Neuwahlen in US-Bischofskonferenz „kein Referendum über den Papst“


Erzbischof Blase Cupich von Chicago: Wahlen der Bischofskonferenz sind "kein Referendum über den Papst"
Erzbischof Blase Cupich von Chicago: Wahlen der Bischofskonferenz sind "kein Referendum über den Papst"

(Washing­ton) Im Epi­sko­pat der USA rumort es, und zwar gegen Papst Fran­zis­kus. Jüng­stes Indiz dafür ist eine War­nung des Papst-Ver­trau­ten Bla­se Cupich, Erz­bi­schof von Chi­ca­go und desi­gnier­ter Kar­di­nal, daß die Wah­len über den Vor­sitz der Bischofs­kon­fe­renz „kein Refe­ren­dum über den Papst“ sei­en. Eine War­nung, die ihre Wir­kung nicht ganz verfehlte.

Gewichtsverlagerung

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Cupich wur­de von Papst Fran­zis­kus als Links­au­ßen zum Nach­fol­ger von Kar­di­nal Fran­cis Geor­ge als Erz­bi­schof von Chi­ca­go gemacht, einem der bedeu­tend­sten Bischofs­sit­ze der Welt. Die Ernen­nung wur­de von den ande­ren Bischö­fen als Wink mit dem Zaun­pfahl ver­stan­den. Wei­te­re Ernen­nun­gen folg­ten. Beob­ach­ter sehen eine Absicht des Pap­stes, die „kon­ser­va­ti­ve“ Bischofs­kon­fe­renz umzubauen.

In den 70er Jah­ren sah es in den USA noch anders aus. Füh­ren­de Bischofs­sit­ze waren in pro­gres­si­ver Hand. Es dau­er­te 25 Jah­ren, eine Rich­tungs­än­de­rung umzu­set­zen. Johan­nes Paul II. war bei Bischofs­er­nen­nun­gen in den USA zöger­li­cher, Bene­dikt XVI. durch Kar­di­nal Bur­ke ent­schlos­se­ner. Papst Fran­zis­kus kennt weni­ger Rück­sich­ten, wes­halb sein Umbau, soll­te er ihn kon­se­quent vor­an­trei­ben, einen wesent­lich kür­ze­ren Zeit­raum bean­spru­chen dürfte.

Zuerst hat­te er der Bischofs­kon­fe­renz Cupich als Sta­chel ins Fleisch gerammt wor­den. Als die ande­ren Bischö­fe den neu­en Erz­bi­schof von Chi­ca­go nicht als Syn­oda­len zur Fami­li­en­syn­ode nach Rom schick­ten, ernann­te ihn Papst Fran­zis­kus per­sön­lich. Am kom­men­den Sams­tag kre­iert er ihn zum Kar­di­nal. Eine wei­te­re Etap­pe der Gewichtsverlagerung.

Cupich wird Kardinal, Chaput nicht

Der Kar­di­nal in spe dankt es durch treue Gefolg­schaft. Cupich ver­tei­digt das umstrit­te­ne nach­syn­oda­le Doku­ment Amo­ris lae­ti­tia und wird von Fran­zis­kus mit der Kar­di­nals­wür­de belohnt. Er wol­le, was der Papst wol­le, sag­te Cupich. Da vom Papst noch immer nicht gesagt wur­de, was er will, zeigt Cupichs Fest­stel­lung, daß er Zugang zu Infor­ma­tio­nen besitzt, die der Öffent­lich­keit vor­ent­hal­ten werden.

Bischofskonferenz in Baltimore
Bischofs­kon­fe­renz in Baltimore

Im Gegen­satz dazu wird Erz­bi­schof Charles Cha­put von Phil­adel­phia, der Richt­li­ni­en für sei­ne Erz­diö­ze­se erließ, die trotz Amo­ris lae­ti­tia die kirch­li­che Ehe- und Moral­leh­re bekräf­ti­gen, von Fran­zis­kus bei den Kar­di­nals­er­nen­nun­gen erneut über­gan­gen, obwohl Phil­adel­phia zu den Erz­bi­schofs­sit­zen gehört, die tra­di­tio­nell mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­den sind.

Erz­bi­schof Cupich gab nun erneut zu ver­ste­hen, was Papst Fran­zis­kus offen­bar denkt und erwar­tet. Er kri­ti­sier­te sei­ne Mit­brü­der im Bischofs­amt und erklär­te ihnen und der Öffent­lich­keit, war­um sie sich Fran­zis­kus wider­set­zen: weil „sie nicht ver­ste­hen, was es heißt, Bischof der katho­li­schen Kir­che zu sein“.

Die­se Wor­te sind Teil eines Inter­views, das Cupich der US-ame­ri­ka­ni­schen Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca gab. Anlaß ist die Herbst­voll­ver­samm­lung der Bischofs­kon­fe­renz, die gestern in Bal­ti­more begon­nen hat.

Schwer­punk­te des Inter­views sind die Prä­si­dent­schafts­wahl in den USA und die Situa­ti­on in der Ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz (USCCB). Zur Wahl von Donald Trump zum 45. Prä­si­den­ten der USA betont Cupich „die tie­fen Spal­tun­gen“ in der ame­ri­ka­ni­schen Gesellschaft.

Wahl eines neuen Vorsitzenden und seines Stellvertreters

Zur Situa­ti­on in der Bischofs­kon­fe­renz mein­te er, daß Die Wahl des Vor­sit­zen­den nicht als „Refe­ren­dum über den Papst“ zu ver­ste­hen sei. Cupich for­der­te sei­ne Mit­brü­der auf, „den Nach­fol­ger des Petrus zu unterstützen“.

Bei der Herbst­voll­ver­samm­lung wäh­len die Bischö­fe den Nach­fol­ger von Erz­bi­schof Joseph Edward Kurtz von Louis­ville als Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­renz und sei­nen Stell­ver­tre­ter. Eine Amts­zeit dau­ert in den USA nur drei Jah­re. Eine Wie­der­wahl ist nicht vor­ge­se­hen. Es gilt als üblich, daß der Stell­ver­tre­ter neu­er Vor­sit­zen­der wird.

Kardinal DiNardo
Kar­di­nal DiNardo

Die­ses Amt hat­te in der Amts­pe­ri­ode 2013–2016 Kar­di­nal Dani­el DiNar­do, der Erz­bi­schof von Gal­ve­ston-Hou­ston inne. Der „Kon­ser­va­ti­ve“ DiNar­do hat­te sich im Novem­ber 2013 mit 62 Pro­zent gegen den „Kon­ser­va­ti­ven“  Cha­put von Phil­adel­phia durch­ge­setzt, der 38 Pro­zent der Stim­men erhielt. Cha­put hat­te bereits im Som­mer 2013 geäu­ßert, daß sich kir­chen­treue Katho­li­ken „schwer­tun“, Papst Fran­zis­kus zu verstehen.

Zehn Kan­di­da­ten bewer­ben sich für das Amt des Vor­sit­zen­den. Kar­di­nal DiNar­do gilt als Favo­rit. Er gehör­te zu den drei­zehn Kar­di­nä­len, die sich im Okto­ber 2015 am Beginn der zwei­ten Bischofs­syn­ode über die Fami­lie in einem Brief an Papst Fran­zis­kus über die Syn­oden-Geschäfts­ord­nung beklag­ten und den Ein­druck „vor­ge­fer­tig­ter Ergeb­nis­se“ kritisierten.

Zu den Kan­di­da­ten gehört auch wie­der Erz­bi­schof Cha­put. Die neun Nicht-Gewähl­ten gel­ten auto­ma­tisch als Bewer­ber um das Stell­ver­tre­ter­amt. Nach der Abstim­mungs­nie­der­la­ge vor einem Jahr über die Syn­oda­len, zieht es Erz­bi­schof Cupich vor, sich vor­erst nicht noch ein­mal zäh­len zu las­sen. Mit Span­nung wur­de erwar­tet, ob Cha­put die­ses Mal zum stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den gewählt wird, und damit 2019 den Vor­sitz über­neh­men könnte.

Der Kompromiß

Es gebe „eini­ge Bischö­fe“, was sehr „bedau­er­lich“ sei,  so Cupich, die „sich dem Papst wider­set­zen“ oder „gegen ihn arbei­ten“. Er sei der Ober­hir­te. Die Aus­übung des Bischofs­am­tes kön­ne in der Kol­le­gia­li­tät nur mit ihm erfol­gen. Damit gab er zu ver­ste­hen, daß Erz­bi­schof Cha­put als (Vize-)Vorsitzender der Bischofs­kon­fe­renz nicht geeig­net sei.

Statt­des­sen blick­te er Rich­tung Süd­we­sten, nann­te kei­nen Namen, dafür aber ein The­ma, das für Papst Fran­zis­kus von zen­tra­ler Bedeu­tung ist. Cupich äußer­te die Hoff­nung, daß sich alle Bischö­fe der USA für die „ille­ga­len Ein­wan­de­rer und ihre Fami­lie“ ein­set­zen, um sie „zu ver­tei­di­gen und ihnen Stim­me zu sein“.

Erzbischof Jose Gomez
Erz­bi­schof Jose Gomez

Donald Trump hat­te die Aus­wei­sung von 2,5 Mil­lio­nen Ille­ga­len ange­kün­digt. Nach offi­zi­el­len Schät­zun­gen hal­ten sich min­de­stens elf Mil­lio­nen ille­ga­le Ein­wan­de­rer in den USA auf. Auch unter Prä­si­dent Oba­ma wur­den Mil­lio­nen von Ille­ga­len abge­scho­ben. Da Oba­ma zur poli­ti­schen Lin­ken gehört, wur­de die­ser Punkt aber von lin­ken Medi­en nicht the­ma­ti­siert. Unter einem Prä­si­den­ten Trump dürf­te sich das schlag­ar­tig ändern, wie auch das Jesui­ten­ma­ga­zin Ame­ri­ca andeutet.

Was Cupich nicht so deut­lich sag­te, über­nahm die Zeit­schrift. Sie emp­fahl den Erz­bi­schof von Los Ange­les, Jose Hora­cio Gomez, als geeig­ne­ten Kan­di­da­ten. Gomez gehört dem Opus Dei an und zum Kreis der „kon­ser­va­ti­ven“ Bischö­fe. Im Rah­men der gege­ben Mehr­heits­ver­hält­nis­se such­te Cupich nach dem Kan­di­da­ten, der noch am ehe­sten im Sin­ne von Papst Fran­zis­kus aus­ge­legt wer­den könn­te. Vor allem ging es dar­um Cha­put zu verhindern.

Gomez ist gebür­ti­ger Mexi­ka­ner, der auf­grund sei­ner seel­sorg­li­chen Tätig­keit in die USA kam und 1995 die Staats­bür­ger­schaft erhielt. Die Latein­ame­ri­ka­ner stel­len bereits 40 Pro­zent der Katho­li­ken in den USA. Sei­ne Wahl, gab Ame­ri­ca zu ver­ste­hen, wäre ein Signal gegen eine Anti-Einwanderungspolitik.

Als wei­te­re The­men, die er bei der Bischofs­kon­fe­renz vor­brin­gen will, nann­te Erz­bi­schof Cupich zudem: „Gewalt, Ver­let­zung der Men­schen­rech­te, Umwelt­zer­stö­rung, Armut, Waf­fen­han­del und Korruption.“

Die Wah­len, die heu­te statt­fan­den, erbrach­ten einen Kom­pro­miß, mit dem nach außen bei­de Sei­ten leben kön­nen. Die offe­ne Kon­fron­ta­ti­on wur­de ver­mie­den. Neu­er Vor­sit­zen­der wur­de erwar­tungs­ge­mäß Kar­di­nal DiNar­do. Neu­er Stell­ver­tre­ter, und damit sehr wahr­schein­lich 2019 auch näch­ster Vor­sit­zen­der, wur­de Erz­bi­schof Gomez von Los Ange­les. Bei­de sind ent­schie­de­ne Ver­tei­di­ger des Lebens­rechts und der Familie.

Die Fein­hei­ten, wes­halb er Erz­bi­schof von Chi­ca­go Gomez gegen­über Cha­put vor­zieht, sind ganz in inner­kirch­li­chen Par­tei­un­gen zu suchen. Sie haben viel mit Papst Fran­zis­kus und sei­nem poli­ti­schen Kurs zu tun, den er der Welt­kir­che ver­pas­sen möch­te. Weder Gomez noch Cha­put sind Ver­tre­ter die­ses Kur­ses. Cha­put hat den Papst im Gegen­satz zu Gomez bereits indi­rekt her­aus­ge­for­dert. Zudem läßt sich Gomez wegen sei­ner mexi­ka­ni­scher Her­kunft ein­fach leich­ter in den vom Papst gewünsch­ten Kurs „inte­grie­ren“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Infovaticana/​Wikicommons

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