Glaubenspräfekt Müller steigt zu Amoris laetitia in den Ring und spricht Klartext


(Rom) Mit Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, Prä­fekt der römi­schen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, ist gestern das Schwer­ge­wicht in den Ring gestie­gen, um zu den Dubia (Zwei­feln) von vier Kar­di­nä­len zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia zu ant­wor­ten. Er sag­te, nicht ant­wor­ten zu kön­nen, weil ihm der Papst kein Man­dat erteilt. Den­noch ant­wor­te­te Mül­ler indi­rekt und zwar unmißverständlich.

Jeder Tag, an dem sich Franziskus seinen Aufgaben als Papst verweigert, vergiftet das Klima mehr

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Die nam­haf­ten Kar­di­nä­le Wal­ter Brand­mül­ler, Ray­mond Leo Bur­ke, Car­lo Caf­farra und Joa­chim Meis­ner haben am 19. Sep­tem­ber dem Kar­di­nal­prä­fek­ten Mül­ler ihre Dubia an den Papst über­ge­ben. Kar­di­nal Mül­ler käme die Auf­ga­be zu, den Ein­brin­gern offi­zi­ell zu ant­wor­ten. Aller­dings kann er im Auf­trag des Pap­stes nur ant­wor­ten, wenn ihm die­ser einen ent­spre­chen­den Auf­trag erteilt. Fran­zis­kus aber hüllt sich seit Mona­ten in Schweigen.

Aus die­sem Schwei­gen lei­te­ten die vier Kar­di­nä­le nach zwei Mona­ten das Recht ab, einen Schritt wei­ter­zu­ge­hen, und ihre Zwei­fel zu ver­öf­fent­li­chen. Damit haben sie den Druck auf Papst Fran­zis­kus enorm erhöht. Ent­spre­chend scharf und gereizt reagiert das unmit­tel­ba­re Umfeld des Pap­stes seit­her. Fran­zis­kus selbst habe nach dem 14. Novem­ber, dem Tag der Ver­öf­fent­li­chung der Dubia, „gekocht vor Zorn“, so der Vati­ka­nist Edward Pen­tin. Sein eng­ster Mit­ar­bei­ter und Schrift­lei­ter der Civil­tà  Cat­to­li­ca, der Jesu­it Anto­nio Spa­da­ro, ver­glich die vier Ein­brin­ger mit „ein­fäl­ti­gen Wür­mern“.

Der Zorn kon­zen­triert sich vor allem auf Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke. Den bril­lan­ten Kir­chen­ju­ri­sten sieht das päpst­li­che Umfeld als „Draht­zie­her“. Der Dekan der Rota Roma­na, Msgr. Pio Vito Pin­to, eben­falls ein ent­schie­de­ner Fran­zis­kus-Anhän­ger, droh­te den vier Kar­di­nä­len mit der Aberken­nung der Kar­di­nals­wür­de. Und war­um? Weil Sie es gewagt haben, Fra­gen zu stel­len. „Wir könn­te man nicht ein­ver­stan­den sein, daß jemand eine Fra­ge stellt?“ repli­zier­te Kuri­en­kar­di­nal Geor­ge Pell und stell­te sich damit vor die vier Dubia-Ein­brin­ger.

Die Stim­mung ist gereizt. Mit jedem Tag, den sich Papst Fran­zis­kus sei­ner Pflicht als Ober­haupt der Kir­che ent­zieht, wird das Kli­ma ver­gif­te­ter. Der bekann­te katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le Rober­to de Mat­tei frag­te bereits Anfang Novem­ber, im Zusam­men­hang mit der umstrit­te­nen Teil­nah­me an einem Refor­ma­ti­ons­ge­den­ken im schwe­di­schen Lund, „wel­che Kir­che“ Fran­zis­kus über­haupt meine.

Kardinal Müller: Glaubenskongregation kann nicht ohne Mandat des Papstes antworten

Nun bestä­tig­te Kar­di­nal Mül­ler als zustän­di­ger Prä­fekt, in einem am Don­ners­tag von Kath­press ver­öf­fent­lich­ten Inter­view, daß sei­ne Kon­gre­ga­ti­on auf die Fra­gen der vier Kar­di­nä­le nicht ohne Man­dat des Pap­stes ant­wor­ten kön­ne. Im Umkehr­schluß sag­te der Kar­di­nal damit, daß Papst Fran­zis­kus nicht will, daß geant­wor­tet wird. „War­um wohl?!“, kom­men­tier­te die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Sei­te Mes­sa in Lati­no.

Gewich­ti­ger ist die zwei­te Aus­sa­ge des Glau­bens­prä­fek­ten. Kar­di­nal Mül­ler füg­te hin­zu, daß ein kirch­li­ches Doku­ment in jedem Fall nicht der unan­tast­ba­ren Leh­re der Kir­che wider­spre­chen kön­ne. Damit aber wird die Posi­ti­on von Fran­zis­kus nicht nur „immer pein­li­cher, son­dern unhalt­bar“, so der Publi­zist Anto­nio Socci.

Kar­di­nal Mül­ler, der man­gels päpst­li­chen Auf­trags, nicht auf die Dubia der Kar­di­nä­le ant­wor­ten kann, ant­wor­te­te damit den­noch in der Sache. Er steck­te den Boden ab, auf dem die Ant­wort zu ste­hen habe. Er ramm­te Grenz­stei­ne ins Ter­rain, die nicht über­tre­ten wer­den dür­fen. Die Mah­nung rich­tet sich glei­cher­ma­ßen an „schlech­te Rat­ge­ber“  des Pap­stes (Kar­di­nal Car­lo Caf­farra) wie an den Papst selbst.

„Interpretation von Amoris laetitia, die bisheriger Lehre widerspricht, ist undenkbar“

Kar­di­nal Mül­ler stell­te klar, daß das Apo­sto­li­sche Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia nicht auf eine Wei­se inter­pre­tiert wer­den dür­fe, die im Wider­spruch zur vor­her­ge­hen­den Leh­re der Päp­ste und der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on steht. Eine ver­nich­ten­de Kri­tik an Aus­sa­gen eini­ger Theo­lo­gen, Bischö­fe und auch Kar­di­nä­le. Der Punkt ist zudem noch in ande­rer Hin­sicht nicht ohne Bri­sanz, da Kar­di­nal Mül­ler dies in einem Inter­view mit Kath­press, der Pres­se­agen­tur der Öster­rei­chi­schen Bischofs­kon­fe­renz sagte.

Vor­sit­zen­der die­ser Bischofs­kon­fe­renz ist Chri­stoph Kar­di­nal Schön­born, der Erz­bi­schof von Wien, den Papst Fran­zis­kus seit dem ver­gan­ge­nen April mehr­fach als „authen­ti­schen Inter­pre­ten“ von Amo­ris lae­ti­tia, und damit als Par­tei­gän­ger einer Linie benann­te, die ein­deu­tig über die vom Glau­bens­prä­fek­ten gesetz­ten Grenz­stei­ne hin­aus­führt, weil sie „Aus­nah­men“ von der Regel (deren Quan­ti­tät spielt dabei kei­ne Rol­le) und damit die Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zu den Sakra­men­ten vorsieht.

Kasper-These wurde bereits vor 20 Jahren Absage erteilte. Daran hat sich nicht geändert

Der Glau­bens­prä­fekt wur­de, um alle Zwei­fel aus­zu­räu­men, noch deut­li­cher. Zur strit­ti­gen Fra­ge der Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on, um die sich seit zwei­ein­halb Jah­ren alles in der Sache dreht, zitier­te er ein Schrei­ben der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on aus dem Jahr 1994. Das Schrei­ben ist von Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger, dem nach­ma­li­gen Papst Bene­dikt XVI. unter­zeich­net. Die Kon­gre­ga­ti­on ant­wor­te­te damals drei deut­schen Bischö­fen in eben die­ser Fra­ge. Kar­di­nal Ratz­in­ger unter­sag­te den Bischö­fen, wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne zu den Sakra­men­ten zuzu­las­sen. Die drei deut­schen Bischö­fe hie­ßen Oskar Sai­er (Frei­burg im Breis­gau), Karl Leh­mann (Mainz) und Wal­ter Kas­per (Rot­ten­burg-Stutt­gart).

20 Jah­re spä­ter war es wie­der­um Kar­di­nal Kas­per, der am 20. Febru­ar 2014 mit sei­ner Rede an das Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um den Stein ins Was­ser warf und die Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen wie­der aufs Tapet brach­te. Ein Schritt, den er nur mit Zustim­mung von Papst Fran­zis­kus set­zen konn­te, der ihm, und nur ihm allein, das Vor­recht des Ein­füh­rungs­re­fe­rats ein­räum­te. Als die Rede hef­ti­gen Unmut in den Rei­hen der Kar­di­nä­le aus­lö­ste, eil­te Papst Fran­zis­kus am Mor­gen des 21. Febru­ar Kas­per mit über­schweng­li­chem Lob zu Hil­fe und behaup­te­te, die von Kas­per ver­tre­te­ne Linie, die 20 Jah­re zuvor von Kar­di­nal Ratz­in­ger mit Zustim­mung von Papst Johan­nes Paul II. unter­sagt wor­den war, sei eine „Theo­lo­gie auf den Knien“. Die päpst­li­che Par­tei­nah­me war indi­rekt, aber deutlich.

Ein Papst, der sich weigert zu Glaubensfragen Rede und Antwort zu stehen, ist ein „Problem“

Damit Papst Fran­zis­kus Kar­di­nal Kas­per mit der Eröff­nungs­re­de betrau­en konn­te, setz­te sich das Team Berg­o­glio des Geheim­zir­kels Sankt Gal­len für die Wahl von Jor­ge Mario Berg­o­glio zum Papst ein. Wer gehör­te dem Team Berg­o­glio an? Kar­di­nal God­fried Dan­neels, Cor­mac O’Connor und wie­der­um Wal­ter Kas­per und Karl Leh­mann. Womit sich der Kreis schließt.

Unter­es­sen wächst in Rom nicht nur der Ärger über Pater Spa­da­ro, der als „graue Emi­nenz“ hin­ter dem Papst als des­sen Souf­fleur in die­ser Sache gilt. Über den Jesui­ten wird in eini­gen römi­schen Kir­chen­krei­sen neu­er­dings als „Vize-Papst“ gespro­chen. Die Unru­he ist so groß, daß Papst Fran­zis­kus selbst durch sein „unhalt­ba­res“ Schwei­gen als Bela­stung für die Kir­che gese­hen wird. Ein Papst, der in zen­tra­len Glau­bens­fra­gen sich wei­gert Rede und Ant­wort zu ste­hen, sei ein „Pro­blem“ für die Kir­che, so Ris­cos­sa Cri­stia­na, ein gro­ßes Problem.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Life­Si­teNews (Screen­shot)

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