Rekonstruktion einer Heiligen Messe um das Jahr 1450


Die seit der Reformation lutherische Endre Kyrka war Drehort.
Die seit der Reformation lutherische Endre Kyrka war Drehort.

(Stock­holm) Der schwe­di­sche Lati­nist und katho­li­sche Prie­ster Anders Piltz aus Öde­borg in Dals­land  unter­nahm in den 1980er Jah­ren den Ver­such, eine Hei­li­ge Mes­se zu rekon­stru­ie­ren, wie sie um die Mit­te des 15. Jahr­hun­derts in Schwe­den zele­briert wur­de. Dar­aus ent­stand 1990 das Pro­jekt, des Domi­ni­ka­ners und Latein­pro­fes­sors an der Uni­ver­si­tät Lund, ein Video der rekon­stru­ier­ten Mes­se her­stel­len zu las­sen, um sie einem brei­te­ren Publi­kum sicht­bar zu machen.

Anzei­ge

Das Video zeigt eine rekon­stru­ier­te Hei­li­ge Mes­se des 18. Sonn­tags nach Pfing­sten um das Jahr 1450 im damals noch katho­li­schen Bis­tum Lin­kö­ping (heu­te evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Schwe­di­sche Kir­che). Dreh­ort war die mit­tel­al­ter­li­che Kir­che von End­re in Göta­land, die seit der Refor­ma­ti­on luthe­risch ist. Die Teil­neh­mer tra­gen zeit­ge­nös­si­sche Klei­dung. Regie führ­te Chris Björkvall.

Am Beginn des Vide­os erklärt Piltz das Pro­jekt in schwe­di­scher Spra­che. Die Lesun­gen, Pre­digt und Volks­ge­be­te wur­den in Alt­schwe­disch vorgetragen.

Piltz, inzwi­schen eme­ri­tiert, wur­de 1982 zum Dia­kon und 1987 zum Prie­ster geweiht. Er ist Mit­glied der König­lich Schwe­di­schen Gelehrsamkeits‑, Geschichts- und Alter­tü­mer-Aka­de­mie.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: You­tube (Screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!

 




 

2 Kommentare

  1. Ein wirk­lich schö­nes Pro­jekt. Man fühlt sich beim Anschau­en des Vide­os ein wenig ins Mit­tel­al­ter zurück­ver­setzt. Die­se Mes­se spielt zur Zeit des hl. Niklaus von Flüe (Fest am kom­men­den Sonntag).

    Mir sind aber auch eini­ge Din­ge aufgefallen:
    – Fra­ge: War das eine „ech­te“ Mes­se oder nur insze­niert, da ja der „Zele­brant“ ja wirk­lich Prie­ster ist?
    – Ver­sik­el und Ora­ti­on nach dem „Asper­ges“ wei­chen von den heu­ti­gen Tex­ten etwas ab.
    – Es gibt kei­nen „Judi­ca-Psalm“.
    – Rote Para­men­te in einer Sonntagsmesse?
    – Der Zele­brant betet das Glo­ria nicht sel­ber, son­dern lässt es singen.
    – Lesung und Evan­ge­li­um stim­men nicht über­ein. Intro­itus und Lesung (1 Kor 1,4–8) sind die des 18. Sonn­tags nach Pfing­sten (pas­sen­der­wei­se des ver­gan­ge­nen Sonn­tags), das Evan­ge­li­um aber ist das des 17. Sonn­tags nach Pfing­sten (Mt 22,34–46 – das Ev. des 18. Sonn­tags nach Pfing­sten ist aber Mt 9,1–8: Die Hei­lung des Gelähmten).
    – Pre­digt erst nach dem Credo.
    – kei­ne Kanontafeln
    – kein Offertorium
    – „Ora­te fra­tres ‚et soro­res‘ (!)…“ – „Betet Brü­der ‚und Schwe­stern‘ (!)…“ Gehört das wirk­lich so oder vor­aus­ei­len­der Gehor­sam an die Emanzipation?
    – gene­rell kei­ne Kniebeugen (!)
    – Dau­men und Zei­ge­fin­ger nach der Kon­se­kra­ti­on nicht zusammen
    – War­um kom­mu­ni­zier­ten nur zwei Personen?
    – Segen mit der Patene
    – kein Schlussevangelium
    Viel­leicht gibt es noch mehr Auffälligkeiten.

    Mei­ne Fra­ge: Gehö­ren all die­se Abwei­chun­gen vom römi­schen Ritus so wie sie sind, oder wur­de hier „geschlampt“? Um den Domi­ni­ka­ner­ri­tus han­delt es sich näm­lich augen­schein­lich nicht, denn da gibt es noch mehr Abweichungen.

    Anson­sten ein wirk­lich schö­nes Pro­jekt. War­um taucht die­ses Video erst jetzt auf?

  2. Ein sehr schö­nes und sehr inter­es­san­tes Video und Artikel.

    Sehr geehr­ter @Tradidi,
    Obwohl kein Spe­zia­list, kann ich viel­leicht eini­ge Ihrer Fra­gen beantworten:
    „Geschlampt“ wur­de bei der Pro­duk­ti­on des Vide­os nicht.
    im Gegen­teil: die vor­han­de­ne Doku­men­te und Mis­sa­les wur­den offen­sicht­lich sorg­fäl­tig unter­sucht und verglichen.
    Mit­te 1450 hat­ten sich in gro­ßen Tei­len Euro­pas teil­wei­se mehr oder weni­ger gro­ße Unter­schie­de in der Lit­ur­gie entwickelt.

    Soweit mir bekannt, wur­de Ps. 42 Judi­ca me Deus und das Schluße­van­ge­li­um erst mit dem Triden­ti­ner Kon­zil (also etwa ein Jhdt. spä­ter) vorgeschrieben.
    Die Lesun­gen und Hei­li­gen­ta­feln dif­fe­rier­ten damals von den post­triden­ti­ni­schen (teils noch so bei der ambro­sia­ni­schen Lit­ur­gie); all­ge­mein betrach­tet waren die Hei­li­gen­ta­ge im Mit­tel­al­ter viel stär­ker betont als danach.
    Mög­li­cher­wei­se sind die rote Para­men­te durch ein dama­li­ges Mär­ty­rer­fest erklärbar.
    Die Pre­digt hat­te in der mit­tel­al­ter­li­chen Meß­lit­ur­gie nicht die wich­ti­ge Rol­le, wie im Post­triden­ti­num: teils war es eine eigen­stän­di­ge enti­tät (z.B. Bet­tel­or­den), teils häu­fig auch nicht aus­ge­führt (das gei­sti­ge Niveau des Kle­rus war nicht immer sehr hoch).
    Teil­wei­se wur­de nur sehr wenig kom­mu­ni­ziert; das hat­te lokal-geo­gra­fi­sche Ursa­chen, ander­seits aus hohem Respekt vor dem Leib des Herrn, ander­seits sicher auch aus Angst oder Aberglauben.
    Der zür­cher Refor­ma­tor Hul­drych Zwing­li ver­pflich­te­te den Abend­mahl­emp­fang auf maxi­mal zwei­mal jähr­lich zu beschränken.
    Der Segen mit der Pate­ne kam in dem gal­li­schen Ritus viel­fach vor;
    ich ken­ne ihn noch von der Anbe­tung des Aller­hei­lig­sten Sakra­ments im bel­gi­schen West­flan­dern vor Vati­ca­num II (immer sehr fran­zö­sisch inspi­riert), und bei der Begräb­nis­lit­ur­gie hat es sich teil­wei­se noch bis heu­te behalten.
    Der Domi­ni­ka­ner­ri­tus war füh­rend in Finland;
    sowie­so waren es die gro­ße Orden und Abteie, die im Spät­mit­tel­al­ter für eine weit­ge­hen­de Har­mo­ni­sie­rung der Meß­lit­ur­gie sorgten.
    Die triden­ti­ner Kon­zil­be­schlüs­se wirk­ten stark har­mo­ni­sie­rend, nah­men übri­gens die über zwei­hun­dert­jahr­al­te loka­le und Ordens­tra­di­tio­nen hier­van aus (im Gegen­satz zu der fana­tisch durch­ge­führ­ten Lit­ur­gie­ver­än­de­run­gen nach dem 2. vati­kan. Konzil)

    Die dama­li­ge Gesell­schaft war begei­stert von Liturgie.
    Die erste gedruck­te Bücher in Skan­di­na­vi­en waren Mis­sa­le: äusserst wich­tig auch für das Anse­hen des Bischofs, für die Pasto­ral der Gläu­bi­gen und Unter­ta­nen, für den Bil­dungs­stand des Volkes.

Kommentare sind deaktiviert.