Castel Gandolfo wird zum Museum – „Keine einzige Nacht hat der Papst hier verbracht“


Gärten der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo.
Gärten der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo.

(Rom) Papst Fran­zis­kus hat­te es im März 2015 ange­kün­digt: Aus der päpst­li­chen Som­mer­re­si­denz Castel Gan­dol­fo wol­le er ein Muse­um machen. Vor einem Monat hieß es dann, der Papst hege die Absicht, das mär­chen­haft gele­ge­ne Schloß mit sei­nen präch­ti­gen Gar­ten­an­la­gen als Flücht­lings­un­ter­kunft zur Ver­fü­gung zu stel­len. So berich­te­te es der Quo­ti­dia­no Nazio­na­le am 16. Sep­tem­ber mit der Schlag­zei­le: „Flücht­lin­ge nach Castel Gan­dol­fo. Das neue Pro­jekt des Pap­stes“.  Am 14. Okto­ber schrieb der Vati­ka­nist Pao­lo Roda­ri von La Repubbli­ca, daß doch die ursprüng­li­che Muse­ums­idee auf­ge­grif­fen wird.

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Vier Jahr­hun­der­te hin­durch wur­de das Schloß von den Päp­sten als Som­mer­re­si­denz genützt, um der Hit­ze Roms zu ent­flie­hen. Castel Gan­dol­fo wur­de von Johan­nes XXIII. und beson­ders von Bene­dikt XVI. geliebt, wäh­rend Papst Fran­zis­kus es nie nutz­te. „Kei­ne ein­zi­ge Nacht ver­brach­te der Papst“ in den Alba­ner Ber­gen, kla­gen die Einheimischen.

Papst Franziskus war 2014 das letzte Mal in Castel Gandolfo

Nur drei­mal stat­te­te Fran­zis­kus dem Ort Kurz­be­su­che ab. Das erste Mal, um den zurück­ge­tre­te­nen Vor­gän­ger, Bene­dikt XVI. auf­zu­su­chen, die bei­den ande­ren Male jeweils am 15. August zum Hoch­fest Mariä Him­mel­fahrt. Ein Fest, das in der Stadt tra­di­tio­nell in Anwe­sen­heit des regie­ren­den Pap­stes gefei­ert wur­de, der sich um die­se Zeit zur Som­mer­fri­sche dort auf­hielt. Um die Bewoh­ner von Castel Gan­dol­fo nicht zu sehr zu ent­täu­schen, kam Papst Fran­zis­kus anfangs zumin­dest zu die­sem Fest in die Stadt. 2015 brach er dann auch mit die­ser Tradition.

Die Sommerresidenz, im Vordergrund gut erkennbar die Sternwartekuppeln
Die Som­mer­re­si­denz, im Vor­der­grund gut erkenn­bar die Sternwartekuppeln

Seit März 2014 sind auf Wunsch des Pap­stes die aus­ge­dehn­ten Gar­ten­an­la­gen des 55 Hekt­ar gr0ßen Grund­stücks öffent­lich zugäng­lich. Nun will Fran­zis­kus auch die päpst­li­che Woh­nung im Schloß für Besich­ti­gun­gen öffnen.

Die Gegend der Castel­li Roma­ni in den Alba­ner Ber­gen ist wegen des mil­de­ren Kli­mas geschätzt. Castel Gan­dol­fo, einer die­ser Orte, liegt maje­stä­tisch über dem stei­len Abhang des Alba­ner Sees, dem Kra­ter­see eines erlo­sche­nen Vul­kans. Bereits im anti­ken Rom lie­ßen sich die füh­ren­den Fami­li­en des Rei­ches hier Vil­len errich­ten, um der Som­mer­hit­ze Roms zu ent­kom­men. Die Vil­la von Kai­ser Domi­ti­an (81–96) bil­det das Fun­da­ment des heu­ti­gen päpst­li­chen Sommerpalastes.

Vor 900 Jah­ren errich­te­ten die Gan­dol­fi, ein Adels­ge­schlecht lan­go­bar­di­scher Abstam­mung, daher der Name Castrum Gan­dul­phi, eine Burg. Um die­se Burg her­um ent­stand die heu­ti­ge Stadt.

In Castel Gandolfo starben Pius XII. und Paul VI.

1596 gin­gen Burg und Land an den Hei­li­gen Stuhl über. 1624 ließ Papst Urban VIII. dar­aus den heu­ti­gen Papst­pa­last schaf­fen. In den Late­ran­ver­trä­gen von 1929 wur­de er von Ita­li­en als Päpst­li­cher Palast und damit als exter­ri­to­ria­les Gebiet aner­kannt. 1936 wur­de der Sitz der Spe­cu­la, der vati­ka­ni­schen Stern­war­te, ins Schloß verlegt.

Meh­re­re Päp­ste, dar­un­ter Pius XII. und Paul VI. sind dort gestorben.

Wäh­rend Bene­dikt XVI. das Kli­ma und die Ruhe in Castel Gan­dol­fo ger­ne und häu­fig zu schät­zen wuß­te, kann Papst Fran­zis­kus der Anla­ge mit den präch­ti­gen Barock­gär­ten wenig abge­win­nen. Im Okto­ber 2013 äußer­te er in einem Inter­view mit La Repubbli­ca die Mei­nung, der Vati­kan sei eine Art letz­ter „Für­sten­hof“ Euro­pas, was er abstel­le wolle.

Castel Gan­dol­fo als neue Tou­ri­sten­at­trak­ti­on soll die vati­ka­ni­schen Kas­sen ent­la­sten. Im Vati­kan gab es gegen die päpst­li­chen Plä­ne eini­ge Beden­ken, da eine Wie­der­ge­win­nung der Som­mer­re­si­denz durch einen Nach­fol­ger von Fran­zis­kus, der die Sache anders sehen könn­te, schwie­rig wer­de. Nun scheint Fran­zis­kus jedoch ent­schie­den zu haben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va/​MiL

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