direkt mit den Fäl­len pädo­phi­ler Prie­ster und deren Bestra­fung befaßt. Ein Zufall? Folgt man den Aus­füh­run­gen Win­fields, dann nicht.

Papst Fran­zis­kus, so die Vati­ka­ni­stin, „redu­zier­te“ still und lei­se die Stra­fen gegen eine Rei­he von Prie­stern“, die von der für schwe­re Delik­te zustän­di­gen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on wegen sexu­el­len Miß­brauchs von Min­der­jäh­ri­gen ver­ur­teilt wor­den waren.  Der Papst wen­de dabei „sei­ne Sicht von einer barm­her­zi­gen Kir­che“ an, so Winfield.

„Don Mercedes“ und die Freunde des Papstes

Die Kor­re­spon­den­tin erwähnt den Fall von Don Mer­ce­des. Der ita­lie­ni­sche Prie­ster war von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on für schul­dig befun­den, aber von Papst Fran­zis­kus begna­digt wor­den. Auf die­se Wei­se unge­scho­ren davon­ge­kom­men, such­te sich Don Mer­ce­des, ali­as Mau­ro Inz­o­li, neue jun­ge Opfer und wur­de inzwi­schen von einem ita­lie­ni­schen Straf­ge­richt ver­ur­teilt. Wie AP berich­te­te, ist gegen Don Mer­ce­des bereits ein neu­es kir­chen­recht­li­ches Ver­fah­ren anhängig.

Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on sah für ihn die Sus­pen­die­rung vom Prie­ster­tum vor. Er soll­te zu einem Leben der Buße, des Gebets und des Schwei­gens ver­ur­teilt wer­den und sein Prie­ster­tum nicht mehr aus­üben dür­fen. Don Mer­ce­des ver­füg­te jedoch über gute Bezie­hun­gen an der Römi­schen Kurie, sol­chen, die dem Papst nahestehen.

Papst Fran­zis­kus ist bekannt, gegen­über Geg­nern nach­tra­gend zu sein, aber Freun­de nicht fal­len­zu­las­sen, auch nicht die Freun­de sei­ner Freun­de. Unter Papst Bene­dikt XVI. herrsch­te tat­säch­li­che Null­to­le­ranz. Zwi­schen 2005 und 2013 wur­den 800 Prie­ster ver­ur­teilt und ihres Dien­stes ent­ho­ben. Gna­den­ge­su­che wur­den nur in den sel­ten­sten Fäl­len und nach sorg­fäl­ti­ger Prü­fung gewährt.

Waren entlassene Mitarbeiter an Glaubenskongregation im Weg?

Win­field bringt die Ent­fer­nung der drei Mit­ar­bei­ter der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, zwei muß­ten bereits zum Jah­res­en­de 2016 in ihre Hei­mat­diö­ze­se zurück­keh­ren, in einen direk­ten Zusam­men­hang mit den Sank­tio­nen gegen pädo­phi­le Prie­ster. Die Mit­ar­bei­ter hat­ten direkt mit der Straf­ver­fol­gung pädo­phi­ler Prie­ster zu tun. Wur­de mit ihrer Ent­fer­nung die „Null­to­le­ranz“ unter­gra­ben, weil sie für „Freund­schafts­dien­ste“ nicht emp­fäng­lich waren? Ihre Ent­las­sung war direkt von Papst Fran­zis­kus ange­ord­net wor­den. Kar­di­nal Mül­ler ver­such­te sich dage­gen zu weh­ren. Der Papst sag­te ihm sinn­ge­mäß ins Gesicht: Wer hat hier das Sagen! Der drit­te Ent­las­se­ne muß sei­nen Arbeits­platz zum 31. März räumen.

Papst Johan­nes Paul II. wur­de wegen einer zu lang­sa­men Straf­ver­fol­gung pädo­phi­ler Prie­ster kri­ti­siert. Aller­dings ent­stand damals erst die nöti­ge Sen­si­bi­li­tät für das The­ma. Heu­te ist die Kir­che Vor­rei­te­rin unter allen Ein­rich­tun­gen in Sachen Bekämp­fung von sexu­el­lem Miß­brauch. Papst Bene­dikt XVI., der mit der Null­to­le­ranz ernst mach­te, wur­de den­noch von Main­stream-Medi­en schwer geprü­gelt. Gegen Ende sei­ner Amts­zeit woll­ten ihn kir­chen­feind­li­che Grup­pen wegen pädo­phi­ler Prie­ster sogar vor einen inter­na­tio­na­len Gerichts­hof zer­ren. Dabei mach­te die Kir­che unter sei­ner Füh­rung ernst, mehr als jeder welt­li­che Ver­ein, wie lin­ke Vor­zei­ge­schul­pro­jek­te und welt­li­che Sport­ver­ei­ne zei­gen. Bereits damals spra­chen Beob­ach­ter von einem blo­ßen Vor­wand, einen miß­lie­bi­gen Papst zu schädigen.

Die­se Ver­mu­tung scheint neue Bestä­ti­gung zu fin­den: Papst Fran­zis­kus, der im Gegen­satz zu sei­nen bei­den Vor­gän­gern, zwei­er­lei Maß anzu­wen­den scheint, wur­de bis­her auch in Sachen pädo­phi­le Prie­ster mit Samt­hand­schu­hen behandelt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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