Der „Anti-Bergoglio-Kardinal“: Kardinal Burke und die „Empfehlungen“ aus Santa Marta


Papst Franziskus Burke Malteserorden
Papst Franziskus löste Konflikt mit dem Malteserorden auf seine Weise, in den Minuten und Hauruck. Inzwischen wurde Kardinal Burke eine "Empfehlung" übermittelt.

(Rom) Nach dem vom Papst ver­lang­ten Rück­tritt des Groß­mei­sters des Mal­te­ser­or­dens, der am kom­men­den Sams­tag noch vom Sou­ve­rä­nen Rat des Ordens ange­nom­men wer­den muß, steht der Kar­di­nal­pa­tron des Ordens, Ray­mond Bur­ke, im Fokus eines erhöh­ten Interesses.

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Der Kar­di­nal befin­det sich seit Beginn des Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus auf Kon­fron­ta­ti­ons­kurs mit dem Papst, der „aus der Fer­ne kam“. Im Umfeld des Kar­di­nals for­mu­liert man die Sache etwas anders: Der Kar­di­nal ver­tei­digt die Glau­bens­leh­re der Kir­che gegen jene, die auf Kon­fron­ta­ti­ons­kurs mit der über­lie­fer­ten Leh­re sind.

Bei der ersten Bischofs­syn­ode über die Fami­lie im Okto­ber 2014 wuchs ihm die Rol­le des Wort­füh­rers der Syn­oda­len zu, die sich der von Fran­zis­kus unter­stütz­ten „neu­en Barm­her­zig­keit“ von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per ent­ge­gen­stell­ten. Kar­di­nal Bur­ke warf den Kas­pe­ria­nern, empört über deren Machen­schaf­ten hin­ter den Kulis­sen zur Mani­pu­la­ti­on der Syn­ode, „Ver­rat“ an der Kir­che vor.

Papst „regelt“ rechtlich aussichtslosen Konflikt mit einer Hauruckaktion

Weni­ge Wochen nach dem Ende der Syn­ode wur­de der cou­ra­gier­te Kar­di­nal von Papst Fran­zis­kus in aller Öffent­lich­keit abge­straft. Er setz­te ihn als Prä­si­den­ten des Ober­sten Gerichts­ho­fes der Apo­sto­li­schen Signa­tur ab und ent­fern­te ihn aus der Römi­schen Kurie. In jenem Novem­ber 2014 wur­de Bur­ke von Fran­zis­kus auf den Posten eines Kar­di­nal­pa­trons beim Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­den abge­scho­ben. Ein pre­sti­ge­träch­ti­ger Posten, aber ohne jeden Ein­fluß auf die Kir­chen­lei­tung. Ein Posten, auf dem der bril­lan­te Kir­chen­recht­ler, „kei­nen Scha­den“ anrich­ten kön­ne, wie es damals aus dem päpst­li­chen Umfeld nicht ohne Genug­tu­ung hieß.

Kardinal Burke kommt Papst Franziskus immer "in die Quere". Oder ist es andersrum?
Kar­di­nal Bur­ke kommt Papst Fran­zis­kus immer „in die Que­re“. Oder ist es andersrum?

Kar­di­nal Bur­ke akzep­tier­te Abset­zung und Demü­ti­gung, ohne öffent­lich je ein Wort dar­über zu ver­lie­ren. In sei­ner neu­en Auf­ga­be fand er sich bald zurecht. Mit dem Groß­mei­ster Fra Matthew Fest­ing, einem Eng­län­der, wur­de der Umgang nicht nur durch die gemein­sa­me Mut­ter­spra­che erleich­tert. Daher wird ver­mu­tet, daß der Jurist Bur­ke hin­ter der Vor­ge­hens­wei­se und den Erklä­run­gen des Groß­mei­sters im Fall Boe­se­la­ger steht. Recht­lich, das wur­de im Vati­kan schnell klar, gab es in der Sache wenig Aus­sich­ten. Selbst der beste Jurist ist aber macht­los, wenn Mäch­ti­ge­re die Regeln über­rol­len und voll­ende­te Tat­sa­chen schaf­fen, und Papst Fran­zis­kus ist bekannt dafür, Regeln miß­trau­isch zu beäu­gen und infor­mel­le Wege zu bevor­zu­gen. Mit einer Hau­ruck­ak­ti­on über­wand er am Diens­tag in weni­ger als einer hal­ben Stun­den eine recht­lich aus­sichts­lo­se Situa­ti­on, indem er den dar­auf nicht gefaß­ten Groß­mei­ster, der auf eine ehr­li­che Kon­fron­ta­ti­on und „Dia­log“ mit Papst hoff­te, mit einer knall­har­ten Rück­tritts­for­de­rung über­rasch­te. Ob sich Papst Fran­zis­kus anschlie­ßend wie ein Ernest Haming­way in der Pose eines tri­um­phie­ren­den Groß­wild­jä­gers gefiel, ist nicht über­lie­fert. Eini­ges scheint dar­auf hin­zu­deu­ten. Viel­leicht war er selbst erstaunt über die Macht­fül­le, die sein Amt bei jenen aus­zu­üben ver­mag, die es ernstnehmen.

„Der Anti-Bergoglio-Kardinal“

Nun steht Kar­di­nal Bur­ke im Fokus, weil er bereits zum drit­ten Mal dem Papst in die Que­re gekom­men ist. Beob­ach­ter gehen mit Recht davon aus, daß dies auch dem Papst nicht ent­gan­gen ist. Nach dem ersten Mal wur­de Bur­ke gna­den­los degra­diert. Das zwei­te Mal ist ein noch nicht aus­ge­stan­de­ner Kon­flikt. Bur­ke ist einer der vier Unter­zeich­ner der Dubia (Zwei­fel) zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia. Seit dem 19. Sep­tem­ber, dem Tag der Ein­rei­chung, wei­gert sich Fran­zis­kus auf die fünf Fra­gen der Kar­di­nä­le zu ant­wor­ten und die erhoff­te und erbe­te­ne Klä­rung zu zwei­deu­ti­gen Stel­len von Amo­ris lae­ti­tia her­bei­zu­füh­ren. Die Wei­ge­rung eines Pap­stes, zu Glau­bens­fra­gen Rede und Ant­wort zu ste­hen, dürf­te schwer­lich lan­ge durch­zu­hal­ten sein, ohne dem Amt schwer­sten Scha­den zuzufügen.

Nun kam, drit­tens, auch noch der Kon­flikt mit dem Mal­te­ser­or­den dazu. Dabei kann der Kar­di­nal dafür herz­lich wenig. Fran­zis­kus hat­te ihn als sei­nen Bot­schaf­ter zwangs­wei­se zum Orden ver­setzt. Also sol­cher han­del­te Bur­ke, indem er sich, wie immer, genau an die Vor­schrif­ten hielt. Er berich­te­te an den Vati­kan, was zu berich­ten war. Daß man die Din­ge dort anders sah, hat ein Bot­schaf­ter nicht zu kom­men­tie­ren. In der Sache Mal­te­ser­or­den mel­de­te sich der Kar­di­nal auch nie zu Wort. Als Kar­di­nal­pa­tron nahm er auch sei­ne Auf­ga­be war, den Groß­mei­ster, soweit gewünscht, zu bera­ten. Daß Boe­se­la­ger, den der Groß­mei­ster als Groß­kanz­ler absetz­te, so gute per­sön­li­che Kon­tak­te ins vati­ka­ni­sche Staats­se­kre­ta­ri­at und damit auch zum Papst unter­hält, steht auf einem ande­ren Blatt geschrie­ben. Inzwi­schen ist es all­ge­mein bekannt, daß der deut­sche Frei­herr sich mit Fug und Recht „Freund des Pap­stes“ nen­nen kann.

Die Tat­sa­che, daß Kar­di­nal Bur­ke auch noch einer der tra­di­ti­ons­freund­lich­sten Pur­pur­trä­ger der Kir­che ist, der meist in der über­lie­fer­ten Form des Römi­sche Ritus zele­briert, also laut Papst Fran­zis­kus eine „nur vor­über­ge­hen­de Mode“ pflegt, die zudem „ideo­lo­gisch“ moti­viert und „semi-pela­gia­nisch“ sei, scheint ange­sichts der ande­ren Kon­flik­te nur mehr eine Drauf­ga­be. Zufäl­lig ist der Kon­text aller­dings nicht.

Welche Zukunft für den Malteserorden nach der "Operation Franziskus"?
Wel­che Zukunft für den Mal­te­ser­or­den nach der „Ope­ra­ti­on Franziskus“?

Wie immer, wenn zwei sich strei­ten, gibt es wei­te­re, die im Hin­ter­grund schü­ren. Nicht immer aus lau­te­ren Moti­ven. Seit Aus­bruch des Kon­flikts im Mal­te­ser­or­den gibt es wel­che, die gegen Kar­di­nal Bur­ke schü­ren. Fak­ten­wid­rig wird kol­por­tiert, der Papst habe Bur­ke gebe­ten, zu ver­mit­teln, die­ser habe aber den Kon­flikt noch ange­heizt. Jemand könn­te jeden­falls eine Gele­gen­heit gekom­men sehen, Kar­di­nal Bur­ke „in die Wüste“ zu schicken. Der Dekan der Rota Roma­na, Msgr. Pio Vito Pin­to, ein erklär­ter Papst-Ver­trau­ter, hat­te bereits am 28. Novem­ber 2016 wegen der Dubia mit der Aberken­nung der Kar­di­nals­wür­de durch Papst Fran­zis­kus gedroht. Pin­tos Eifer hat­te aller­dings mehr dem Image des Pap­stes gescha­det, wes­halb er kurz dar­auf zurück­ru­dern muß­te. Kar­di­nal Bur­ke muß­te sich seit­her vie­le Beti­telun­gen gefal­len las­sen. Gestern schrieb die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne von „ultra­kon­ser­va­ti­ver Hard­li­nern“, heu­te bezeich­ne­te ihn Il Mess­ag­ge­ro als „Anti-Berg­o­glio-Kar­di­nal“. Eine sol­che Rol­len­zu­schrei­bung wur­de vom Kar­di­nal mehr­fach ent­schie­den zurückgewiesen.

„Einen Schritt zurück zum Wohl der Kirche“

Seit­her weiß man in San­ta Mar­ta jeden­falls, daß kei­ne Degra­die­rung Kar­di­nal Bur­ke wirk­lich tref­fen wür­de. Ämter und Wür­den sind dem Papst ohne­hin ziem­lich egal. Kar­di­nal Bur­ke auch, wenn auch auf eine ganz ande­re Wei­se und vor allem mit größ­tem Respekt vor jedem Amt und jeder Wür­de. Es gibt aber einen ande­ren Punkt, wo man von Bur­ke etwas haben möch­te. Der Jurist gilt, so sieht man es jeden­falls in der päpst­li­chen Entou­ra­ge, als Haupt­ak­teur hin­ter den Dubia. Wür­de man ihn dazu brin­gen, sei­ne Unter­schrift zurück­zu­zie­hen, oder sonst irgend­wie „zum Wohl der Kir­che“ einen „Schritt zurück“ zu machen, wür­de der Dubia-Wider­stand zusam­men­bre­chen. So denkt man es bis in die näch­ste Nähe des Pap­stes. Die Dubia sind der­zeit das größ­te Ärger­nis für San­ta Mar­ta. Sie stecken wie ein Sta­chel in der Flan­ke die­ses Pon­ti­fi­kats. Der Aus­gang die­ses Kon­flikts ist unge­wiß, nicht zuletzt für Papst Fran­zis­kus. Mit einem Hin­ter­grund­be­richt in der römi­schen Tages­zei­tung Il Mess­ag­ge­ro in des­sen Redak­ti­on es tra­di­tio­nell gute kirch­li­che Kon­tak­te gibt, wur­de Bur­ke heu­te die­se Bot­schaft über­mit­telt: „Bur­ke, der Anti-Berg­o­glio-Kar­di­nal, könn­te einen Schritt zurück machen“. So lau­te­te die Über­schrift. des Sechs­spal­ters. Der Kon­junk­tiv bezieht sich weni­ger auf ent­spre­chen­de Über­le­gun­gen des Kar­di­nals, son­dern meint eine Emp­feh­lung an ihn. Wört­lich heißt es im Arti­kel: „Nun könn­te Fran­zis­kus es sein, der dar­auf war­tet, daß Bur­ke einen Schritt zurück machen könn­te zum Wohl der Kirche.“

Soweit das der­zei­ti­ge Wunsch­den­ken im Gäste­haus des Vati­kans. Es scheint aller­dings aus­ge­schlos­sen, daß Kar­di­nal Bur­ke, nur weil Fran­zis­kus sau­er auf ihn ist, die Dubia auf­ge­ben wird. Die Fran­cis­ce­i­sche Säu­er­lich­keit gegen­über dem US-ame­ri­ka­ni­schen Kar­di­nal ist spä­te­stens seit dem Febru­ar 2014 ein Dau­er­zu­stand. Das hat weit mehr mit Papst Fran­zis­kus als mit Kar­di­nal Bur­ke zu tun. Nichts deu­tet dar­auf hin, daß der Kar­di­nal auf sol­che „Emp­feh­lun­gen“ ein­ge­hen könn­te. Noch in der ersten Monats­hälf­te bekräf­tig­te der Far­mer­sohn aus Wis­con­sin sei­ne Ent­schlos­sen­heit, weil es bei den zwei­deu­ti­gen For­mu­lie­run­gen in Amo­ris lae­ti­tia nicht um Gefüh­le, Stim­mun­gen, Lau­nen oder Nuan­cen gehe, son­dern um grund­le­gen­de Fra­gen, die den Kern des christ­li­chen Glau­bens betref­fen. Am 8. Janu­ar sag­te Kar­di­nal Bur­ke in einem Fern­seh­in­ter­view: „Brü­der­li­che Zurecht­wei­sung wird kom­men, wenn Fran­zis­kus Ver­wei­ge­rung fort­setzt“. Am 11. Janu­ar prä­zi­sier­te er in einem Zei­tungs­in­ter­view: „Kein Ulti­ma­tum an den Papst, aber der Glau­be ist in Gefahr“.

Auf einem ganz ande­ren Blatt steht das Lei­den geschrie­ben, das der Kar­di­nal wegen der inner­kirch­li­chen Kon­flik­te und wegen der Gesamt­la­ge der Kir­che und des Glau­bens durch­macht. Aber davon wird man viel­leicht nie öffent­lich erfahren.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va/​M​i​L​/​o​r​d​e​r​o​f​m​a​lta (Screen­shots)

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