Bischofsweihen: Peking antwortet auf „Neue Ostpolitik“ mit neuer Ohrfeige


Bischofsernennungen in der Volksrepublik China
Bischofsernennungen in der Volksrepublik China

(Rom) Vom Avve­ni­re, der Tages­zei­tung der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz wur­den die Bischofs­wei­hen in der Volks­re­pu­blik Chi­na, zwei Ende Novem­ber, eine drit­te folgt in die­sen Tagen, begrüßt und als geglück­ter Ver­such eines neu­en „modus ope­ran­di“ dar­ge­stellt, der zum Modell für das künf­ti­ge Ver­hält­nis zwi­schen dem kom­mu­ni­sti­schen Regime und dem Hei­li­gen Stuhl wer­den könn­te. Die Bezie­hun­gen zwi­schen Kir­che und chi­ne­si­schem Staat sol­len in einem Abkom­men gere­gelt wer­den, des­sen Abschluß unmit­tel­bar bevor­ste­hen soll.

Sant’Egidio und die „Neue Ostpolitik“

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Der Autor des Avve­ni­re-Arti­kel, Ago­sti­no Gio­va­gno­li, lehrt an der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät vom Hei­li­gen Kreuz in Mai­land und gehört zum Füh­rungs­kreis der Gemein­schaft Sant’Egidio. Die­se 1968 in Rom gegrün­de­te Gemein­schaft betreibt seit Jahr­zehn­ten eine „Par­al­lel­di­plo­ma­tie“, die vom offi­zi­el­len diplo­ma­ti­schen Dienst des Hei­li­gen Stuhl „weder ange­for­dert noch erwünscht“ ist, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. Die Gemein­schaft Sant’Egidio mischt sich aus eige­ner Initia­ti­ve auf vie­len inter­na­tio­na­len Büh­nen ins Gesche­hen ein und tut dies mit dem Nim­bus, inof­fi­zi­ell, aber irgend­wie doch „im Namen der Kir­che“ oder „im Namen des Pap­stes“ unter­wegs zu sein. So genau weiß man es nicht, so genau fragt kaum jemand nach und vie­le Türen öff­nen sich.

Die­se Par­al­lel­di­plo­ma­tie ist so bedeu­tend, daß Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel bei ihrem jüng­sten Ita­li­en-Besuch Anfang 2015 der Gemein­schaft Sant’Egidio einen Besuch abstat­te­te. Mit den inter­re­li­giö­sen Gebets­tref­fen für den Frie­den in Assi­si, an dem im ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber zum vier­ten Mal ein Papst teil­ge­nom­men hat, spielt die Gemein­schaft auf dem inter­na­tio­na­lem Par­kett in der ober­sten Liga.

Die Volks­re­pu­blik Chi­na ist eine der Büh­nen, auf denen Sant’Egidio in diplo­ma­ti­scher Mis­si­on aktiv ist. Gio­va­gno­li berich­te­te in sei­nem opti­mi­sti­schen Arti­kel aller­dings nicht alles. „Eine der bei­den Bischofs­wei­hen war kei­nes­wegs ein gutes Vor­zei­chen. Im Gegen­teil. Sie war wie ein Schlag der chi­ne­si­schen Behör­den ins Gesicht der katho­li­schen Kir­che“, so Magister.

Pekings Ohrfeigen

Am 30. Novem­ber wur­de in Cheng­du, der Haupt­stadt der süd­west­chi­ne­si­schen Pro­vinz Sichu­an, Joseph Tang Yuan­ge zum Bischof geweiht. Der 53-Jäh­ri­ge war im Mai 2014 von Rom desi­gniert wur­den, und schließ­lich nach eini­gem Tau­zie­hen von den Pekin­ger Behör­den akzep­tiert wor­den. Als es nun aber zur Bischofs­wei­he und Inthro­ni­sa­ti­on kam, ent­schied das Regime sich plötz­lich für einen Allein­gang. „In das Quin­tett der wei­hen­den Bischö­fe wur­den zwei Namen ein­ge­fügt, die für Rom ein Affront sind“, so Magister.

Der Haupt­kon­se­kra­tor, Bischof Fang Xin­gyao von Linyi in Shan­dong, war zwar vor eini­ger Zeit von Rom aner­kannt wor­den. Mit dem Regime hat er aber nicht gebro­chen und gilt als ein beson­ders treu­er Arm der Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung, die wie­der­um ein ver­län­ger­ter Arm der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei ist mit der Auf­ga­be, die katho­li­sche Kir­che Chi­nas zu über­wa­chen und zu kon­trol­lie­ren. Xin­gyao ist stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Chi­ne­si­schen Katho­li­schen Bischofs­rats, einer regime­treu­en Mario­net­ten­ein­rich­tung, mit der eine katho­li­sche Bischofs­kon­fe­renz nach­ge­ahmt wer­den soll. Sie umfaßt nur die vom Regime aner­kann­ten Bischö­fe, wäh­rend die rund 30 Unter­grund­bi­schö­fe, die Rom die Treue hal­ten, nicht dabei sind und mit den Insti­tu­tio­nen des Regimes auch nichts zu tun haben wollen.

Xin­gyao ist aber vor allem und zual­ler­erst auch Vor­sit­zen­der der Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung selbst, die Papst Bene­dikt XVI. 2007 als „unver­ein­bar mit der katho­li­schen Leh­re“ verurteilte.

Der zwei­te Namen hat in katho­li­schen Krei­sen einen noch schlech­te­ren Ruf, so Magi­ster. Es han­delt sich um Bischof Lei Shiyin von Les­han in Sichu­an. Er wur­de von Rom nie aner­kannt. 2011 wur­de er ohne Erlaub­nis des Pap­stes zum Bischof geweiht und ist daher exkom­mu­ni­ziert. Geweiht wur­de er von Bischof Xin­yao, des­sen stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der er in der Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung ist.

30 Untergrundbischöfe, acht exkommunizierte Bischöfe

An Shiyins Bischofs­wei­he nahm 2011 auch Li Shan, der Bischof von Peking teil, „ein wei­te­res schlech­tes Bei­spiel eines ‚offi­zi­el­len‘ von Rom aner­kann­ten Bischofs, der dann aber in den vol­len Dienst für das Regime zurück­ge­kehrt ist“, so Magister.

Lei Shiyin ist einer von acht Bischö­fen, die von der Regie­rung aner­kannt, aber von Rom exkom­mu­ni­ziert sind. Er ist der „schwie­rig­ste“ Fall für eine even­tu­el­le Rück­kehr in den „Schaf­stall“, weil er Gelieb­te und Kin­der haben soll.

Die kom­mu­ni­sti­schen Behör­den bestan­den dar­auf, daß der neue, von Rom aner­kann­te Bischof von Cheng­du aus­ge­rech­net von Xin­gyao und Shiyin zum Bischof geweiht wird. Es bedurf­te am 30. Novem­ber eines star­ken Poli­zei­auf­ge­bots, um Shiyin den Zutritt zur Kathe­dra­le zu erzwin­gen. Katho­li­sche Gläu­bi­ge ver­such­ten ihn am Betre­ten der Kir­che zu hin­dern und hat­ten dazu ein gro­ßes Pro­test­trans­pa­rent gehißt.

Mit­te Novem­ber hat­te die bis­her letz­te Ver­hand­lungs­run­de zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Regie­rung in Peking zum geplan­ten Abkom­men stattgefunden.

„Wenn das aber die Fak­ten sind, dann scheint ein Abkom­men, das nicht Nach­gie­big­keit der Kir­che ist, noch fern, sehr fern“, so Magister.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews

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