Papst Franziskus: „Jede Mafia ist finster!“ – Gilt das auch für die innerkirchliche Mafia des Geheimzirkels Sankt Gallen?


Kardinal Carlo Maria Martini SJ und eine "andere Kirche"
Kardinal Carlo Maria Martini SJ und eine "andere Kirche"

(Rom) Papst Fran­zis­kus sprach gestern, 19. Sep­tem­ber, in der mor­gend­li­chen Hei­li­gen Mes­se in San­ta Mar­ta über den Miß­brauch des Ver­trau­ens und die Ver­füh­rung zum Bösen. „Jede Mafia ist fin­ster!“, sag­te das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt. „Gilt das auch für die inner­kirch­li­che Mafia des Geheim­zir­kels Sankt Gal­len?“, so die Fra­ge des spa­ni­schen Pres­se­dien­stes Secre­tum meum mihi.

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Wört­lich sag­te Papst Franziskus:

„Und noch eine ande­re Wei­se – das sind Rat­schlä­ge, um nicht das Licht zu ver­dun­keln: Stif­te dei­nen Näch­sten, der bei dir ist und dir ver­traut, nicht zum Bösen an. Wie oft haben die Leu­te Ver­trau­en in die­se oder jene Per­son, die­se aber plant das Böse, um sie zu zer­stö­ren, sie zu beschmut­zen, um sie zu dis­kre­di­tie­ren …  Das ist das klei­ne Stück Mafia, das wir alle zur Hand haben: Wer das Ver­trau­en des Näch­sten miß­braucht, um zum Bösen anzu­stif­ten, ist ein Mafio­so! ‚Aber ich gehö­re doch nicht zur Mafia …‘, doch, das ist Mafia, das Ver­trau­en zu miß­brau­chen … Und das ver­deckt das Licht. Es macht dich fin­ster. Jede Mafia ist finster!“

„Wenn ‚jede Mafia fin­ster ist‘, gilt das dann auch, wenn eine Grup­pe von Bischö­fen und Kar­di­nä­len Rän­ke schmie­den gegen einen Papst oder um eine bestimm­te Per­son zum Papst zu wäh­len, oder bei­des?“, so Secre­tum mehum mihi. Eine skan­da­lö­se Fra­ge? Hier die Fakten:

„Wir nannten uns ‚Die Mafia‘ “

Am 22. Sep­tem­ber 2015 wur­de am Koe­kel­berg in Brüs­sel eine Bio­gra­phie von God­fried Kar­di­nal Dan­neels vor­ge­stellt. Die bei­den Autoren, Jür­gen Met­te­pen­nin­gen und Karim Schel­kens, ent­hüll­ten dar­in, daß in der katho­li­schen Kir­che seit vie­len Jah­ren ein kon­spi­ra­ti­ves Netz­werk von pro­gres­si­ven Kar­di­nä­len und Bischö­fen exi­stier­te. Ziel die­ses in den 90er Jah­ren gegrün­de­ten Netz­werks war es, das Pon­ti­fi­kat von Johan­nes Paul II. zu behin­dern und nach des­sen Tod die Wahl von Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger zu ver­hin­dern und einen pro­gres­si­ven Wunsch­kan­di­da­ten auf den Stuhl Petri zu heben. Als die­ses Ziel schei­ter­te, kon­spi­rier­te die Grup­pe das Pon­ti­fi­kat von Bene­dikt XVI. ver­deckt zu boy­kot­tie­ren und nach ihm den geplan­ten Wunsch­kan­di­da­ten in Rom zu installieren.

Kardinal Danneels enthüllt seine Mitgliedschaft im konspirativen Zirkel von Sankt Gallen
Kar­di­nal Dan­neels ent­hüllt sei­ne Mit­glied­schaft im kon­spi­ra­ti­ven Zir­kel von Sankt Gallen

Kar­di­nal Dan­neels war bei der Buch­vor­stel­lung per­sön­lich anwe­send und zeig­te sich über die Ent­hül­lun­gen kei­nes­wegs über­rascht. Er selbst hat­te den Autoren in Gesprä­chen die von ihnen ver­öf­fent­lich­ten Infor­ma­tio­nen gelie­fert. Nach der geglück­ten Wahl von Jor­ge Mario Kar­di­nal Berg­o­glio zum Papst Fran­zis­kus, dem „Wunsch­kan­di­da­ten“, scheint man offen dar­über spre­chen zu können.

Die Grup­pe nann­te sich nach ihrem übli­chen Treff­punkt „Sankt Gal­len“ in der Schweiz. In sei­ner sicht­li­chen Genug­tu­ung über die gelun­ge Kon­spi­ra­ti­on der sub­ver­si­ven Grup­pe sag­te Kar­di­nal Dan­neels bei der Buchvorstellung:

„Sankt Gal­len, das war ein ange­se­he­ner Name; wir nann­ten uns DIE MAFIA.“

„Franziskus oder wie man einen radikalen Papst macht“

Bereits Ende Novem­ber 2014 hat­te Austen Ive­reigh, der ehe­ma­li­ge Spre­cher von Cor­mac Kar­di­nal Mur­phy-O’Con­nor, dem eme­ri­tier­ten Erz­bi­schof von West­min­ster,  in sei­nem Buch „The Gre­at Refor­mer. Fran­cis and the Making of a Radi­cal Pope“ (frei ins Deut­sche über­setzt: Der Gro­ße Refor­mer. Fran­zis­kus oder wie man einen radi­ka­len Papst macht). Ive­reigh läßt, wie Met­te­pen­nin­gen und Schelkens,keinen Zwei­fel, über die Wahl von Papst Fran­zis­kus begei­stert zu sein. Er schil­dert in sei­nem Buch, wie vier Kar­di­nä­le – Wal­ter Kas­per, Karl Leh­mann, Cor­mac Mur­phy-O’Con­nor und God­fried Dan­neels – gehei­me Manö­ver zu Wahl von Jor­ge Mario Kar­di­nal Berg­o­glio zum Papst orga­ni­sier­ten. Ive­reigh nann­te die vier Kar­di­nä­le das Team Bergoglio.

Kardinal Walter Kasper, Geheimzirkel Sankt Gallen und Team Bergoglio
Kar­di­nal Wal­ter Kas­per, Geheim­zir­kel Sankt Gal­len und Team Bergoglio

Alle vier Kar­di­nä­le gehör­ten dem Geheim­zir­kel Sankt Gal­len an. Im Zusam­men­hang mit den Infor­ma­tio­nen aus der Dan­neels-Bio­gra­phie und den Aus­sa­gen Dan­neels bei der Buch­vor­stel­lung darf ange­nom­men wer­den, daß das „Team Berg­o­glio“ als aus­füh­ren­der Arm im Auf­trag des kon­spi­ra­ti­ven Geheim­zir­kels han­del­te, den Dan­neels als „Mafia“ bezeichnete.

Grün­der des sub­ver­si­ven Zir­kels war der damals amtie­ren­de Erz­bi­schof von Mai­land, Car­lo Maria Kar­di­nal Mar­ti­ni. Mar­ti­ni gehör­te, wie Berg­o­glio, dem Jesui­ten­or­den an. Mar­ti­ni starb am 31. August 2012.

Kardinal Martinis „Spielchen“

Kurz vor sei­nem Tod, als Bene­dikt XVI. zum Welt­fa­mi­li­en­tref­fen in Mai­land war, kam es zu einer letz­ten Begeg­nung zwi­schen ihm und Kar­di­nal Mar­ti­ni. Das Tref­fen fand am 2. Juni 2012 im erz­bi­schöf­li­chen Palais in Mai­land statt. Bei die­ser Gele­gen­heit ver­lang­te Mar­ti­ni von Bene­dikt XVI. ener­gisch und unmiß­ver­ständ­lich des­sen Rück­tritt. Einen Papst zum Rück­tritt auf­for­dern, ist an sich bereits außer­halb des Denk­ba­ren, da es nur einen frei­wil­li­gen Rück­tritt in der Kir­chen­ge­schich­te gab, und der lag bereits mehr als 700 Jah­re zurück. Mar­ti­nis Auf­for­de­rung erhält um so mehr Bedeu­tung, als Bene­dikt XVI. tat­säch­lich acht Mona­te spä­ter uner­war­tet sei­nen Amts­ver­zicht bekanntgab.

Kardinal Martini, "Der Pate"
Kar­di­nal Mar­ti­ni, „Der Pate“

Zeu­ge des Vor­falls war der Jesu­it Sil­va­no Fausti, der lang­jäh­ri­ge Beicht­va­ter von Kar­di­nal Mar­ti­ni. Fausti schil­der­te das unge­wöhn­li­che Gesche­hen in einem Video­in­ter­view, das erst am 12. Juli 2015, weni­ge Woche nach sei­nem Tod, ver­öf­fent­licht wurde.
Fausti schil­der­te in die­sem Inter­view auch Details über Mar­ti­nis Plä­ne, 2005 die Wahl von Bene­dikt XVI. zu ver­hin­dern. Die Plä­ne nann­te Mar­ti­nis Beicht­va­ter „Spiel­chen“. Sie sei­en geschei­tert, weil Kar­di­nal Ratz­in­ger „die bes­se­ren Ner­ven als Berg­o­glio“ bewies.

Kri­ti­ker bezeich­ne­ten Mar­ti­ni nach den Ent­hül­lun­gen als „Der Pate“.

Die Dimension dahinter: „Seit den Tagen Konstantins habe ich auf einen solchen Papst gewartet“

Hin­ter den Bestre­bun­gen von Kar­di­nal Mar­ti­ni und des Geheim­zir­kels Sankt Gal­len ste­hen nicht nur Eitel­kei­ten oder per­sön­li­ches Macht­stre­ben. Es geht um inhalt­li­che Fra­gen von größ­ter Bedeu­tung, vom Kir­chen­ver­ständ­nis bis zur Glaubenslehre.

Drei Wochen vor sei­nem Tod gab Kar­di­nal Mar­ti­ni dem öster­rei­chi­schen Jesui­ten Georg Spor­schill und der in Wien leben­den, ita­lie­ni­schen Jour­na­li­stin Fede­ri­ca Radi­ce Fos­sa­ti Con­fa­lo­nie­ri ein letz­tes Inter­view. Der Kar­di­nal woll­te, daß das Inter­view ein Teil sei­nes Testa­ments wird, da er die­ses „letz­te Gespräch“ als sein „gei­sti­ges Testa­ment“ betrach­te­te, das erst nach sei­nem Tod ver­öf­fent­licht wer­den sollte.

Das Inter­view fand am 8. August 2012 statt. Am 23. August wur­de der Text von Mar­ti­ni gele­sen und appro­biert. Ver­öf­fent­licht wur­de er am 2. Sep­tem­ber, zwei Tage nach Mar­ti­nis Tod, vom Cor­rie­re del­la Sera. Dar­in wie­der­hol­te Mar­ti­ni sei­ne schon frü­her geäu­ßer­te Kritik:

„Die Kir­che ist 200 Jah­re zurückgeblieben.“

Gemeint ist damit das Ver­hält­nis der Kir­che zur Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on und den damit ver­bun­de­nen Umbrüchen.

Martinis Beichtvater, der Jesuit Silvano Fausti
Mar­ti­nis Beicht­va­ter, der Jesu­it Sil­va­no Fausti

Wel­che Bedeu­tung und Dimen­si­on daher für einen bestimm­ten Teil der Kir­che die Wahl Berg­o­gli­os zum Papst hat, für Kar­di­nal Dan­neels, Wal­ter Kas­per, den Geheim­zir­kel Sankt Gal­len, des­sen aus­füh­ren­dem Team Berg­o­glio, aber auch Kar­di­nal Mar­ti­ni, der sie anstreb­te, aber nicht mehr erleb­te, wird in den eben­falls post­hum ver­öf­fent­lich­ten Wor­ten des Jesui­ten Sil­va­no Fausti deutlich:

„Als ich Fran­zis­kus als Bischof von Rom sah, habe ich das Nunc dimit­tis gesun­gen. End­lich! Seit den Tagen Kon­stan­tins habe ich auf einen sol­chen Papst gewartet.“

Der Chef­re­dak­teur der Jesui­ten­zeit­schrift Jesus, der Jesu­it Pater Andrea Riz­zo­lo, schrieb in der Mai-Aus­ga­be 2014, daß durch Papst Fran­zis­kus „enor­me Schrit­te in der Kir­che vor­wärts gemacht und der Rück­stand von 200 Jah­ren redu­ziert wur­den, von dem Kar­di­nal Mar­ti­ni sprach.“

Am 21. Juni 2014 sprach Papst Fran­zis­kus in sei­ner Pre­digt im süd­ita­lie­ni­schen Cass­a­no del­l’­Jo­nio einen Bann aus:

„Die Mafio­si ste­hen nicht in der Gemein­schaft mit Gott. Die Mafio­si sind exkommuniziert.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Santalessandro/​Youtube

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4 Kommentare

  1. Wenn man die­se gan­zen Schau­er­ge­schich­ten aus dem Gru­sel­ka­bi­nett pseu­do-reli­gioe­ser Geheim­zir­kel (GSG 9) so hört und liest, wird einem rich­tig übel!! Ein­fach erschreckend wie­vie­le Papst‑, Kar­di­nals- Bischofs- oder Prie­ster- Dar­stel­ler sich inner­halb hei­li­ger Gemäu­er bewe­gen, die das geist­li­che Gewand nur als Kostüm oder Ver­klei­dung tra­gen, mit dem Ziel, die Kir­che im Kern zu zer­stö­ren! Der ein­zi­ge Trost bei die­ser Geschich­te, dass sie dem EINEN, der alle schluss­end­lich auf Herz und Nie­ren prüft, nicht aus­kom­men: Der Weg der Frev­ler aber führt in den Abgrund!

  2. Wenn die Mafia-Mit­glie­der von St.Gallen doch auto­ma­tisch exkom­mu­ni­ziert sind: dür­fen Exkom­mu­ni­zier­te denn einen Papst wäh­len? Falls nein, ist die Wahl ungültig.

    • Papst Fran­zis­kus tele­fo­niert ja recht ger­ne, wie wir wissen.
      Es wäre inter­es­sant zu erfah­ren, wie er die­se Ihre ganz kon­kre­te Fra­ge beant­wor­ten würde.

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