Neue Grundordnung für die Priesterausbildung: Ohne „ökologische Umkehr“ keine Berufung?


Ratio fundamentalis: neue Grundordnung für die Priesterausbildung
Ratio fundamentalis: neue Grundordnung für die Priesterausbildung

(Rom) Mit der ita­lie­ni­schen Aus­ga­be des Osser­va­to­re Roma­no vom 7. Dezem­ber wur­de als Bei­la­ge die neue Ratio fun­da­men­ta­lis insti­tu­tio­nis sacer­do­ta­lis der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on ver­öf­fent­licht. Dabei han­delt es sich um die neue Grund­ord­nung für die Aus­bil­dung der Prie­ster. Sie geht auf das Jahr 1969 zurück und trat 1970 in Kraft. Mit der Wahl von Papst Johan­nes Paul II. wur­de sie revi­diert und 1985 durch eine neue Grund­ord­nung ersetzt. Am 8. Dezem­ber setz­te Papst Fran­zis­kus eine drit­te Grund­ord­nung in Kraft, die jene von 1985 ablöst.

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Die Ver­öf­fent­li­chung wur­de durch ein Inter­view mit Kar­di­nal Stel­la beglei­tet. Auf die Fra­ge, war­um ein neue Grund­ord­nung für die Aus­bil­dung der Prie­ster not­wen­dig war, ver­wies Kar­di­nal Stel­la auf eine „schnel­le Ent­wick­lung“ in der Welt, die „den histo­ri­schen, sozio­kul­tu­rel­len und kirch­li­chen Kon­text ver­än­dert habe. Wört­lich sag­te der Kardinal:

„Wir wur­den ermu­tigt und erleuch­tet durch das Lehr­amt von Papst Fran­zis­kus: mit der Spi­ri­tua­li­tät und der Pro­phe­tie, die sei­ne Wor­te aus­zeich­nen, hat sich der Hei­li­ge Vater oft an die Prie­ster gewandt und sie dar­an erin­nert, daß ein Prie­ster kein Funk­tio­när ist, son­dern ein Hir­te für das Volk Got­tes ist mit einem mit­leid­vol­len und barm­her­zi­gen Her­zen Chri­sti für die müden und bela­de­nen Massen.“

Das Doku­ment betont die „ganz­heit­li­che For­mung“ der Semi­na­ri­sten. Das Pro­pä­deu­ti­kum habe sich bewährt. Die neue Grund­ord­nung beto­ne vor allem das Erken­nen der Beru­fung. Bischö­fe und ande­re Aus­bil­der „tra­gen gro­ße Ver­ant­wor­tung“ und sei­en gefor­dert „über die Eig­nung der Kan­di­da­ten zu wachen“.

Die „öko­lo­gi­sche Umkehr“, die Papst Fran­zis­kus in sei­ner Öko-Enzy­kli­ka Lau­da­to si ein­führ­te, fin­det durch die neue Grund­ord­nung auch Ein­gang in die Prie­ster­aus­bil­dung. Die „öko­lo­gi­sche Umkehr“ wird im Para­graph 172 für künf­ti­ge Prie­ster als ver­pflich­tend bezeich­net: „Es ist daher uner­läss­lich, dass die künf­ti­gen Prie­ster für die­ses The­ma inten­siv sen­si­bi­li­siert werden.“

Der gan­ze Para­graph 172 im Wortlaut:

172. Es ist uner­läss­lich, eine aus­rei­chen­de Anzahl von Vor­le­sun­gen für das Fach „kirch­li­che Sozi­al­leh­re“ vor­zu­se­hen, bedenkt man, dass die Ver­kün­di­gung und das Bezeu­gen des Evan­ge­li­ums, wozu der Prie­ster beauf­tragt ist, einen bedeu­ten­den Ein­fluss auf die Gesell­schaft haben und unter ande­rem auf den Auf­bau des Rei­ches Got­tes zie­len. Das impli­ziert eine ver­tief­te Kennt­nis der Wirk­lich­keit und eine dem Evan­ge­li­um gemä­ße Deu­tung der mensch­li­chen, sozia­len und poli­ti­schen Bezie­hun­gen, die die Exi­stenz der Ein­zel­nen und der Völ­ker bestim­men. Zu die­sem Bereich gehö­ren wich­ti­ge The­men, die das Leben des Vol­kes Got­tes betref­fen und vom Lehr­amt der Kir­che aus­führ­lich behan­delt wur­den258 [1]Vgl. bei­spiels­wei­se LEO XIII., Enzy­kli­ka Rer­um novarum (15. Mai 1891): ASS 23 (1890 – 1891) 641 – 670; JOHANNES XXIII., Enzy­kli­ka Mater et Magi­stra (15. Mai 1961): AAS 53 (1961), 401–464; PAUL VI., … Con­ti­n­ue rea­ding: unter ande­rem die Erfor­schung des Gemein­wohls, die Bedeu­tung der Soli­da­ri­tät unter den Völ­kern und der Sub­si­dia­ri­tät, die Erzie­hung der Jugend­li­chen, das The­ma Arbeit und die mit ihr zusam­men­hän­gen­den Rech­te und Pflich­ten, die Bedeu­tung der poli­ti­schen Auto­ri­tät, die Bedeu­tung der Gerech­tig­keit und des Frie­dens, die sozia­len Struk­tu­ren der Unter­stüt­zung und der Beglei­tung der Ärmsten.

Dar­über hin­aus rich­tet sich seit eini­ger Zeit die Auf­merk­sam­keit der Exper­ten und Wis­sen­schaft­ler, die auf ver­schie­de­nen For­schungs­ge­bie­ten tätig sind, auf eine deut­lich wer­den­de und die gan­ze Welt betref­fen­de Kri­se, die einen gro­ßen Wider­hall im gegen­wär­ti­gen Lehr­amt fin­det und das „öko­lo­gi­sche Pro­blem“ betrifft. Die Bewah­rung der Schöp­fung und die Sor­ge für unser gemein­sa­mes Haus – die Erde – gehö­ren völ­lig zu Recht zur christ­li­chen Sicht des Men­schen und der Wirk­lich­keit und stel­len in gewis­ser Wei­se den Hin­ter­grund für eine gesun­de Öko­lo­gie der mensch­li­chen Bezie­hun­gen dar. Sie erfor­dern des­halb vor allem heu­te eine „ ‚öko­lo­gi­sche Umkehr‘, die beinhal­tet, alles, was ihnen [den Chri­sten] aus ihrer Begeg­nung mit Jesus Chri­stus erwach­sen ist, in ihren Bezie­hun­gen zu der Welt, die sie umgibt, zur Blü­te zu brin­gen. Die Beru­fung, Beschüt­zer des Wer­kes Got­tes zu sein, prak­tisch umzu­set­zen gehört wesent­lich zu einem tugend­haf­ten Leben; sie ist nicht etwas Fakul­ta­ti­ve s, noch ein sekun­dä­rer Aspekt der christ­li­chen Erfah­rung„259 [2]FRANZISKUS, Enzy­kli­ka Lau­da­to si‘ (24. Mai 2015), Nr. 217: L’Osservatore Roma­no 137 (19 giug­no 2015), 6.. Es ist daher uner­läss­lich, dass die künf­ti­gen Prie­ster für die­ses The­ma inten­siv sen­si­bi­li­siert wer­den. Durch die not­wen­di­gen lehr­amt­li­chen und theo­lo­gi­schen Leit­ge­dan­ken soll ihnen gehol­fen wer­den, „die Dring­lich­keit und die Schön­heit der Her­aus­for­de­rung zu erken­nen, die vor uns steht„260 [3]Ebd., Nr. 15: L’Osservatore Roma­no 137 (19 giug­no 2015), 4, und das The­ma in ihrem künf­ti­gen prie­ster­li­chen Dienst zu berück­sich­ti­gen. Dazu sol­len sie mit ange­mes­se­ner Sor­ge alle The­men för­dern, die mit dem Schutz der Schöp­fung zusammenhängen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on (Screen­shot)

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1 Vgl. bei­spiels­wei­se LEO XIII., Enzy­kli­ka Rer­um novarum (15. Mai 1891): ASS 23 (1890 – 1891) 641 – 670; JOHANNES XXIII., Enzy­kli­ka Mater et Magi­stra (15. Mai 1961): AAS 53 (1961), 401–464; PAUL VI., Enzy­kli­ka Popo­lorum pro­gres­sio (26. März 1967): AAS 59 (1967), 257–299; JOHANNES PAUL II., Enzy­kli­ka Cen­te­si­mus annus (1. Mai 1991): AAS 83 (1991), 793–867; BENEDIKT XVI., Enzy­kli­ka Cari­tas in veri­ta­te (29. Juni 2009): AAS 101 (2009), 641–709
2 FRANZISKUS, Enzy­kli­ka Lau­da­to si‘ (24. Mai 2015), Nr. 217: L’Osservatore Roma­no 137 (19 giug­no 2015), 6.
3 Ebd., Nr. 15: L’Osservatore Roma­no 137 (19 giug­no 2015), 4
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