Kardinal Kasper zu „Amoris laetitia“ und „Dubia“ – Einseitigkeit von Radio Vatikan


Kardinal Walter Kasper: "Amoris laetitia ist klar", es gibt "keinen Widerspruch" zum Lehramt von Johannes Paul II.
Kardinal Walter Kasper: "Amoris laetitia ist klar", es gibt "keinen Widerspruch" zum Lehramt von Johannes Paul II.

(Rom) Kar­di­nal Wal­ter Kas­per ver­tei­dig­te am Don­ners­tag in einem Inter­view der Deut­schen Sek­ti­on von Radio Vati­kan das umstrit­te­ne, nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia. Das ver­wun­dert wenig, da er an die­sem Doku­ment, das wie kein ande­res seit Mona­ten Ver­wir­rung in der Kir­che stif­tet, selbst Anteil hat. Der deut­sche Kar­di­nal kann sogar die „Vater­schaft“ dafür bean­spru­chen. Durch sei­ne Rede am 20. Febru­ar 2014 vor dem Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um, mit der ihn Papst Fran­zis­kus beauf­tragt hat­te, wur­de erst­mals offi­zi­ell die For­de­rung nach Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner zu den Sakra­men­ten erho­ben und zum beherr­schen­den The­ma der Dop­pel-Bischofs­syn­ode über die Familie.

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Als der ursprüng­li­che Schluß­be­richt der Dop­pel-Syn­ode Ende Okto­ber 2015 von den Syn­oda­len abge­lehnt wur­de, muß­te in den letz­ten Syn­oden­stun­den fie­ber­haft nach einem Kom­pro­miß gesucht wer­den, um ein Schei­tern der Syn­ode zu ver­hin­dern, was als Nie­der­la­ge das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus bela­stet hätte.

Das Schluß­do­ku­ment sagt nicht Ja und nicht Nein zur Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne, was der Leh­re der Kir­che gemäß einem deut­li­chen Nein entspricht.

Wäh­rend Papst Fran­zis­kus sich in sei­ner Abschluß­re­de sicht­lich unzu­frie­den zeig­te über das Ergeb­nis, erhol­te sich Kas­per schnell von der Nie­der­la­ge. Die Tages­zei­tung Il Giorn­a­le ver­öf­fent­lich­te am 26. Okto­ber 2015 ein Inter­view mit dem deut­schen Pur­pur­trä­ger, der sich über den Syn­oden­aus­gang „sehr zufrie­den“ äußerte.

„Wenn das Ergeb­nis der Syn­ode Kar­di­nal Kas­per zusagt, dann ist es Zeit, besorgt zu sein“, schrieb Secre­tum meum mihi damals.

Kar­di­nal Kas­per erkann­te sofort die Mög­lich­keit, die sich aus dem „neu­tra­len“ Text ergab. Die Tat­sa­che, daß die kirch­li­che Leh­re über die Unauf­lös­lich­keit der Ehe, über Schei­dung und Zweit­ehe nicht expli­zit wie­der­holt wur­de, nütz­te er bereits am Tag der Schluß­sit­zung für sei­ne Inter­pre­ta­ti­on. Es war eine Fra­ge der Zeit, wer den Wett­lauf um die Inter­pre­ta­ti­on die­ser „Neu­tra­li­tät“ gewin­nen wür­de. Wört­lich sag­te er im Inter­view, das am Sonn­tag ver­öf­fent­licht, dem Tag, an dem der Papst mit den Syn­oda­len die Schluß­mes­se feierte:

„Ich bin zufrie­den, die Tür zur Mög­lich­keit den wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen die Kom­mu­ni­on zu gewäh­ren, hat sich auf­ge­tan. Es gibt eine gewis­se Öff­nung, aber man spricht noch nicht über die Kon­se­quen­zen. Jetzt liegt alles in den Hän­den des Pap­stes, der ent­schei­det. Die Syn­ode hat Emp­feh­lun­gen abge­ge­ben. Es hat eine Öff­nung gege­ben, aber die Ange­le­gen­heit ist noch nicht ganz gelöst und ist noch wei­ter zu vertiefen.“

„Jetzt liegt alles in den Hän­den des Pap­stes, der ent­schei­det“, so Kas­per. Mit ande­ren Wor­ten: Die Syn­ode habe dem Papst nicht die Hän­de gebun­den, die „Kas­per-The­se“ doch umzusetzen.

Das Kas­per-Inter­view von Radio Vati­kan ver­rät an sich nichts Neu­es. Es bestä­tigt jedoch die ein­sei­ti­ge Par­tei­nah­me der vati­ka­ni­schen Medi­en. Ein ver­gleich­ba­res Inter­view mit einem der vier Unter­zeich­ner der Dubia (Zwei­fel) oder ande­ren Beden­ken­trä­gern fand bis­her nicht statt.

Kar­di­nal Kas­per stellt sich hin­ter „sei­ne Krea­ti­on“ Amo­ris lae­ti­tia, spricht den vier Kar­di­nä­len Brand­mül­ler, Bur­ke, Caf­farra und Meis­ner aber nicht das Recht ab, dem Papst ihre Zwei­fel vor­zu­le­gen und Fra­gen zu stel­len. Ande­re enge Ver­trau­te des Pap­stes hat­ten das getan. Kas­per übte den­noch Kri­tik an den vier Mit­brü­dern im Kar­di­nals­kol­le­gi­um, wenn er in Fra­ge stellt, ob es „eine gute Idee“ war, die Fra­gen öffent­lich zu stellen.

Dabei weiß Kas­per natür­lich, daß die Fra­gen ver­trau­lich gestellt wur­den. Öffent­lich gemacht wur­den sie erst nach zwei Mona­ten, weil Papst Fran­zis­kus die Fra­gen igno­rier­te und noch immer eine Beant­wor­tung ver­wei­gert. Auf die­sen Punkt geht Kas­per nicht ein. Die intel­lek­tu­el­le Red­lich­keit scheint es ihm zu ver­bie­ten, so weit zu gehen, und die­ses Schwei­gen des Pap­stes zu ver­tei­di­gen. Er ver­tei­digt das Kir­chen­ober­haupt, das sei­ne Wahl maß­geb­lich dem deut­schen Kar­di­nal ver­dankt, und der umge­kehrt dem Papst die Gele­gen­heit ver­dankt, Schei­dung und Zweit­ehe zum The­ma in der Kir­che gemacht haben zu kön­nen, indem er betont, daß in Amo­ris lae­ti­tia alles „klar“ sei und es „kei­nen Wider­spruch“ zum Lehr­amt von Papst Johan­nes Paul II. gebe. Genau das wird von den Kri­ti­kern vehe­ment bestritten.

„Natür­lich kann jeder dem Papst Zwei­fel und Fra­gen vor­le­gen – jeder Kar­di­nal kann das tun. Ob das eine gute Idee war, das öffent­lich zu machen, ist eine ganz ande­re Fra­ge, das wür­de ich bezwei­feln. Mei­ner Mei­nung nach ist das Apo­sto­li­sche Schrei­ben klar; es gibt ja nach­träg­lich auch Erklä­run­gen des Pap­stes sel­ber, etwa den Brief an die argen­ti­ni­schen Bischö­fe, oder auch Erklä­run­gen des Kar­di­nal­vi­kars von Rom. Dort wird klar­ge­macht, was der Papst meint und wie er es ver­steht. Es haben ande­re gezeigt, dass da kein Wider­spruch zu den Aus­sa­gen von Johan­nes Paul II. besteht, son­dern eine homo­ge­ne Ent­wick­lung. Das ist mei­ne Posi­ti­on, so sehe ich das. Inso­fern bestehen für mich die­se dubia, die­se Zwei­fel nicht.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Radio Vatikan

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