Arbeitspapier der Bischofssynode 2018: Heiligkeit out, „Geruch der Schafe“ in und die Selbstgenügsamkeit


(Rom) Am 13. Janu­ar wur­de im Vati­kan das Arbeits­pa­pier (Instru­men­tum labo­ris) der XV. Ordent­li­chen Bischofs­syn­ode zum The­ma „Die Jugend­li­chen, der Glau­be und die Beru­fungs­ent­schei­dung“ vor­ge­stellt. Die Bischofs­syn­ode wird 2018 statt­fin­den. Das Arbeits­pa­pier wur­de in gedruck­ter Aus­ga­be vor­ge­legt und umfaßt rund 70 Sei­ten. „Bei der Lek­tü­re sind eini­ge Merk­ma­le auf­ge­fal­len“, so der Vati­ka­nist Mar­co Tosatti.

Heiligkeit out: Statt himmlischer Vorbilder nur mehr irdische Bezugspersonen?

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„Auf gan­zen 70 Sei­ten fin­det sich kein Hin­weis auf die Hei­lig­keit als auf­zu­zei­gen­des Modell und als anzu­stre­ben­des Ziel, als etwas, wofür es sich lohnt, zu kämp­fen. Das ein­zi­ge Mal, wo der Begriff erwähnt wird, auf Sei­te 50, heißt es: ‚ Die Kir­che selbst ist auf­ge­ru­fen, von den Jugend­li­chen zu ler­nen: vie­le jugend­li­che Hei­li­ge, die wei­ter­hin eine Quel­le der Inspi­ra­ti­on für alle sind, geben davon ein leuch­ten­des Zeugnis ‘.“

Im gan­zen Doku­ment ist nie die Rede von „Vor­bil­dern“ für die Jugend­li­chen, son­dern nur von „Bezugs­per­so­nen“. Als Bezugs­per­so­nen wer­den Men­schen genannt, die den Jugend­li­chen „nahe sind“, die „glaub­wür­dig“, „kohä­rent“ und „ehr­lich“ sind, oder „ange­se­he­ne Gläu­bi­ge mit einer kla­ren mensch­li­chen Iden­ti­tät, einer festen kirch­li­chen Zuge­hö­rig­keit, einer sicht­ba­ren spi­ri­tu­el­len Qua­li­tät, einer star­ken erzie­he­ri­schen Lei­den­schaft und einer tie­fen Fähig­keit zur Unterscheidung“.

„Kurz­um, die Hei­lig­keit scheint weder als Ziel noch als not­wen­di­ges Cha­rak­te­ri­sti­kum zu inter­es­sie­ren, um die Jugend­li­chen zu inspi­rie­ren“, so Tosatti.

„Geruch der Schafe“ statt narzißtische Selbstverwirklichung?

Im Arbeits­pa­pier der Syn­ode heißt es: „Es geht dar­um, zu über­prü­fen, wie­weit die Ent­schei­dun­gen von der eige­nen nar­ziss­ti­schen Selbst­ver­wirk­li­chung bestimmt wer­den und inwie­weit sie die Bereit­schaft ein­schlie­ßen, das eige­ne Dasein in der Logik der groß­zü­gi­gen Hin­ga­be sei­ner selbst zu leben. Daher kommt im Hin­blick auf die Unter­schei­dung zur Beru­fungs­fin­dung dem Kon­takt mit der Armut, der Ver­letz­lich­keit und der Not eine gro­ße Bedeu­tung zu. Was die zukünf­ti­gen Hir­ten angeht, ist es ange­mes­sen, vor allem das Wachs­tum in der Bereit­schaft ein­ge­hend zu prü­fen und zu för­dern, sich vom ‚Geruch der Scha­fe‘ durch­drin­gen zu lassen.“

„Armut, Ver­letz­lich­keit und Not“ kom­men so „gro­ße Bedeu­tung“ zu, daß sie mehr­fach im Doku­ment erwähnt wer­den. Dem Gebet und der Anbe­tung wer­den hin­ge­gen nur zehn Zei­len ganz am Ende des Doku­ments gewidmet.

„Der Gesamt­ein­druck ist“, so Tosat­ti, „daß der Hori­zont des Doku­ments sehr hori­zon­tal aus­ge­rich­tet ist, auf Sozia­les und gute Wer­ke. Wie anzie­hend das sein wird, ist erst noch zu sehen.“

Ein Lehramt, das um sich selbst kreist?

Die drit­te Beob­ach­tung bezieht sich auf die Zita­te und Ver­wei­se im Doku­ment. Sie bezie­hen sich aus­nahms­los auf Aus­sa­gen und Tex­te des amtie­ren­den Pap­stes. Weder sei­ne Vor­gän­ger, dar­un­ter der Erfin­der der Welt­ju­gend­ta­ge, weder das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil noch – oder erst recht nicht – die „vor­kon­zi­lia­re“ Kir­che fin­den in dem Arbeits­pa­pier irgend­ei­ne Erwäh­nung. Es scheint, als habe das gesam­te Lehr­amt vor Papst Fran­zis­kus zum The­ma Jugend und Beru­fung nichts zu sagen. Jeden­falls scheint es in den Augen der päpst­li­chen Coa­di­u­to­res den Jugend­li­chen von heu­te nichts mehr zu sagen zu haben. Dabei gehen alle Beru­fun­gen, ein­schließ­lich der päpst­li­chen, auf die­se Vor­fran­cis­ce­i­sche Zeit zurück. Das der­zei­ti­ge päpst­li­che Lehr­amt scheint um sich selbst zu krei­sen. Dabei war es Papst Fran­zis­kus, der am 14. Sep­tem­ber 2013 die „Selbst­ge­nüg­sam­keit“ zusam­men mit „Stolz und Hoch­mut“ in Zusam­men­hang mit dem Baum der Erkennt­nis und der Ursün­de gebracht hat­te und seit­her vie­le wei­te­re Male vor der „Selbst­ge­nüg­sam­keit“ warnte.

„Für die Ver­fas­ser des Doku­ments hat die Kir­che offen­sicht­lich am 13. März 2013 begon­nen“, so Tosatti.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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