Interview mit Kardinal Burke: „Trump wird an dem zu messen sein, was er tatsächlich macht. Ich bin zuversichtlich“


Kardinal Burke über den gewählten US-Präsidenten Trump, die Einwanderungsfrage und den überlieferten römischen Rtus
Kardinal Burke über den gewählten US-Präsidenten Trump, die Einwanderungsfrage und den überlieferten römischen Rtus

(Rom) Die römi­sche Inter­net-Tages­zei­tung La Fede Quo­ti­dia­na ver­öf­fent­lich­te gestern ein Inter­view mit Kar­di­nal Ray­mond Leo Bur­ke. Der Kar­di­nal war bis Novem­ber 2014 Prä­fekt des Ober­sten Gerichts­ho­fes der Apo­sto­li­schen Signa­tur an der Römi­schen Kurie. Wegen sei­nes Wider­stan­des gegen die von Papst Fran­zis­kus unter­stütz­ten Kas­per-The­sen zur Auf­wei­chung des Ehe­sa­kra­men­tes wur­de er im Novem­ber 2014 vom Papst abge­setzt und aus der Römi­schen Kurie ent­fernt. Er gehört zu den vier Kar­di­nä­len, die Papst Fran­zis­kus mit ihren Dubia (Zwei­feln) zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia in Bedräng­nis gebracht haben. Das voll­stän­di­ge Inter­view in deut­scher Übersetzung:

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FQ: Emi­nenz, vor kur­zem haben sie gesagt, daß es kei­nen Grund gibt, Angst vor Trump zu haben. Warum?

Kar­di­nal Bur­ke: Man muß ver­ste­hen, dafür wird es aber Zeit brau­chen, was die­se Wahl wirk­lich bedeu­tet hat. Mei­ne Vor­stel­lung ist, daß die Ame­ri­ka­ner einen Wech­sel woll­ten, sowohl in der Poli­tik als auch in der Wirt­schaft, und daß das der ent­schei­den­de Schlüs­sel ist, um die­se Wahl zu interpretieren.

FQ: War­um in der Wirtschaft?

Kar­di­nal Bur­ke: Trump hat es ver­stan­den, das Unbe­ha­gen vie­ler Bür­ger auf­zu­grei­fen, die sich in Schwie­rig­kei­ten befin­den, ver­armt und ohne Stim­me sind und auch über­gan­gen wur­den. Die­se Schicht hat Clin­ton als fern emp­fun­den, viel­leicht mit den Finanz­krei­sen ver­bun­den. Ich den­ke, daß Trump sich jener annimmt, die weni­ger Glück hat­ten. Ich bin zuver­sicht­lich. Wir wer­den ihn dar­an zu mes­sen haben, was er tat­säch­lich macht. Die star­ken Töne des Wahl­kamp­fes müs­sen nun gesiebt wer­den. Es ist immer ein Unter­schied zwi­schen dem, was vor der Wahl gesagt wird und dem, was danach gesagt wird.

FQ: Trump hat sich gegen die Abtrei­bung ausgesprochen.

Kar­di­nal Bur­ke: Ich hof­fe, daß er sein Ver­spre­chen hal­ten wird. Unter die­sem Gesichts­punkt und mit Bezug auf die Auf­merk­sam­keit für jene, die weni­ger haben, scheint mir Trump näher an den katho­li­schen Wer­ten als Clin­ton, und man braucht kei­ne Angst vor ihm zu haben. Es ist not­wen­dig, ihn nun arbei­ten zu las­sen. Ich bin nicht besorgt. Und zudem ist das freie Wäh­ler­vo­tum zu respek­tie­ren. Ich den­ke auch nicht, daß er ein Mann des Krie­ges ist. Viel­mehr scheint sein Ein­klang mit Putin in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung zu weisen.

FQ: Was ist die Posi­ti­on der ame­ri­ka­ni­schen Kirche?

Kar­di­nal Bur­ke: Soweit ist weiß, aber ich kann mich irren, haben sehr vie­le Katho­li­ken Trump unterstützt.

FQ: Ein Schlacht­roß des neu­en Prä­si­den­ten ist die Ein­wan­de­rungs­fra­ge. Was den­ken Sie zu sei­nen Positionen?

Kar­di­nal Bur­ke: Mit­leid ist immer eine Pflicht, beson­ders für Chri­sten. Es ist aber not­wen­dig, daß es – was die Ein­wan­de­rer betrifft – mit Klug­heit und Intel­li­genz ein­ge­setzt wird. Die Ver­zwei­fel­ten ver­die­nen unse­re Hil­fe, das gilt für jene die wirk­li­che Not lei­den und vor Krieg und Ver­fol­gung flie­hen. Das Ein­wan­de­rungs­pro­blem ist im übri­gen nicht nur ein ame­ri­ka­ni­sches Pro­blem. Über­all gibt es ech­te Flücht­lin­ge und sol­che, die es nicht sind. Wir fin­den in den USA auch sol­che, die mit wenig ern­sten und ehr­li­chen Absich­ten kom­men, sol­che die kom­men, um zu spe­ku­lie­ren und vor allem um unrecht­mä­ßi­ge Taten zu bege­hen. Dar­um: Auf­nah­me, aber mit Kri­te­ri­en, Weis­heit und unter Ein­hal­tung der Regeln.

FQ: Im neu­en Buch von Pater Spa­da­ro „In dei­nen Augen ist mein Wort“ nennt Papst Fran­zis­kus den über­lie­fer­ten römi­schen Ritus eine „Aus­nah­me“. Was den­ke Sie dazu?

Kar­di­nal Bur­ke: Daß er kei­ne Aus­nah­me ist. Er ist die Mes­se der Kir­che aller Zei­ten und daher kann er nicht über­gan­gen wer­den und hat glei­che Wür­de. Im übri­gen genügt es das Motu pro­prio von Papst Bene­dikt XVI. zu lesen, das ein­deu­tig ist.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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