(Paris) Der französische Staatsrat, der oberste Verwaltungsgerichtshof des Landes, hat einen Rekurs gegen einen Zensurbescheid des Conseil supérieur de l’audiovisuel (CSA, Hoher Rat für audiovisuelle Medien) abgewiesen. Damit gilt: In Frankreich darf der Kurzfilm „Dear Future Mom“ (Liebe werdende Mami), der das Glück von Menschen mit Down-Syndrom zeigt, nicht gesendet werden.
Der bezaubernde Film entstand aus Anlaß des Welt-Down-Syndrom-Tages 2014. Der Anstoß kam durch eine Anfrage, mit der auch der Film beginnt. Eine junge, besorgte Mutter schrieb, daß sie schwanger ist und ein Kind erwartet, bei dem man Down-Syndrom festgestellt hatte. Sie wollte wissen, wie das sei, und ob solche Menschen „auch glücklich werden können in ihrem Leben“.
Als Antwort entstand der Kurzfilm, in dem 15 junge Menschen mit Down-Syndrom, dieser „werdenden Mutter“ antworten und sie teilhaben lassen an ihrem Glück.
Lebensglück von Menschen mit Down-Syndrom „nicht von allgemeinem Interesse“
Auf Youtube wurde der Kurzfilm mehr als sieben Millionen Mal angeschaut. Beim Festival der Kreativität in Cannes gewann er sechs Löwen. Der Film wurde in verschiedenen Ländern auch im Fernsehen gezeigt. Darunter befanden sich auch mehrere französische Fernsehsendern wie M6, Canal + und D8, bis der Conseil supérieur de l’audiovisuel einen Zensurbescheid für Frankreich ausstellte und die Ausstrahlung des Kurzfilm als „ungeeignet“ untersagte.
Der Conseil supérieur de l’audiovisuel (CSA) war 1989 von der damaligen sozialistischen Regierung zur „Regulierung“ der elektronischen Medien errichtet worden. Sie wurde nicht nur zur Copyright-Polizei für die Privatwirtschaft, wir kritisiert wird, sondern auch zur Zensurbehörde, wie der konkrete Fall zeigt.
In seiner Begründung erklärte der CSA, daß die Verbreitung des Zeugnisses von Menschen mit Down-Syndrom, mit dem sie der Welt sagen, daß auch ihr Leben lebenswert ist, keine „Botschaft von allgemeinem Interesse“ sei.
Mehrere Menschen mit Down-Syndrom und verschiedene Organisationen legten beim Staatsrat gegen diese Zensur Rekurs ein.
Staatsrat bestätigt Zensur – Film könnte Abtreibungsmentalität „stören“
Zwei Jahre später bestätigte nun der Staatsrat die Zensur des CSA mit einer noch skandalöseren Begründung. Er lehnte den Rekurs ab, weil die Ausstrahlung des Filmes, der glückliche und zufriedene junge und erwachsene Menschen mit Down-Syndrom zeigt, „das Gewissen der Frauen stören könnte, die im Rahmen des Gesetzes sich für andere Optionen des persönlichen Lebens entschieden haben“.
Der Staatsrat rechtfertigte die Zensur des CSA mit der Wertung, die Darstellung im Film „könnte zweideutig erscheinen“, weil er nicht die Möglichkeit der Frau zur Abtreibung erwähne.
Der Staatsrat erklärte zudem dreist, der CSA habe mit seiner Zensur die Meinungsfreiheit von Menschen mit Down-Syndrom „nicht eingeschränkt“, sondern sich darauf „beschränkt“, die Verbreitung des Kurzfilms in öffentlichen Räumen für „ungeeignet“ zu erklären.
„Auch Menschen mit Down-Syndrom haben ein Recht, Ihr Glück zum Ausdruck zu bringen“
Empört über das Staatsratsurteil ist die Stiftung Coor Down, die den Kurzfilm veröffentlichte und verbreitete. Die Stiftung erklärt auf ihrer Internetseite, daß CSA und Staatsrat eine schwerwiegenden Zensur üben und Menschen mit Down-Syndrom das Recht auf Meinungsfreiheit verweigern. Jeder Mensch dürfe seine Freude am Leben zum Ausdruck bringen. Wenn das aber Menschen mit Down-Syndrom tun, soll das „ungeeignet“ sein und wird verboten?
„Auch die Menschen mit Down-Syndrom haben ein Recht, glücklich zu sein, und das zum Ausdruck bringen zu dürfen.“
Die Entscheidung des CSA und das Urteil des Staatsrats „verletzen die Artikel 8, 10 und 21 des UNO-Behindertenrechtskonvention von 2006“, so die Stiftung.
Die tragische Entscheidung des französischen Staatsrates ist der logische Epilog eines Vernichtungsfeldzuges gegen etwas, das nicht sein darf. Die von CSA und Staatsrat gewählten Worte kaschieren eine brutale Wirklichkeit. Laut der vorherrschenden Meinung sind Menschen mit Down-Syndrom zu verhindern. Es müsse bereits ihre Geburt verhindert werden. Aus diesem Grund wird vor der Geburt Jagd auf sie gemacht. In manchen europäischen Ländern werden fast 100 Prozent aller Down-Syndrom-Kinder durch Abtreibung getötet. Die Tötung als „Lösung“. Ein Mensch mit Down-Syndrom ist laut dieser Logik kein vollwertiger Mensch, eigentlich überhaupt kein Mensch. So wird es nicht gesagt, aber so wird es gedacht und so werden die Gesetze gemacht. Deshalb werden schwangeren Müttern Kinder mit Down-Syndrom als „Schaden“, als „Belastung“ und als „Kostenfaktor“ dargestellt. „So etwas“ habe beseitigt zu werden, lautet die unterschwellige Botschaft.
Die entsprechenden Abtreibungsgesetze machen die vorgeburtliche Tötung dieser Kinder möglich.
Die „Herodianer mit Krawatte“
In eine solche Logik, die das Töten dem Leben vorzieht, wenn ein Kind nicht „wunschgemäß“ ist, paßt natürlich kein Film, auch kein Kurzfilm, der Menschen mit Down-Syndrom als Menschen zeigt. Als Menschen, die glücklich und zufrieden sind, und die auf ihre Weise erstaunliche Dinge schaffen können. Im Film sprechen nicht andere über Menschen mit Down-Syndrom. Im Film sprechen nur Menschen mit Down-Syndrom über sich selbst. Sie zeigen sich selbst und antworten auf die Frage einer besorgten, jungen Mutter.
Die Abtreibungsmentalität, der die Entscheidung des CSA und das Urteil des französischen Staatsrates folgt, verlangt hingegen eine Priorität für die „Option“ Abtreibung. Das Leben von Menschen mit Down-Syndrom ist bestenfalls zweite Wahl. Es wird durch die Entscheidungen wie ein Betriebsunfall behandelt. Der Film zeigt schließlich Menschen, die aus irgendeinem Grund der Selektion durch Tötung entgangen sind. Er zeigt etwas, was gar nicht geben dürfte. Deshalb muß die Zensur her. Was es nicht geben dürfte, das dürfe man auch nicht zeigen. Der CSA sagte, das Zeigen glücklicher Menschen mit Down-Syndrom sei „nicht von allgemeinem Interesse“, oder wollte er in Wirklichkeit sagen: „ist nicht im allgemeinen Interesse“?
Die Zensur und das Urteil bekräftigen den gewollten Druck auf schwangere Mütter, denen signalisiert wird, daß die Tötung des ungeborenen Kinder mit Down-Syndrom gewünscht, ja erwartet werde. Kein Gesetz verlangt die Tötung. Der soziale Druck und die „richtige fachliche Beratung“ genügen.
Was das vorherrschende Meinungsbild stört, das fällt unter die Zensur und muß verdunkelt werden, selbst wenn es das Glück und die Freude von Menschen zum Ausdruck bringt.
Die Dreistigkeit der Vorgehensweise der beiden französischen Institutionen ist von einer Eiseskälte, die das Blut in den Adern gefrieren läßt. Die vorgebrachte Argumentation eignet sich, um beliebig jede Meinung zu zensurieren und willkürlich ganze Menschengruppen auszugrenzen und für deren physische Vernichtung zu werben, denn um nichts anderes geht es bei der nahegelegten „Option“ der Frauen. Manche würden sagen, die vielzitierten „Nazis“ sind unter uns, aber sie tragen keine Hakenkreuzbinde, wie man uns weismachen will, sondern Krawatte, ein Che-Guervara-T-Shirt oder sind Mitglied der Sozialistischen Partei. Kardinal Cipriani-Thorne, der Erzbischof von Lima und Primas von Peru, sprach von „Herodianern mit Krawatte“.
Sehen Sie sich den Kurzfilm an und lassen Sie Ihr Herz sprechen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Dear future Mom (Screenshot)