Papst zu Kardinälen: „Virus der Polarisierung und der Feindschaft dringt in unsere Art zu denken ein“


Papst Franziskus kreierte am 19. November 17 neue Kardinäle
Papst Franziskus kreierte am 19. November 17 neue Kardinäle

(Rom) Am 19. Novem­ber kre­ierte Papst Fran­zis­kus 17 neue Kar­di­nä­le. Das Kon­si­sto­ri­um, zu dem Fran­zis­kus die Mit­glie­der des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums zusam­men­rief, beschränk­te sich auf den öffent­li­chen Teil der Kar­di­nals­kre­ierung. Auf die bis­he­ri­ge Pra­xis, die bei­den Tage davor zusam­men mit den Kar­di­nä­len aus aller Welt zu ver­brin­gen, ver­zich­te­te der Papst die­ses Mal. 

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Am ver­gan­ge­nen Mon­tag mach­ten vier Kar­di­nä­le ihren for­ma­len Ein­spruch gegen das umstrit­te­nen nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia öffent­lich bekannt. Seit­her herrscht eine ange­spann­te Stim­mung im Vati­kan. Der Vati­ka­nist Edward Pen­tin sag­te unter Beru­fung auf Quel­len in San­ta Mar­ta: Der Papst „kocht vor Zorn“ wegen der Dubia (Zwei­fel) der vier Kar­di­nä­le. Seit­her wer­den alle Gesten des Pap­stes nach Reak­tio­nen auf den Wider­stand aus dem Kar­di­nals­kol­le­gi­um abge­klopft. Der Ver­zicht, län­ge­re Zeit mit den Kar­di­nä­len zu ver­brin­gen, wur­de als Ver­such inter­pre­tiert, eine Beant­wor­tung der Dubia der vier Kar­di­nä­le zu ver­mei­den. Die­se nah­men eben­falls als Kon­si­sto­ri­um teil. Sie oder auch ande­re Kar­di­nä­le hät­ten Fra­gen auf­wer­fen und eine Klä­rung der strit­ti­gen Punk­te ein­for­dern kön­nen. Man­che wol­len den Ärger des Pap­stes auch aus sei­ner Rede an das Kar­di­nals­kol­le­gi­um her­aus­le­sen. In sei­ner Anspra­che sag­te das Kir­chen­ober­haupt unter anderem:

„Unse­re Epo­che ist gekenn­zeich­net durch gewal­ti­ge Pro­blem­kom­ple­xe und Fra­gen auf Welt­ebe­ne. Wir erle­ben eine Zeit, in der in unse­ren Gesell­schaf­ten die Pola­ri­sie­rung und die Aus­schlie­ßung als ein­zi­ge Mög­lich­keit zur Lösung von Kon­flik­ten seu­chen­ar­tig wie­der auf­le­ben. So sehen wir zum Bei­spiel, wie jemand neben uns rasch nicht nur als Unbe­kann­ter oder Immi­grant oder Flücht­ling ein­ge­stuft, son­dern als Bedro­hung wahr­ge­nom­men und als Feind ein­ge­stuft wird. Feind, weil er aus einem fer­nen Land kommt oder weil er ande­re Bräu­che hat. Feind wegen sei­ner Haut­far­be, wegen sei­ner Spra­che oder sei­ner gesell­schaft­li­chen Stel­lung, Feind, weil er anders denkt und auch weil er einen ande­ren Glau­ben hat. Feind weil… Und ohne dass wir es mer­ken, macht sich die­se Logik in unse­rer Lebens‑, Hand­lungs- und Vor­ge­hens­wei­se breit. Dann begin­nen alle und alles den Bei­geschmack der Feind­schaft zu haben. Nach und nach ver­wan­deln sich die Ver­schie­den­hei­ten in Sym­pto­me von Feind­se­lig­keit, Bedro­hung und Gewalt. Wie vie­le Wun­den ver­grö­ßern sich auf­grund die­ser Seu­che der Feind­schaft und Gewalt, die im Fleisch vie­ler ihre Spu­ren hin­ter­lässt, die kei­ne Stim­me haben, weil ihr Auf­schrei schwä­cher gewor­den und schließ­lich ver­stummt ist auf­grund die­ser Patho­lo­gie der Gleich­gül­tig­keit! Wie vie­le Situa­tio­nen der Unsi­cher­heit und des Lei­dens wer­den durch die­se Zunah­me der Feind­schaft unter den Völ­kern, unter uns, aus­ge­sät! Ja, unter uns, in unse­ren Gemein­schaf­ten, unse­ren Prie­ster­kol­le­gi­en, unse­ren Ver­samm­lun­gen. Das Virus der Pola­ri­sie­rung und der Feind­schaft dringt in unse­re Art zu den­ken, zu füh­len und zu han­deln ein. Dage­gen sind wir nicht immun, und wir müs­sen auf­pas­sen, dass eine sol­che Hal­tung nicht unser Herz in Beschlag nimmt, denn das wür­de sich gegen den Reich­tum der Uni­ver­sa­li­tät der Kir­che wen­den, den wir in die­sem Kar­di­nals­kol­le­gi­um mit Hän­den grei­fen kön­nen. Wir kom­men aus fer­nen Län­dern, haben unter­schied­li­che Bräu­che, Haut­far­ben, Spra­chen und gesell­schaft­li­che Stel­lun­gen; wir haben unter­schied­li­che Denk­wei­sen und fei­ern sogar den Glau­ben in ver­schie­de­nen Riten. Und nichts von alle­dem macht uns zu Fein­den, im Gegen­teil, es ist einer unse­rer größ­ten Reichtümer.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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2 Kommentare

  1. 50 Jah­re sind die Tra­di­tio­na­li­sten abseits gedrängt wor­den, die Hoch­al­tä­re ver­staubt. Ist denn die Feind­schaft nicht mit­ten in der Kir­che? Nur den Man­tel des Schwei­gens über die wah­ren Pro­ble­me aus­brei­ten und die Tole­ranz des Frei­mau­rer­tums ver­kün­den, Frei­heit, Gleich­heit, Brü­der­lich­keit, wer nicht tut was wir, der ist gegen uns, egal was Chri­stus lehrt.
    Nein, so nicht!

  2. Hei­li­ger Vater,
    mit allem Respekt: darf ich fra­gen, ob Sie viel­leicht auch vom Virus der Polai­ri­sie­rung betrof­fen sein könnten?
    Sind Gläu­bi­ge, die sich täg­lich an ihren Feh­lern und Sün­den abar­bei­ten und lei­den, ein­fach nur Pelagianer?
    Sind die mei­sten Ehen der katho­li­scher Gläu­bi­gen tat­säch­lich ungül­tig? Weil die­se zu dumm sind, um „bis dass der Tod euch schei­det“ zu verstehen?
    Sind Gläu­bi­ge, die das, was die Kir­che und Ihre Amts­vor­gän­ger gelehrt haben, glau­ben und ver­tei­di­gen, ein­fach nur gei­stig rigi­de oder lei­den an gei­sti­gem Alzheimer?
    Sol­len sich die Gläu­bi­gen nun noch bemü­hen oder ist dies nicht mehr not­wen­dig, weil die Barm­her­zig­keit Got­tes ja wahr­haf­tig unend­lich ist?
    Müs­sen wir noch irgend­et­was tun, da wir doch durch die Gna­de Got­tes allein gerecht­fer­tigt sind? Brau­chen wir dann noch eine Kir­che, wie wir sie bis­her kann­ten und lieben?
    Alle die­se Wider­sprü­che sind selbst für die Geschei­te­sten der Gläu­bi­gen nicht mehr ver­ständ­lich. Sie haben zur extre­men Pola­ri­sie­rung und Ver­wir­rung geführt.

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